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Spiel mit mir!

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Wenn Etienne Schneider (LSAP), François Bausch („déi gréng“), Xavier Bettel (DP) und Claude Wiseler (CDV) ins Rennen starten, gibt es kein Pardon. Einer von ihnen will mit seinen drei Parteifreunden gewinnen – unbedingt. Das Spiel „Wieler ierger dech net“ haben vier Schüler des „Atert Lycée Redange“ entwickelt. Ob die Idee der „Mini-Entrepreneuren“ die Qual der Wahl bei den anstehenden Nationalwahlen im Oktober erleichtert, sei dahin gestellt. Diskutiert wird dabei auf alle Fälle.

Im Spiel geht es fast ein bisschen zu wie im echten Leben. Für die CSV findet sich bei drei Mitspielern keiner, der Spitzenkandidat Claude Wiseler übernehmen will. Die CSV bleibt also erst einmal zu Hause und schaut zu. Xavier Bettel nimmt gleich zu Anfang einen Parteikollegen mit auf den Weg durch den Wahlkampfparcours.

Der Kampf um den Sitz in der «Chamber»

Zu zweit scheint die Gefahr, nach Hause geschickt zu werden, leichter zu bannen. Spätestens alle zehn Felder lauert die konkurrierende Partei auf eine Gelegenheit, den Gegner zu schwächen. Und alle müssen an allen vorbei. Wahlkämpfe werden schließlich auch öffentlich ausgetragen. Bettel legt dabei ein ziemliches Tempo vor, Bausch und Schneider ziehen nach. Weit kommen sie nicht, als sich die Gelegenheit zum Dämpfer bietet. Sie schicken sich gegenseitig nach Hause. Ein Neuanfang steht an. Die Strategie muss überdacht werden. Der lachende Dritte, die DP, die sich zuvor aus allem Ärger tunlichst herausgehalten hat, bringt als Erstes zwei Kandidaten in die „Chamber“.

Die Führung ist jedoch hart umkämpft und soll nicht lange halten. Während „déi gréng“ sich mangels richtiger Würfelzahl im Stillstand proben und die DP im weiteren Verlauf des Spiels auch nur noch langsam vorwärtskommt, hat die LSAP ziemlich bald allen Grund zum Jubel. Spitzenkandidat Etienne Schneider bringt sich und seine drei politischen Mitstreiter als Erster auf die sicheren Sitze im Parlament. Gewonnen. Wie es wohl gewesen wäre, wenn die Piraten oder die ADR auch noch mitgemacht hätten, ist die große Frage. Sie sind bei diesem Spiel nicht mit im Spiel.

Erste Erfahrungen als «Mini-Entrepreneure»

Das hat seinen Grund. Bei der Wahl der Parteien haben sich die vier Ideengeber auf die größten geeinigt. Das war nicht schwer und ging schnell. „Wir haben das Spiel zu viert entwickelt“, sagt Chris Ewertz (20), „in so einer kleinen Gruppe fallen Entscheidungen leichter“. Der Abiturient des „Atert Lycée Redange“ ist einer der vier „Mini-Entrepreneueren“, die das Spiel in einem Schulprojekt entwickelt haben. Klar war ebenso schnell, dass ihre Idee einen Aktualitätsbezug haben muss. Nationalwahlen oder Fußball-Weltmeisterschaft, das war die Auswahl. Wahrscheinlich ist es die persönliche Ebene, die letztendlich den Ausschlag gegeben hat.
Wie Ewertz wählt auch „Mini-Entreprise“-Kollege Kevin Simon (19) in diesem Jahr zum ersten Mal einen Repräsentanten ins Parlament. Den Probelauf und das Debüt als „Citoyen“ haben die beiden bei den Lokalwahlen 2017 abgelegt. Geholfen hat das beim Umgang mit Parteilisten und deren Programmen, nach denen gewählt wird, nicht sonderlich viel. Beide haben in Gemeinden gewählt, wo das Majorzsystem gilt.

 

Debut als Erstwähler bei den Lokalwahlen
Das macht einen wesentlichen Unterschied – gerade bei der Entscheidung für das Kreuz. Auf dem Dorf stehen dem Wähler zumeist persönlich bekannte Kandidaten zur Auswahl. Kommunale Politikrepräsentanten sind naturgemäß näher am Wähler. Das ist auf nationaler Ebene anders, weshalb die beiden Erstwähler sich nach den Examen zum allerersten Mal in ihrem Leben mit den Programmen der Parteien beschäftigen werden.
Für beide ist die Schule bald Geschichte. Hat die Erfahrung als „Mini-Entrepreneur“ ihre Berufswahl beeinflusst? Nein. Kevin weiß jetzt schon, dass er Psychologie studieren will. Sogar die Universität ist schon ausgesucht. „Am liebsten wäre mir Straßburg“, sagt er, „aber es wird wahrscheinlich Metz“.
Chris will Grundschullehrer werden. Als Staatsbeamter braucht er sich nicht mit wirtschaftlichen Detailfragen auseinanderzusetzen. Trotzdem ist das Fazit positiv: „Ich habe jetzt am eigenen Leib erfahren, wie es ist, eine Firma zu gründen und ein Produkt zu realisieren“, sagt Kevin. Für Chris als fast schon „Mini-Entreprise“-Profi war ehedem klar, dass er auch im letzten Jahr Schule wieder bei dem Wahlfach mitmacht. „Das macht mir einfach am meisten Spaß“, sagt er. „Wieler ierger dech net“ ist bereits sein vierter Versuch als „Start-up-Gründer“. Das Spiel ist eine lustige Alternative zum allseits bekannten „Mensch ärger dich nicht“ und regt zum Diskutieren an. Vielleicht ist es sogar eine augenzwinkernde Hilfe für alle noch Unentschiedenen, die nach dem Durchgang auf dem Spielbrett klarer sehen.