Eine Staatsvisite wie eine wirtschaftliche Charmeoffensive. Mehr als 170 Unternehmen haben den Weg nach Paris mit angetreten. Kein Wunder eigentlich. Ist der letzte Besuch dieser Art doch fast 40 Jahre her. Und ist Frankreich nicht nur Nachbar, sondern einer der wichtigsten Wirtschaftspartner Luxemburgs. Und zu guter Letzt natürlich auch Freund – ein Punkt, der während dieser drei Tage in Paris und Toulouse unterstrichen werden soll.
Von Armand Back, zz. in Paris
«Frankreich ist für Luxemburg ein sehr wichtiges Land», sagt Vizepremier Etienne Schneider, und das gelte nicht nur für die Wirtschaft. Ohne die französischen Arbeitskräfte, seien es die täglich 95.000 Berufspendler, seien es die 45.000 in Luxemburg lebenden Franzosen, bräche Luxemburgs Wirtschaft zusammen. Kürzer gesagt: Wir brauchen diese Menschen, damit wir weiter so leben können, wie wir es tun. In Schneiders Worten: «Der Einfluss dieser Menschen auf unser Land ist enorm.»
Wo Einfluss ist, ist auch Potenzial. Dieses noch besser auszuschöpfen, ist eines der Ziele dieser Visite. Es gehe darum, zu schauen, «wo wir noch enger kooperieren können», sagt Schneider. Die Regierung hat dabei besonders die Bereiche Logistik, Weltall- und Kreativindustrie, aber auch die Finanzwelt im Visier. Auch das ist ein Grund, wieso sich Schneider so über die zahlenmäßig stark vertretene Wirtschaftsdelegation freut.
«Zumindest seit ich mich erinnern kann, hat es so etwas nicht gegeben», sagt Schneider, was die Wichtigkeit dieser Visite noch zusätzlich unterstreiche. Erst am Ende des Besuches will der Minister Bilanz ziehen zu den verschiedenen wirtschaftlichen Abkommen, die noch bis Mittwoch unterschrieben werden.
Zugverbindung nach China
Im Bereich der Logistik laufen Gespräche mit Frankreich, ob und wie sich eine Zugverbindung nach China realisieren lässt, dies im Bereich der neuen Seidenstraße, die die Chinesen seit ein paar Jahren vorantreiben. Hier ist eine Zusammenarbeit von CFL Multimodal mit den französischen Partnern angedacht.
Am Mittwoch wird der Tross dann nach Toulouse geführt. Schneider erhofft sich hier besonders Kooperationen im Bereich der Gesundheit und der Medizin. Toulouse ist ein medizinisches Exzellenzzentrum, auch in der sogenannten personalisierten Medizin, an deren Weiterentwicklung auch Luxemburg großes Interesse hat. In Toulouse sind aber auch die Airbus-Werke. «Wir arbeiten jetzt bereits sehr eng mit Airbus zusammen», sagt Schneider.
Am Mittwoch mit im Gepäck dabei werden die Luxemburger einige unterschriftsreife Abkommen haben. Die Zusammenarbeit mit Airbus wird demnach weiter vertieft. Neben dem Airbus A400M, der bereits in der Anschaffungsphase ist, werden eine Reihe Hubschrauber für den Militärtransport und für die Polizei bei Airbus gekauft. Für Schneider, der als Minister die Ressorts Wirtschaft und Verteidigung innehat, «ist besonders wichtig, wie sich diese Abkommen auf die luxemburgische Wirtschaft auswirken». Schneider will, dass Luxemburger Unternehmen Zugang in die Airbus-Zulieferkette finden. «Wenn wir schon für viel Geld dort Material kaufen, will ich einen direkten Niederschlag auch auf Luxemburger Unternehmen.»
Größter Arbeitgeber des Landes
Finanzminister Pierre Gramegna erinnert noch einmal an das Jahr 2014, als sich Luxemburg vom Bankgeheimnis verabschiedet hat. Dieses habe damals die Beziehungen zu Frankreich gehemmt. Die Schwarzmalerei von einst, dieser Schritt würde dem Finanzplatz den Garaus machen, habe sich nicht bewahrheitet. Im Gegenteil, nur so sei eine Partnerschaft, wie Luxemburg sie mittlerweile mit Frankreich habe, überhaupt erst möglich geworden. Besonders wichtig sei das in Bezug auf die Finanzdienstleistungen. «Wir haben in Luxemburg 15 französische Banken, die zusammengenommen der größte Arbeitgeber des Landes sind», sagt Gramegna. All das gründe auf gegenseitigem Vertrauen. Von hier bis zu dem neuen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, das am Dienstag unterschrieben wird, lässt sich für Gramegna eine gerade Linie ziehen. Denn ohne die Harmonie zwischen beiden Ländern sei so etwas nicht möglich gewesen. Das Abkommen erlaubt es unter anderem, französischen Berufspendlern, die in Luxemburg arbeiten, bis zu 29 Tage außerhalb des Großherzogtums tätig zu sein und trotzdem nur in Luxemburg Steuern zu zahlen (für Deutsche sind es 19 Tage, für Belgier 24).
Das alte Abkommen ist 60 Jahre alt. Wichtig für Luxemburg ist des Weiteren, dass sich nichts am Besteuerungsrecht ändert, sowohl was die Gehälter angeht, aber vor allem, was die Renten betrifft. Es kommt also nicht dazu, dass Luxemburg Renten ins Ausland überweist, und der betroffene Staat die Steuern auf diesen Zahlungen abschöpfen kann.
Dass die neue Vereinbarung nun steht, «ist sehr wichtig für den Finanzplatz, aber auch für die Wirtschaft allgemein». Das Abkommen ist das erste, das Luxemburg unter den Standards der OECD abschließt. Damit sei es ein «Musterbeispiel» dafür, wie neue Abkommen in Zukunft aussehen werden. Besonders in den Bereichen der Fintech-Industrie und der sogenannten grünen Finanzen freut sich Gramegna über eine breite Übereinstimmung mit den Vorstellungen Frankreichs.
Besteuerung digitaler Unternehmen
Ja, aber. «Wir sind als Luxemburg der Meinung, dass man sich effektiv mit der Besteuerung dieser digitalen Unternehmen beschäftigen muss», sagt Finanzminister Pierre Gramegna. Viele dieser Unternehmen zahlten kaum oder keine Steuern – «und auf lange Sicht kann das nicht gut gehen, demnach teilen wir die Analyse, dass dort etwas gemacht werden muss». Nun zum aber: «Was da auch immer gemacht werden soll, soll kompatibel mit den Regeln der OECD sein.» Hier sind wir beim fast schon berühmt-berüchtigten Level Playing Field, also gleichen Regeln für alle OECD-Mitglieder – und dabei eher im Bereich der Zukunftsmusik als der nahenden konkreten Entscheidung. Anders würde das System überhaupt nicht greifen. Man sei als Luxemburg aber offen für jede Diskussion. Nun müsse man auf den Fortschrittsbericht der OECD warten, der diese Woche herauskommt. Noch heikler wird die Angelegenheit, da viele dieser Unternehmen US-amerikanische sind. Mit der jüngsten Drohung des US-Präsidenten Donald Trump, mit wehenden Fahnen in einen Handelskrieg zu ziehen, könnte hier neues Ungemach entstehen. Auch hierin sieht Gramegna eine Bestätigung seiner Sicht, dass man lieber die OECD-Schiene fahren solle, um den Graben zwischen der EU und den USA nicht noch tiefer werden zu lassen.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können