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Routiniert

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Die Stereophonics waren am Dienstag mit ihrem neuen Album zurück im Atelier. Eigentlich wäre damit auch schon alles gesagt.

Die Stereophonics sind unermüdlich: Seit nunmehr 25 Jahren schreiben sie Musik, wurden damals als Brit-Rock-Helden (mit)gefeiert, waren aber stets sowohl wandlungsfähig als auch zeitlos genug, um unabhängig der momentanen Musiktrends zu verweilen. Der durchschnittliche Stereophonics-Song (1) dauert ungefähr vier Minuten, (2) hat Hymnencharakter, (3) darf folglich textlich nicht überfordern, (4) ist deswegen leicht mitsingbar, (5) mischt gekonnt diverse Gattungen der Rockmusik (Indie, Blues) und (6) setzt auf Sänger Kelly Jones’ Stimme.

Die Band ist auch ein langwährendes Zeichen dafür, dass im zeitgenössischen (Indie-)Rock das Visuelle das Musikalische immer abzulösen droht: Das Posterboy-Image scheint oft wichtiger als die Musik, die sich dann auch manchmal dem Posterboy-Image anpasst. Die Phonics klingen dafür halt auch so, wie man sich vorstellen könnte, dass sie klingen würden, wenn man sich die Band bloß anschauen würde. Weswegen sich das neue Stereophonics-Album, von dem die Hälfte während des Auftritts gespielt wird, nahtlos in das Soundbild der Vorgänger einreiht.

Überraschungslos und solide

Während des Konzerts gibt es dann auch wenige Überraschungen: Die Band spielt sich routiniert durch die eigene Geschichte, bei jeder Tour kommen ein paar neue Auskoppelungen aus der rezenten Platte hinzu, die ein paar andere Songs auf dem Setlist-Thron ablöst, der ewig gleiche Bandkanon bleibt als Fundament und Gerüst bestehen – «Maybe Tomorrow» wird im ersten Viertel untergebracht, «Dakota» kommt – wie auch schon beim letzten Auftritt – ganz am Ende, damit auch niemand in Versuchung gerät, aufgrund der paar Füller von rezenteren Scheiben oder aufgrund der etwas zu großen Homogenität (oder: Monotonie) des Sets die Show vorzeitig zu verlassen.

Denn die Stereophonics haben ihr Rezept für Hits am Dienstag mit mehr oder weniger Erfolg gleich 25 Mal durchdekliniert. Abhängig davon, wie zündend die Melodie und Songeinfälle waren, konnte man entweder den Kopf mitwippen oder sich das nächste Bier holen gehen. Tat man Letzteres, konnte man sich zumindest sicher sein, im Laufe der zwei verpassten Songs nicht so schrecklich viel verpasst zu haben.

Einwandfrei und monoton

Auch die Live-Variationen klingen oft einfallslos und/oder von Song zu Song identisch: Hier werden ein paar Synthieflächen oder Orgeln draufgeklebt, da gibt Kelly kurz den Chris Cornell und tönt das Lied mit der akustischen Gitarre an, Kelly Jones weiß, dass seine Stimme – kratzig und glatt zugleich – zu den Gründen gehört, die die Band von anderen, mittelprächtigeren Counterparts absetzt, die Songs sind es nämlich teilweise wirklich kaum.

Routiniert ist dann auch der Auftritt: Kelly kündigt manchmal die Songtitel an, begrüßt Luxemburg, die Songs werden professionell runtergerattert, mit Herz und Seele ist definitiv anders. Technisch ist hier alles einwandfrei, der Klang ist durch die Bank sauber, gibt sich sowohl raubeinig genug, um noch als Rock durchzugehen, als auch geschliffen genug, um stets ein Standbein im Mainstream zu haben.

«Maybe tomorrow» … or in another life?

Das Publikum, das mitunter motivierter als die Band selbst wirkt, besteht größtenteils aus Fans, die angetrunken den überteuerten Bierbecher in die Luft recken – kein Platz mehr zum Fäusteballen – und erstaunlich textsicher die Plattitüden der Band mitsingen. Denn bei den Phonics ist der Text herzlich egal, Hauptsache die Refrains sind mitgrölbar – um was es in den Liedern geht, interessiert keinen, Kelly Jones selbst wohl am allerwenigsten. Sogar die Sprachwahl ist fast gleichgültig: Ob man jetzt «C’est la vie» oder «Have a Nice Day» singt, ist nicht relevant, Sprache ist hier nur noch Geräusch, ein austauschbarer Support für Melodie.

Im Endeffekt klingt die halbherzige Zukunftsmusik ihres bekanntesten Liedes – «Maybe Tomorrow» – wahlweise wie ein nie eingelöstes Versprechen – nächstes Mal klingen wir anders, frischer – oder wie ein ewiges Hinwegtrösten darüber, dass bei den Stereophonics immer nur Standard geboten wird. Die Masse scheint sich damit zufriedenzugeben.