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Bequeme Künstler?

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Seit einiger Zeit wird von der Professionalisierung der hiesigen Kulturszene gesprochen. Im Rahmen eines Kulturentwicklungsplans sollen die vorhandenen Strukturen so umgewälzt werden, dass ein Luxembourg Arts Council das luxemburgische Kulturgut im Ausland verstärkt promovieren soll.

Vor kurzem veröffentlichte Samuel Hamen im Lëtzebuerger Journal einen Artikel, der in einem etwas pessimistischen Fazit schlussfolgert, dass die Professionalisierung der Literaturszene bei allen strukturellen Bemühungen problematisch sei, weil die knisternden existenziellen Fragen in luxemburgischen Fiktionen oft fehlen würden. Der Hauptgrund? Die berühmt-berüchtigte Bequemlichkeit des Staatsangestellten. Hier kann man einwenden, dass es überall auf der Welt Schriftsteller gibt, die (zumindest anfänglich) Brotberufe ausüben oder ein bürgerliches Dasein fristen – und trotzdem grandiose Werke veröffentlichen.

Hauptproblem ist vielleicht, dass das Schreiben in Luxemburg oft zu einem Hobby wird, einem Ventil, das aus der existenziellen Langeweile herausführen soll, da, wo Literatur viel eher aus einer existenziellen Dringlichkeit entstehen müsste. Wobei wir wieder beim Problem der Staatsgehälter wären: Da, wo ein aufstrebender französischer oder deutscher Autor z.B. dem Lockruf eines Lehrergehaltes umso besser widerstehen kann, weil der Unterschied zwischen dem, was er als Lehrer verdienen wird, und dem, was er als Autor erwirtschaften kann, nicht so gigantisch ist, da liegen in Luxemburg schon Welten zwischen der (finanziellen) Bequemlichkeit des Lehrergehaltes und den wirtschaftlichen Unsicherheiten künstlerischen Schaffens. Es scheint, als würde Luxemburg versuchen, eine Art Teufelspakt mit dem Künstler einzugehen, indem es ihm sehr konkret die Frage stellt, für wie viel Geld er bereit ist, seine Seele zu verkaufen – und seine Kunst zur bloßen Nebenbeschäftigung verkommen zu lassen.

Im Zeitalter der Professionalisierung stellt man aber auch einen Gegentrend fest, den man als die Amateurisierung des Literaturbetriebes bezeichnen könnte und den man dem Internet und seiner Neigung, den selbstgebackenen Experten aus der Reserve zu locken, zu verdanken hat.

Nachdem der Book Look Jérôme Jaminet Vulgarisierungsbemühungen angestrebt hatte, um Literatur Eldoradio-tauglich zu machen, folgte hierzulande eine Welle selbsterkorener Kritiker, die mit naiven Rezensionen das virtuelle Netz überschwemmen. Das bleibt so lange erträglich, wie man klare Trennungslinien zwischen Experten und Amateuren zieht. In der Welt des Internets werden gerade solche Grenzen immer poröser – was dann auch Auswirkungen auf die reale Welt hat. So will man z.B. um jeden Preis den Literaturbetrieb entstauben, ihm den juvenilen Stempel der hippen Blogger aufdrücken. So gesehen letztlich bei der Umstrukturierung des „Lëtzebuerger Buchpräis“, der bisher ein Publikumspreis war. Wieso aber jetzt Studenten – die ja per Definition noch auszubilden sind – und Designer in einer Jury sein sollen, entzieht sich gänzlich unserem Verständnis.

Im Allgemeinen gilt: Die Professionalisierung des Kunstschaffenden in Luxemburg kann nur funktionieren, wenn man dafür sorgt, dass in Kernmomenten der Karriere dem Lockruf des Kapitals Widerstand geleistet werden kann und Kunst nicht zur Nebenbeschäftigung werden muss.

Developper
8. August 2017 - 13.05

Gitt deene Richtung22 w.e.g. keng Steiergelder méi. Déi klaue Sprëch vun enger lénksradikaler Grupp an Däitschland, déi vum Verfaassungsschutz beobacht gëtt/ginn ass ("Deutschland, du mieses Stück Schei***") a peschen dann déi ganz Stad domat voll.

Jeannosch
8. August 2017 - 11.58

Fehlt den Literaturschaffenden eine treibende Kraft wie der LSV ,andererseits wie in Luxemburg üblich , über die Köpfe vieler Kunstschaffender hinweg, ohne den Konsens mit allen Schaffenden zu suchen, werden vollendete Tatsachen geschaffen.Seit Jahrzehnten wird in Luxemburg, seitens der Politik, die Kunst als brotlos angesehen, im Vergleich zum Sport, deren Wählerschaft bedeutender ist, , regelrecht benachteiligt.Mit Ausblick auf die Grenzregionen, wo Literatur im kleinen, ländlichen Kreis gefördert , der Bürger animiert wird seine Gedanken zu Papier zu bringen, strebt Luxemburg danach, Schriftsteller kann nur sein, wer Akademiker ist.In Erinnerung bleibt mir ein Roger Manderscheid, dessen Ideeen bei dieser Diskussion von Wert sein könnten, dem auch jene am Herzen lagen die nicht über eine akademische Laufbahn verfügten, dessen fortschrittliches Denken dieses Projekt der Professionalisierung, im Konsen mit allen Kulturschaffenden, in die richtige Richtung gelenkt hätte.