An der Stätte seines größten Triumphes will Andy Roddick nun auch abtreten. «Ich spüre, dass es Zeit dafür ist», sagte der Amerikaner am Donnerstag in New York. In der Stadt, in der er 2003 den US-Open-Titel als einzigen Grand-Slam-Erfolg seiner Karriere gefeiert hat.
Als mitten am Nachmittag per Lautsprecherdurchsage eine Pressekonferenz mit Roddick angekündigt wurde, dachten alle noch an eine kleine Geburtstagsfeier. Andrew Stephen Roddick wurde 30. Doch die Überraschung brachte diesmal der Einladende selber mit.
Karierre-Ende
Die schwarze Baseballkappe wie immer tief ins Gesicht gezogen, die Arme vor dem schwarzen T-Shirt verschränkt, eröffnete Roddick die Runde mit den Worten: «Danke, dass ihr alle gekommen seid. Ich mache das kurz und schmerzlos. Ich habe beschlossen, dass dies mein letztes Turnier ist.» Ein kurzes Raunen ging durch den fensterlosen Raum, ungläubige Blicke, Kopfschütteln. Nach den US Open 2012 soll es den Tennisprofi Andy Roddick wirklich nicht mehr geben?
Dann stellte endlich einer die unvermeidliche Frage: Warum jetzt? Im Alter von 18 Jahren betrat Roddick 2000 erstmals den Tennis-Zirkus, beendete das Jahr als jüngster Profi in den Top 200 und kletterte 2001 auf Platz 14 der Weltrangliste. Im Alter von 21 Jahren gewann er 2003 die US Open und kürte sich wenig später zur Nummer eins.
Gefürchteter Gegner
Endlich glaubten die erfolgsverwöhnten Amerikaner einen nationalen Hoffnungsträger für die Zeit nach Andre Agassi und Pete Sampras gefunden zu haben. Doch seit dem Titel in Flushing Meadows 2003 hat der vor allem wegen seiner Aufschläge gefürchtete Athlet aus Austin/Texas keine Grand-Slam-Trophäe mehr in die Höhe gestemmt – und wird es vermutlich auch nicht mehr tun, wenn in diesen Tagen nicht noch ein sportliches Wunder geschehen sollte.
2006 stand Roddick nochmals im Endspiel der US Open, 2004 und 2005 in Wimbledon – und verlor jedes Mal gegen Roger Federer. Der Branchenführer ist ein Jahr älter als Roddick und zollte seinem langjährigen Kontrahenten und Wegbegleiter nach seinem lockeren Zweitrunden-Sieg gegen Björn Phau (Weilerswist) Respekt.
Federer traurig
«Es ist traurig. Nächstes Jahr Australian Open kein Andy Roddick. Für mich war es immer so: Ich kam an, er war da, er trainierte. Ich werde diese Momente vermissen», sagte Federer nach dem lockeren 6:2, 6:3, 6:2 gegen Phau. «Aber ich freue mich auch für ihn. Er ist glücklich, jetzt aufzuhören», sagte der 17-malige Grand-Slam-Sieger. «Er hatte eine wunderbare Karriere. Manchmal war es auch hart für ihn. Aber ich glaube, er hat immer alles getan, was er konnte.»
So richtig verehrt wurde «A-Rod» von seinen Landsleuten nämlich nie. Die Grand-Slam-Titel-Durststrecke der amerikanischen Herren seit neun Jahren wurde auch ihm verübelt. Lange galt der unkonventionelle Profi als Heißsporn mit einer großen Klappe. Im US-Open-Halbfinale 2003 herrschte er einmal während eines Seitenwechsels den Schweizer Schiedsrichter Andreas Egli an: «Gib Dir mehr Mühe. Und jetzt will ich nichts mehr hören.» Doch Roddick war auch immer ein Showman, Pressekonferenzen mit ihm hatten höchsten Unterhaltungswert.
Körper spielt nicht mit
So auch an diesem denkwürdigen Tag tief unten im Bauch des Arthur Ashe Stadiums. Auf die Frage, was seine Frau Brooklyn zu seiner Entscheidung sage, antwortete er: «Keine Ahnung, ich hab sie noch nicht gefragt.» Und dann verriet er einen Tag vor seinem Zweitrundenmatch gegen den Australier Bernard Tomic doch noch allen Ernstes, warum jetzt schon Schluss sein soll. «So wie sich mein Körper anfühlt, weiß ich nicht, ob ich noch gut genug bin, um mich dem Wettbewerb zu stellen. Ich habe jede Minute genossen. Aber jetzt ist es Zeit.»
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