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Hoffnung, Rauch und hohe Strahlungsbelastung

Hoffnung, Rauch und hohe Strahlungsbelastung
(dpa)

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Alle sechs Meiler im Krisen-AKW Fukushima sind wieder mit Strom versorgt. Doch neuer Rauch und Hitze erschweren die Arbeiten. Unterdessen steigen die Opferzahlen und die Strahlungsbelastung.

Im Bemühen um eine Stabilisierung der Lage am schwer beschädigten japanischen Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi haben die Behörden am Mittwoch wieder einen Rückschlag hinnehmen müssen. Nach einem Anstieg der Radioaktivitätswerte an Block 2 mussten die Einsatzkräfte von dort abgezogen werden, wie die Atomsicherheitsbehörde mitteilte. Die Arbeiten zur Wiederherstellung des Stroms in dem Reaktor wurden damit unterbrochen.

Beim Versuch, Elektroleitungen zu reparieren, wurden zwei Arbeiter nach Angaben der Betreiberfirma Tepco leicht verletzt, allerdings nicht durch Strahlung. Die Firma erklärte, der Ersatz beschädigten Geräts und der Abzug flüchtigen Gases, um Explosionen zu verhindern, werde einige Zeit in Anspruch nehmen.

Block 3 mit Stromversorgung

Der zentrale Kontrollraum von Block 3 des schwer beschädigten japanischen Atomkraftwerks Fukushima-Daiichi hat unterdessen wieder Licht, wie die Betreibergesellschaft Tepco am späten Dienstagabend mitteilte. Das Kühlsystem war jedoch noch immer ohne Strom. Die Einsatzkräfte wollten versuchen, die Wasserpumpen im Laufe des (heutigen) Mittwochs wieder mit Strom zu versorgen.

In ein siedend heißes Abklingbecken in Block 2, in dem 2.000 Topnnen radioaktives Material lagern, wurden am Dienstag 18 Tonnen Meerwasser eingeleitet. Die Temperatur wurde dadurch nach Angaben der Atomsicherheitsbehörde auf 50 Grad gesenkt. Aus dem Reaktorgebäude war zwei Tage lang Dampf aufgestiegen, der vermutlich radioaktive Partikel enthielt. Das siedende Kühlwasser gilt als mögliche Ursache dafür.

Erhöhte Werte in Brokkoli

Erhöhte radioaktive Werte wurden am Mittwoch nach Regierungsangaben auch in Brokkoli entdeckt. Zuvor waren unter anderem bereits in Spinat, Milch, Trink- und Meereswasser erhöhte Werte gemessen worden. Das Gesundheitsministerium ordnete zusätzliche Messungen bei Meereswasser und Meeresfrüchten an.

Außerdem rieten die Behörden dazu, Babys und Kleinkindern im Raum Tokio kein Leitungswasser zu trinken zu geben. Darin seien erhöhte Werte von 210 Becquerel pro Liter an radioaktivem Jod 131 festgestellt worden, sagte ein Sprecher der Stadtregierung am Mittwochnachmittag (Ortszeit) auf einer Pressekonferenz. Die Werte übertreffen nach seinen Angaben den Grenzwert von 100 Becquerel pro Kilogramm, die das Gesundheitsministerium für Kleinkinder festgesetzt hat.

Kein Leitungswasser für Babys

Die Warnung gelte für alle 23 zentralen Bezirke in Tokio und für das westlich gelegene Tama-Gebiet. Die erhöhten Werte an radioaktivem Jod 131 seien am Dienstagmorgen in einer Wasseraufbereitungsanlage in Tokio festgestellt worden. Bei radioaktivem Cäsium 137 seien keine überhöhten Werte registriert worden.

Die Warnung sei eine Vorsichtsmaßnahme, da sich das radioaktive Jod über die Zeit in der Schilddrüse ablagern könne. Für ältere Kinder und Erwachsene liegen die Grenzwerte des Gesundheitsministeriums bei 300 Becquerel pro Liter, berichtete der Fernsehsender NHK.

Über 9.400 Todesopfer

Die Zahl der geborgenen Leichen nach dem Erdbeben und dem Tsunami steigt stetig. Nach Angaben der nationalen Polizeibehörde ist sie bisher auf mehr als 9.400 gestiegen. Fast 14.700 Menschen würden noch vermisst, teilte die Behörde am Mittwoch mit. Ein Polizeisprecher in der Präfektur Miyagi, die besonders schwer betroffen war, schätzte die Zahl der Toten allein in dieser Region auf mehr als 18.000.

Drei der größten Unternehmen des Landes verschoben unterdessen die Wiederaufnahme ihrer normalen Produktion. Als Grund wurden fehlende Teile und Rohmaterialien genannt. Toyota und Honda kündigten an, die Fahrzeugproduktion zunächst nicht wieder aufzunehmen. Sony erklärte, die Herstellung bestimmter Produkte wie Digitalkameras und Fernseher werde ausgesetzt.

Immenser wirtschaftlicher Schaden

Die japanische Regierung schätzt den von Erdbeben und Tsunami verursachen Schaden nach Informationen der Wirtschaftszeitung «Nihon Keizai Shimbun» auf bis zu 25 Billionen Yen (218 Milliarden Euro). Eine entsprechende Schätzung werde Wirtschaftsminister Kaoru Yosano am (heutigen) Mittwoch bei einer Kabinettssitzung vorlegen, berichtete die Zeitung.

Das Beben der Stärke 9,0 und der nachfolgende Tsunami am 11. März verwüsteten die Nordostküste Japans und lösten eine Krise im Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi aus, die noch andauert. Seither wurden Stromrationierungen verhängt, viele Fabriken wurden geschlossen, wichtige Eisenbahnverbindungen sind unpassierbar.

Neues Beben am Mittwoch

Die Krisenregion wurde am Mittwochmorgen von einem Erdbeben der Stärke 6,0 erschüttert. Berichte über Schäden und Verletzte lagen nach Behördenangaben zunächst nicht vor. Eine Tsunami-Warnung wurde nicht herausgegeben.