Autoritäre Regime unterscheiden sich von Demokratien unter anderem dadurch, dass sie keine unabhängige Justiz dulden. Nicht Richter sollen aufgrund von Gesetzen, die nach demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien zustande kamen, feststellen, was richtig oder falsch im Staate ist, sondern die Machthaber. Auch dagegen haben sich viele Polen, aber auch Ungarn, Tschechen, Deutsche und Rumänen aufgelehnt, als sie jene Regime stürzten, in denen es keine Unabhängigkeit der Justiz gab.
Nun aber will die PiS-Regierung in Warschau das Rad der Zeit wieder zurückdrehen. Erstaunlich dabei ist, dass sich die Gegenwehr der polnischen Bevölkerung in Grenzen hält. Vielleicht aber wird diese durch die gestrige Entscheidung der EU-Kommission, ein Rechtsstaatsverfahren gegen das Land – oder sollte man besser sagen, die Regierung des PiS-Vorsitzenden Jaroslaw Kaczynski, der die Fäden in der Hand hält – einzuleiten, erst richtig entfacht.
Die EU-Kommission hat mit viel Geduld während zwei Jahren versucht, Warschau dazu zu bewegen, seine Justizreform in Einklang mit den rechtsstaatlichen Grundwerten der EU zu bringen. Offensichtlich ohne Erfolg. Insofern konnte Brüssel nicht anders, als das Verfahren einzuleiten, zu dem sich Polen mit der Ratifizierung der EU-Verträge ebenso bekannte wie zu den Werten, gegen die seine derzeitige Regierung nun verstößt.
Die Kommission kann sich der Unterstützung des EU-Parlaments sicher sein. Dieses hatte selbst bereits im November in einer Resolution mit großer Mehrheit einen solchen Schritt in die Wege geleitet. Nun kommt es darauf an, dass auch die EU-Staaten Brüssel voll und ganz unterstützen. Auch wenn zumindest Ungarns Viktor Orban, wie bereits angekündigt, sein Veto einlegen will. Die von diesem favorisierte «illiberale Demokratie», zu der es auch Kaczynski hinzieht, darf keine Option in Europa werden.
Interessant wäre ein Hintergrundartikel wie denn die Richterwahl in den verschiedenen Ländern geschieht.