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Atomkraft im Visier

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Christian Muller über ein neues Gesetz für den schrecklichsten aller Fälle.

Vergangene Woche waren gleich drei Minister angetreten, um ein neues Gesetzesprojekt vorzustellen. Neue Regeln sollen sicherstellen, dass bei Schaden (körperlicher oder materieller Natur), der in Luxemburg durch einen Atomunfall im Ausland entsteht, die Opfer ihre Schadenersatzforderungen vor einem Luxemburger Gericht geltend machen können.

Was nun furchtbar banal klingt, ist eine totale Trendwende der Luxemburger Politik, was Atomkraft betrifft. Zum ersten Mal überhaupt hat sich eine Regierung ernsthaft und tiefgreifend mit dem Thema befasst.

Würde nämlich heute eines der benachbarten Kernkraftwerke einen GAU erleben – die Luxemburger Opfer würden alt aussehen. Internationale Abkommen, die diesen Fall regeln sollen, sind so ausgelegt, dass sie die Nuklearindustrie schützen – und nicht die Opfer. Dementsprechend sehen sie überaus niedrige maximale (!) Entschädigungssummen für den Fall eines Unfalls vor.

Luxemburg hat diese Konventionen in der Vergangenheit unterzeichnet, aber nie ratifiziert. Seit Jahren herrscht somit eine gewisse juristische Leere. Um eine Entschädigung zu erhalten, müssten luxemburgische Kläger beispielsweise erst beweisen, dass dem Kernkraftbetreiber ein Fehler unterlaufen ist.

Das zukünftige Gesetz will nun alles viel einfacher für Luxemburger Opfer machen. Klagen laufen über hiesige Gerichte, die Verjährungsfristen werden auf 30 Jahre ausgeweitet und für Entschädigungen gibt es keine Maximalsummen mehr. Zudem wird der Betreiber (und der Staat) haftbar – ob ihm ein Fehler unterlaufen ist oder nicht. Und die Luxemburger Regierung ist der Überzeugung, dass das europäische Recht es dann auch erlaubt, Schadenersatz einzufordern. Auch andere nicht-nukleare Länder, wie beispielsweise Österreich und Irland, haben sich für diesen Weg entschieden.

Für die Betreiberfirmen von Kernkraftwerken ist ein solches Gesetz ein Damoklesschwert. Im Fall eines Falles müssten sie für den gesamten Schaden aufkommen. Das könnten mehrere Hunderte Milliarden Euro sein. Die finanziellen Absicherungen der Unternehmen – durch gesetzliche maximale Schadensrückzahlungen, wie es sie in Frankreich oder Belgien gibt – werden somit hinfällig. Die finanziellen Risiken für die Unternehmen nehmen damit zu. Das müssten nun noch die internationale Ratingagenturen erkennen und – wegen des potenziellen Risikos – die Bonitätsnoten der Betreiber von Kernkraftwerken senken. Das wiederum würde ihre Finanzierung teurer machen – dabei kann die Branche bereits heute kaum ohne Staatshilfen überleben.

Eher traurig für Luxemburg ist jedoch die Feststellung, dass sich – allen Beteuerungen zum Trotz, dass man gegen diese Industrie sei – bis jetzt niemand für das Thema der Schadensansprüche interessiert hat. Auch traurig ist die Feststellung, dass die Regierung mit dem neuen Gesetz ein anderes aus dem Jahr 2009 (!) ändern muss. Die damalige Regierung hatte großzügige Sonderregeln (für die Nuklearindustrie) für den Fall von Umweltschäden in das Gesetz mit eingebaut.

Der Beobachter kann nur schlussfolgern: Nach jahrzehntelangen leeren politischen Reden hat die aktuelle Regierung dem Land nun endlich eine eigene Politik, die die Interessen des Landes widerspiegelt, gegeben. Dass diese sich gegen die Atomkraft richtet, ist richtig. Immerhin handelt es sich bei Nuklearunfällen um eines der größten bestehenden Risiken für das langfristige Überleben des Landes.

Nun muss der Gesetzesvorschlag noch alle Instanzen durchlaufen, ehe er in Kraft tritt. Aber hierzulande muss theoretisch jeder dafür sein.

As usual
24. Januar 2018 - 21.20

Sollte es wirklich zu einem Supergau kommen, wird wohl kaum jemand übrig bleiben, um eine Enschädigung einzufordern geschweige denn zu kassieren. Viele laufen Sturm gegen Akws rechts und links, aber um den "kleinen" angeblich radioktiv verseuchten Hügel in Monnerich regt sich niemand sonderlich auf. An dem fahren oder gehen viele täglich vorbei. Die tragen den Tod wahrscheinlich schon alle in sich und wissen es nicht mal.

Schuller piir
24. Januar 2018 - 20.39

Die Regierung fragt nicht mal von VW die Rüchzahlung der zu Unrecht gezahlten Ökoprämien für "99-Gramm" Autos. Wieso sollte der luxemburger Staat einen anderen Staat belangen? Alles Schaumschlägerei!

Marc
24. Januar 2018 - 10.45

Was nützt mich ein solches Gesetz Im Ernstfall ? Land verseucht, Arbeit weg, Haus weg und mit ein bisschen Glück auch noch Todkrank. Die Gerichte die nun über eine ausländische Firma richten wollen gibt es dann auch nicht mehr... Was nützt es also ? Nix. Wer ersetzt mir alles ? Niemand. Kurz bis Miitelfristige abschaffung der Atomindustrie ist der einzig richtige Weg.

René Charles
24. Januar 2018 - 10.25

Ganz richtech. Méi ee kéisecht Gesetz kann ee guer nët bréngen. Zu Paräis laachen se sech kromm, well Paräis kritt bei engem Gau op engem vun den AKW-Standuerten nördlech dervun alles voll op d'Mutz.

weit
24. Januar 2018 - 8.21

Das Vorgehen der Regierung ist lobenswert und die Atomindustrie müsste allgemein gezwungen werden Versicherungsgarantien aufzuweisen.

Grober Jean-Paul
23. Januar 2018 - 10.41

"Und die Luxemburger Regierung ist der Überzeugung, dass das europäische Recht es dann auch erlaubt, Schadenersatz einzufordern". Ob das so stimmt ? Das Ganze müsste doch direkt auf europäischer Bühne zu regeln sein.

Serenissima en Escher Jong
23. Januar 2018 - 9.24

Et ass dach d'Leit vir domm verkafen mat dem doten Gesetz, mir wëssen alleguer wann et zu Kettenuewen  eng Kéier zou engem Super Gau komme sollt dann ass net méi vill do vu Lëtzebuerg, de Leit, der Regierung, de Gerichter etc...wien soll dann do nach eppes akloen, an wo ?...d'Fransousen mussen sech dach dot laachen wann se gesinn wat d'Lëtzebuerger Regierung elo do opféiert!  

Pompier Sam
23. Januar 2018 - 8.41

Dat as dach erem nemmen Symbolpolitik.