Richtig aufregend wurde ihr Leben bei der Amtseinführung von Papst Johannes XXIII. Damals, im Oktober 1958, lernte die 21 Jahre alte Paola Ruffo di Calabria in Rom den belgischen Prinzen Albert kennen. Mit den Worten «Langweilen Sie sich?» nahm Albert bei einem Empfang in der belgischen Botschaft Kontakt zu der jungen Dame von altem italienischen Adel auf. «Sehr!» antwortete sie wahrheitsgemäß. So berichten zumindest die belgischen Medien von der schicksalhaften Begegnung. Knapp ein Jahr später waren die beiden verheiratet.
Am Dienstag (11. September) wird Paola 75 Jahre alt. Seit August 1993 ist sie Königin der Belgier an der Seite ihres Mannes, der jetzt Albert II. heißt. Freundlich tritt sie auf, stets elegant, sehr still und gelegentlich umgeben von einem Hauch Traurigkeit – eine würdige Königin. Darauf hätten nur wenige gewettet, die Paola vor allem in den 60er-Jahren als unzähmbare Party-Prinzessin erlebten, als Schrecken des belgischen Hofes. Dort fand der sehr ernste und sehr katholische König Baudouin stets neue Berichte über das muntere Treiben der Schwägerin überhaupt nicht lustig.
Party-Prinzessin
Paola im Mini-Bikini, zeternd im Metzgerladen, im Handgemenge vor einem Nachtclub: Die Prinzessin tauchte oft in den Klatschspalten europäischer Zeitungen auf. 1964 schließlich überreichte der italo-belgische Chansonnier Adamo in einem Brüsseler Stadion vor 80 000 Zuschauern der Prinzessin eine rote Rose und sang sein Liebeslied «Dolce Paola» (Süße Paola). Fragen, ob er dieses Lied der Prinzessin, mit der man ihn öfters sah, auf den schönen Leib geschrieben habe, beantwortete er noch Jahre später nur mit einem charmanten Lächeln.
Auch Prinz Albert ging eigene Wege, Mitte der 60er-Jahre wohnte man auf Schloss Belvédère schon getrennt. Der Porschefahrer machte in seiner reichlichen Freizeit Damen aus besseren belgischen Kreisen seine Aufwartung. In Belgien wurde über die Umtriebigkeit von Albert und Paola gemunkelt. Und als sich 1999 herausstellte, dass die beiden nicht nur drei offizielle Kinder (Thronfolger Philippe, Astrid und Laurent) hatten, sondern dass Albert auch Vater einer 1968 geborenen Tochter namens Delphine war, überraschte das die Untertanen nicht.
Ehe-Krise
In seiner Weihnachtsansprache kurz vor der Jahrtausendwende sagte König Albert II, er erinnere sich mit der Königin «auch an die Krise, die wir vor mehr als 30 Jahren durchgemacht haben». «Gemeinsam konnten wir schon vor sehr langer Zeit diese Schwierigkeiten überwinden und ein Verstehen und tiefe Liebe wiederfinden.» Mehr wolle er zu all dem nicht sagen: «Aber wir wären glücklich, wenn Menschen, die heute die gleichen Probleme haben, aus unserer Erfahrung Hoffnung schöpften.»
Die wilden Zeiten scheinen heute Lichtjahre entfernt. Albert II., der in Krisenzeiten eine sehr viel wichtigere und schwierigere politische Rolle spielt als andere Königs-Kollegen in Europa, ist ein geschätztes Staatsoberhaupt geworden. Und auch Königin Paola ist schon seit langem nicht mehr in den bunten Klatschblättern aufgetaucht.
Soziales Engagement
Ihre heutigen Leidenschaften sind moderne Kunst und soziales Engagement. Sie hat dafür gesorgt, dass auch moderne Kunstwerke in den Palast einziehen konnten. Sie fördert Ausstellungen und sie kümmert sich aktiv um die Restaurierung des belgischen Kulturerbes. Vor allem ist sie aber sozial tätig. Mit einer Stiftung kümmert sie sich um Ausbildung und Integration von Jugendliche, als Ehrenvorsitzende von Child Focus kämpft sie gegen Kindesmissbrauch. Die Zeit der Partys der süßen Paola ist vorbei.
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