«Dreckiges Judengesicht», «Leute wie Sie sollten tot sein» und «I love Hitler»: Ein paar dahingelallte Sätze ruinierten im vergangenen Winter den Ruf und die Karriere des britischen Modeschöpfers John Galliano. An diesem Donnerstag will ein Pariser Gericht verkünden, ob der 50-Jährige wegen rassistischer und antijüdischer Äußerungen auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann. In der Verhandlung vor den Sommerferien hatte die Staatsanwaltschaft eine Strafe in Höhe von mindestens 10 000 Euro gefordert. Theoretisch könnte das Gericht sogar eine Haftstrafe von bis zu sechs Monaten verhängen.
Wird das Urteil der traurige Endpunkt einer großen Karriere oder der Auftakt für einen Neuanfang? Diese Frage wird in der Modeszene heiß diskutiert. Gallianos Arbeitgeber Dior hatte seinen früheren Star zwar bereits im März gefeuert. In den vergangenen Monaten gab es aber auch unerwartete Unterstützung für den exzentrischen Briten.
Unterstützung
Supermodel Kate Moss trug zu ihrer Hochzeit ein Galliano-Kleid. Boss-Chef Claus-Dietrich Lahrs nannte den Modeschöpfer einen «großen Künstler» und sagte: «Die Aufmerksamkeit, die heute manchen Marken und damit deren kreativen Köpfen zuteilwird, ist enorm gestiegen. Nicht alle kommen im gleichen Maße damit klar.»
«Alles, was er bislang geleistet hat, zeigt, dass er kein Rassist ist», erklärte Designerkollege Jean-Paul Gaultier. Selbst ein Zeuge der Anklage sagte in dem Prozess aus, dass er nicht glaube, dass Galliano ein Antisemit sei.
Beweislage
Die Beweis- und Indizienlage sieht auf den ersten Blick allerdings anders aus. Hintergrund des Prozesses sind mehrere Anzeigen von Besuchern einer Brasserie. An zwei Abenden im vergangenen Herbst und Winter soll Galliano sie wüst beschimpft haben. «Dreckiges Judengesicht, Du solltest tot sein!» und «Beschissener asiatischer Mistkerl» sind zwei Ausdrücke, die ihm zugeschrieben werden.
Ein anonym aufgenommenes Video heizte die Affäre weiter an. In ihm lallt Galliano die Worte: «I love Hitler» und beschimpft die Gäste. «Leute wie Sie sollten tot sein. Ihre Mütter, Vorfahren – sollten alle verdammt vergast sein», ist zu hören.
Unschuld
Galliano selbst beteuert, sich in dem Video nicht wiederzuerkennen und verweist auf seine schweren Suchtprobleme, nach eigenen Angaben kann er sich an nichts erinnern. Gerade als Homosexueller habe er sein ganzes Leben gegen Vorurteile, Intoleranz und Diskriminierung gekämpft, sagte er im Prozess und bat um Verzeihung. «Ich verurteile Rassismus und Antisemitismus. Sie haben keinen Platz in unserer Gesellschaft.»
Ob das als Entschuldigung reicht, wird am Donnerstag das Pariser Gericht verkünden. Die Modebranche muss dann entscheiden, ob sie ihrem tief gefallenen Star eine zweite Chance gibt. «Ich hoffe, dass er irgendwann zurückkehrt», sagte Galliano-Anwalt Aurélien Hamelle Ende Juni. Wegen seiner Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit lässt sich Galliano nach eigenen Worten behandeln. Zur Urteilsverkündung wird er nicht erwartet.
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