Alles scheint gesagt. Auf die Frage, ob er ein letztes Wort wünsche, sagte Jörg Kachelmann am letzten Prozesstag nur: «Nein, danke.» Am Dienstag, dem 31. Mai wird die 5. Große Strafkammer des Landgerichts Mannheim nach 43 Verhandlungstagen ihr Urteil über den 52 Jahre alten Fernsehmoderator verkünden.
«Es ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine Verurteilung zu begründen, aber auch ein Freispruch.» Dieser Satz ist bemerkenswert, weil er vom Anwalt der Nebenklägerin stammt, also der Frau, die Kachelmann der Vergewaltigung beschuldigt.
Kachelmann unschuldig
Am 24. Mai hatten Kachelmanns Verteidiger in ihren Plädoyers mehr als vier Stunden lang versucht, Richter und Schöffen von der Unschuld des Moderators zu überzeugen.
Sie hatten gute Argumente auf ihrer Seite: Nach dem, was sich aus dem öffentlichen Teil schließen lässt, ist die Spurenlage alles andere als eindeutig, rechtsmedizinische Gutachten nähren Zweifel an den Aussagen der 38-Jährigen über den angeblichen Tathergang. Zudem hatte die Ex-Geliebte zum Teil falsche Angaben zur Vorgeschichte der angeblichen Tat gemacht, die sie erst korrigierte, als es schon fast zu spät war.
Staatsanwaltschaft zweifelt
Selbst der Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge betonte: «Auch die Staatsanwaltschaft ist nicht so blöd, nicht zu erkennen, dass die Nebenklägerin in vielen Punkten gelogen hat.» Im Ergebnis glaubt der Anklagevertreter aber dennoch den Anschuldigungen der Ex-Geliebten – auch wenn ihm klar ist, dass es keinen eindeutigen Beweis für die Schuld Kachelmanns gibt. «Man kann alle Indizien auch anders werten«, sagte Oltrogge. «Aber das ist das Wesen eines Indizienprozesses – dass es auf die Gesamtschau ankommt.»
Große Teile des Prozesses vor dem Landgericht Mannheim wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt – vor allem die Aussage des mutmaßlichen Opfers, aber auch zum allergrößten Teil die der zahlreichen Ex-Geliebten, die dazu beitragen sollten, die Persönlichkeit Kachelmanns und sein Verhalten in Bett und Beziehungen auszuleuchten. Auch die psychologischen Gutachten wurden teilweise in nichtöffentlicher Sitzung vorgetragen. Die Öffentlichkeit konnte sich durchaus ein Bild machen – aber wirklich vollständig ist es eben nicht.
Haftstrafe gefordert
Die Staatsanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten. Damit bleibt die Anklage unter der eigentlich für schwere Vergewaltigungen vorgesehenen Mindeststrafe von fünf Jahren. Das begründen sie mit «massiver Beeinträchtigung der Person des Angeklagten» als Folge der Medienberichterstattung über das Verfahren. Die Verteidigung hingegen beantragte – wenig überraschend – einen Freispruch.
Das Gericht hat angekündigt, die Urteilsverkündung werde etwa eine Stunde lang dauern. Es gibt Justiz-Insider, die schon daraus schließen, dass mit einem Freispruch zu rechnen sei – eine Verurteilung zu begründen, so meinen sie, würde länger dauern. Aber das – um ein Wort des Hamburger Verteidigers Johann Schwenn zu verwenden – ist wohl eher Spökenkiekerei.
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