Blasses Gesicht, Ponyfransen, schwarze Kleider und ausdrucksstarke Gesten. Ein Chanson über Hoffnung und Liebe, ein anderes über Trennung und Tod. Eigentlich nichts hat sich an ihr und ihren Auftritten verändert. Ihre Stimme klingt dunkel, wenn sie «L’Eternel féminin», «Si tu t’imagines» und «Déshabillez-moi» singt, fast schon flüstert. Juliette Gréco, die am 7. Februar 85 Jahre wird, steht immer noch auf der Bühne und singt Lieder von Liebe und Leid.
Frankreichs letzte große Dame in Schwarz – nach Barbara und Edith Piaf ist sehr aktiv. Vor wenigen Tagen hat die Sängerin ihr neues Album «Ça se traverse et c’est beau» herausgegeben, und am 11. Februar erscheinen ihre Memoiren «Je suis faite comme ça». Dazwischen gibt sie Konzerte und lässt sich vom Publikum feiern. «La Gréco», wie die Franzosen sie liebevoll nennen, braucht die Arbeit. Sie sei wie ein Arbeiter, der sein ganzes Leben lang im Akkord geschuftet habe. «Wenn die aufhören zu arbeiten, dann sterben sie», sagte die Chansonnière in französischen Medien.
Beliebt beim Publikum
Die Säle sind voll. Juliette Gréco strahlt den Zauber von früher aus und den Pathos tiefer Gefühle. Warum sie noch immer so beliebt ist, weiß sie selber nicht. Sie liebt das Publikum, vielleicht liegt darin ihr Erfolg, denn ihre Beziehung sei eine ganz besondere: «Es ist ein Liebesakt mit einem sehr geheimnisvollen Liebhaber», sagte die Gréco einst.
Ob sie nie mit dem Gedanken gespielt habe, sich zu ändern? «Ich habe schlohweiße Haare, seitdem ich 30 Jahre alt bin. Genau wie mein Vater. Damals gefiel das niemandem, eine 30-Jährige mit weißen Haaren. Das war das Ende! Also hab ich sie gefärbt. Ich bin nicht so sehr an meinem Look interessiert. Ich habe mein Make-up nicht verändert, seitdem ich 19 bin», sagte sie in einem Interview.
«Ein kleines Sandkorn»
Gefallen hat sie vielen, Frauen und Männern. Doch waren es vor allem berühmte Männer, die ihre Texte schrieben, wie Jacques Prévert, Francois Mauriac oder Albert Camus. Von einem Mann wurde sie auch entdeckt. Der Schriftsteller und Philosoph Jean-Paul Sartre besuchte sie nach einem ihrer Auftritte in ihrer Kellerbar «Le Tabou» im Pariser Künstlerviertel Saint-Germain des Prés, einem legendären Treffpunkt der Existenzialisten. Kurze Zeit später schon sang sie Sartre-Texte und stieg aus dem Keller ins Rampenlicht.
«Ich bin nur ein kleines Sandkorn», sagte sie einmal. Zu Kopf gestiegen ist ihr der Erfolg nie. Vielleicht deshalb, weil nicht immer alles rosig war in ihrem Leben. Wie sie in ihrer Autobiografie «Jujube» (1983) schrieb, hat sie ihren Vater, einen korsischen Polizeikommissar, kaum gekannt. Ihre Mutter war im Widerstand aktiv und wurde von der Gestapo verhaftet, ebenso wie ihre Schwester. Sie selber kam zunächst in ein Lager, dann für drei Wochen in das Gefängnis Frèsnes, wo sie die Zelle 326 mit drei Prostituierten teilte.
Widerstandskämpferin, Existenzialistin und ein Leben ohne Tabus: Eine Frau, die ihren Mann steht – oder, wie sie selber es formuliert, dem Teufel näher ist als den Engeln.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können