Menschlich hat die EU 2017 so stark wie schon lange nicht mehr versagt: Die Abschottung nach außen ist vollzogen. Richtung Süden hält Libyen Europa die Flüchtlinge vom Hals, im Osten die Türkei. Besonders ironisch: Die Realpolitik hat den Druck von der Politik genommen. Selbst wenn die Flüchtlingsfrage noch lange für Ärger zwischen den EU-Staaten sorgen wird, ist man weit vom Chaos und der Hysterie von 2015 entfernt. Zu welchem Preis und auf wessen Kosten ist klar.
Dennoch ist der Wandel des öffentlichen Diskurses in der EU spürbar. Es wird wieder vorsichtig darüber nachgedacht, nach dem Ausnahmezustand rund um die Flüchtlingsfrage und die nicht kausal damit verbundene Terrorproblematik zur Normalität zurückkehren. Also der Normalität vor 2015, die einem Dauerkrisenzustand glich. Oder zumindest dem, was damals unter Krise verstanden wurde. Denn die Reform der Eurozone ist immer noch akut, die Austeritätspolitik hat Staaten wie Griechenland – das 2018 wieder an die Märkte gehen könnte – in die Knie gezwungen und die zentralen institutionellen Fragen der EU sind immer noch nicht geklärt.
Insofern wird es mehr als interessant sein, ob sich die EU 2018 wieder eine langfristige Perspektive gibt und wichtige Reformen angeht oder ob sie sich an Baustellen wie dem Brexit oder irrelevanten Nebenschauplätzen weiter zu Tode abarbeitet.
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