Nach einer Kartellklage gegen Apple und zahlreiche große Verlage könnten die Preise für elektronische Bücher in den USA merklich fallen. In der Folge dürfte sich der Übergang von gedruckten zu digitalen Büchern beschleunigen und der finanzielle Druck auf die Verlage zunehmen. Der weltgrößte Onlinehändler und Apple-Rivale kündigte bereits an, die Preise für viele E-Books sobald wie möglich zu senken.
Die US-Wettbewerbshüter werfen dem iPad-Hersteller Apple massive Preisabsprachen mit der Buchbranche vor und zogen deshalb am Mittwoch vor Gericht. Drei Verlage gaben bereits klein bei und gingen einen Vergleich ein, in dem sie sich dazu verpflichten, die Preise freizugeben. In einer ähnlichen Untersuchung in Europa streben Apple und die betroffenen Verlage nach Angaben der EU-Kommission eine Einigung an.
Teures Lesevergnügen
«Wir sind der Überzeugung, dass die Kunden als Folge dieser Vereinbarung für populäre Titel Millionen Dollar zuviel gezahlt haben», erklärte US-Justizminister Eric Holder. Apple und zwei weitere Verlagshäuser wollen sich dem Druck aus Washington allerdings nicht beugen und für ihr Preismodell kämpfen.
Die Verlage waren zum Start von Apples E-Book-Plattform im Frühjahr 2010 zu einem Modell gewechselt, bei dem im US-Markt sie und nicht die Händler den Preis der E-Books bestimmen durften. Die US-Kartellwächter wurden vor allem wegen der Vermutung aktiv, dass dem Wechsel des Preismodells verbotene Absprachen vorausgingen.
Amazon angegriffen
Die Verlage nutzten damals den Einstieg von Apple in das E-Book-Geschäft, um die Machtstellung von Amazon zu brechen. Der Onlinehändler hatte populäre Titel zum Missfallen der Verlage für 9,99 Dollar angeboten. Unter dem Konkurrenzdruck lenkte Amazon schließlich ein und die E-Books verteuerten sich üblicherweise auf 12,99 oder 14,99 Dollar.
Die Sorge der Verlage: Wenn die Preise bei Amazon jetzt als Folge der Klage wieder freigegeben werden, dürften Verbraucher noch schneller zu digitalen Angeboten wechseln. Dann dürften die deutlich höheren Preise für gedruckte Bücher kaum noch zu halten sein. E-Books haben sich in den Vereinigten Staaten bereits deutlich schneller verbreitet. Mit Borders ging bereits die zweitgrößte Buchhandelskette der USA wegen der Entwicklung pleite.
Keine Preisabsprachen
Macmillan-Chef John Sargent wies den Vorwurf der Kartellwächter ausdrücklich zurück. «Macmillan hat nicht illegal gehandelt», betonte er in einem Blogeintrag. Es habe keine unerlaubten Absprachen gegeben und er habe über die Änderung des Preismodells bei seinem Verlag allein entschieden. Die Bedingungen des Justizministeriums für eine Beilegung der Ermittlungen seien zudem nicht annehmbar gewesen. «Wir kamen zu dem Schluss, dass diese Konditionen Amazon erlauben könnten, die vorherige Monopolposition wiederzuerlangen», schrieb er. Und dadurch würden langfristig alle Schaden nehmen, die ihren Lebensunterhalt mit Büchern bestreiten, argumentierte Sargent.
Apple gibt keinen Kommentar ab – die Entscheidung für die Konfrontation mit dem Justizministerium spricht aber für sich. Es geht um viel Geld: Apple bekommt 30 Prozent vom Verkaufspreis eines E-Books. Je höher der Buchpreis also ist, desto mehr Geld fließt in die Kasse von Apple.
Offener Buchmarkt
Die Verlage, die dem US-Vergleich bereits zugestimmt haben, sind Hachette Livre (gehört zu Lagardère), Harper Collins (News Corp.) sowie Simon & Schuster (CBS). Nicht zugestimmt hat neben Macmillan auch Penguin (Pearson). Penguin-Chef John Makinson betonte, die Entscheidung sei ohne verbotene Absprachen getroffen worden.
Parallel reichten die Generalstaatsanwälte von 16 US-Bundesstaaten eine eigene Klage in Texas ein. «Wir wollen sicherstellen, dass der Buchmarkt wieder offen ist», sagte George Jepsen aus Connecticut. Die Generalstaatsanwälte wollen erreichen, dass die Kunden entschädigt werden. Sie bezifferten den Schaden durch Preisabsprachen auf mehr als 100 Millionen Dollar (76 Mio Euro).
EU-Kommission eingeschaltet
Auch die EU-Kommission ermittelt seit Dezember offiziell gegen mehrere Verlage und Apple. Hier lautet der Verdacht ebenfalls auf Kartellbildung. Nach den Worten von Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia haben allerdings Simon & Schuster, Harper Collins, Hachette Livre, die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck sowie Apple Vorschläge für eine Einigung gemacht. «Wir befinden uns momentan in fruchtbaren Diskussionen mit ihnen», erklärte Almunia.
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