Sonntag28. Dezember 2025

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Innenminister entscheiden im Juni

Innenminister entscheiden im Juni
(Tageblatt-Archiv)

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Die heftig umkämpfte Reform der Schengen-Regeln stand auf dem Programm des Treffens der EU-Innenminister in Luxemburg, an dem auch Immigrationsminister Schmit teilnahm. Konkrete Beschlüsse gab es jedoch nicht.

Am Donnerstag trafen sich die EU-Innenminister zu einer Sitzung in Luxemburg, an der Immigrationsminister Nicolas Schmit (LSAP) teilnahm. Auf Initiative von Frankreich und Deutschland berieten die Innenminister über die Reform des Schengen-Abkommens zur Reisefreiheit. Eine Entscheidung dazu steht aber erst im Juni an. Dann wollen die Mitgliedstaaten ihre gemeinsame Position festlegen, um die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament zu beginnen. Denn die Reform bedarf der Zustimmung des EU-Ministerrates, in dem die Regierungen vertreten sind, und des Europaparlaments.

Berlin und Paris forderten am 20. April das Recht ein, ihre Binnengrenzen eigenmächtig wieder schließen zu können, wenn ein Land seine Außengrenzen nicht ausreichend sichert. Dieser Vorschlag löste in Europa eine Welle der Kritik aus.

Grenzkontrollen

Nachdem der deutsche Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sein Anliegen in einem Brief mit seinem Pariser Kollegen Claude Guéant kundgetan hatte, war ihm Populismus und Wahlkampfhilfe für den französischen Staatschef Nicolas Sarkozy vorgeworfen.

Friedrich verteidigte am Donnerstag erneut seinen Vorstoß zu Grenzkontrollen in der EU gegen die massive Kritik. Sein gemeinsamer Vorschlag mit dem französischen Innenminister Claude Géant ziele nur darauf ab, den Auftrag der EU-Staats- und Regierungschefs vom Juni vergangenen Jahres umzusetzen, sagte Friedrich am Donnerstag beim EU-Innenministertreffen in Luxemburg. «Wir wollen nicht dauerhafte Grenzkontrollen, und zwar unter keinen Umständen», betonte er.

Populismus

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatte im März eine Neuverhandlung des Schengen-Vertrags gefordert. Luxemburgs Außenminister sagte dazu am 12. März in einem Tageblatt.lu-Interview, den Schengen-Vertrag in Frage zu stellen, sei «antieuropäisch und populistisch».

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy kritisierte ebenso, das Thema Reisefreiheit und Grenzkontrollen werde von Populisten missbraucht. «Leider hat der Wind des Populismus eine wesentliche Errungenschaft der europäischen Integration erfasst: die freie Bewegung der Menschen innerhalb unserer Grenzen», sagte er bei einem Besuch in Rumänien in dieser Woche. Van Rompuy ging damit auch auf die noch ausstehende Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in den Schengen-Raum ein. Diese wird ebenfalls maßgeblich von Deutschland und Frankreich blockiert.

Reisefreiheit

Das Schengener Abkommen hat 1985 die Schlagbäume zwischen Luxemburg, Belgien, den Niederlanden, Frankreich und Deutschland abgeschafft, heute gehören 26 Staaten dazu. An den Grenzen zwischen den Schengen-Staaten werden Reisende nur stichprobenartig oder bei besonderen Ereignissen kontrolliert. Zum Schengen-Raum gehören neben 22 EU-Ländern auch Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein. Die Landgrenzen des Areals mit mehr als 400 Millionen Einwohnern sind über 7.700 Kilometer lang, die Seegrenzen knapp 42.700 Kilometer.

Wie in der Praxis die Regeln umgesetzt werden, legt der Schengen-Grenzkodex fest. In diesem Text werden Voraussetzungen genannt, wann ein Staat vorübergehend wieder Grenzkontrollen einführen darf. Nach Artikel 23 kann ein Mitgliedsland «im Falle einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit» ausnahmsweise für einen begrenzten Zeitraum an seinen Grenzen wieder Personen kontrollieren. Die Maßnahmen dürfen höchstens 30 Tage dauern oder solange, wie die «schwerwiegende Bedrohung» andauert.

Handlungsbedarf

Der Staat entscheidet souverän und ist nach Artikel 24 nur dazu verpflichtet, die anderen Länder und die EU-Kommission zu informieren und die Gründe zu erläutern. In der Praxis wird diese Klausel bei politischen Gipfeltreffen oder Fußballspielen benutzt, um zum Beispiel ausländische Hooligans die Einreise zu verweigern.

Seit der Flüchtlingswelle aus Nordafrika im vergangenen Jahr debattiert die EU über eine Reform der Schengen-Regeln. Die EU-Kommission hat einen Vorschlag vorgelegt, wonach Staaten nicht mehr im Alleingang vorübergehende Grenzkontrollen einführen dürfen – die Entscheidung soll «europäisiert» werden. Dieser Kompetenzverlust stößt bei den meisten EU-Staaten auf heftigen Widerstand.

Flüchtlingspolitik

Neben der Reform des Schengen-Vertrags berieten die Minister über die gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik beraten. Dabei ging es um besonders betroffene Länder wie Griechenland. In diesem Zusammenhang gab es einen Meinungsaustausch zu einem gemeinsames System zur Erfassung von Asylbewerbern, so eine Pressemitteilung des luxemburgischen Außenministeriums.

Zudem wollten die Minister dem EU-Abkommen mit den USA über die Weitergabe von Daten der Fluggäste an US-Sicherheitsbehörden zustimmen. Dies gilt als Formalie; bereits vergangene Woche hatte das Europaparlament grünes Licht gegeben.