Wir schreiben das Jahr 2004. Miklos Feher, ungarischer Spieler von Benfica Lissabon, bricht während eines Ligaspiels gegen Vitória Guimarães zusammen und stirbt an plötzlichem Herzversagen. Die Bilder gehen um die Welt. Zu diesem Zeitpunkt steht Marcos Titon bei Freamunde in der zweithöchsten portugiesischen Liga unter Vertrag. „Eine Woche nach diesem tragischen Zwischenfall hat mich ein Torhüter während einer Partie umgerannt. Es fühlte sich an, als würde ein Lastwagen in einen Mini krachen. Ich wurde bewusstlos und musste vom Feld getragen werden. In diesem Moment dachten sehr viele Zuschauer, dass mir das Gleiche wie Feher wiederfahren würde. Glücklicherweise wachte ich Stunden später im Krankenhaus wieder auf und hatte nur einen Schock erlitten. Wenn ich heute auf dem Platz stehe und in die Zweikämpfe gehe, denke ich nicht mehr daran.“
Hin und her
Titon begann seine Karriere beim südbrasilianischen Verein Juventude Caxias do Sul und arbeitete sich bis in die erste Mannschaft hoch. Im Verein – der damals vom Lebensmittelriesen Parmalat gesponsort wurde – spielte er eine Saison in der brasilianischen Eliteliga. Sein größtes Erlebnis: der Vergleich mit Flamengo Rio de Janeiro, wo damals Weltfußballer Romario und Savio Bortolini (u.a. Real Madrid) spielten. Nachdem er nur selten eingesetzt wurde, entschied er sich, sein Glück woanders zu suchen und spielte in den folgenden Jahren in Profivereinen der zweiten und dritten Liga am Zuckerhut. Danach ging die Reise weiter nach Portugal, wo er zunächst in der dritten Liga (Ermesinde) und danach sechs Jahre in der zweiten Klasse (Freamunde) kickte. Dort lernte Titon zufälligerweise den Mann kennen, der ihn später nach Canach lotste. „Ich habe Roger Sousa erstmals während eines Testspiels getroffen. Ich weiß nicht mehr, bei welchem portugiesischen Verein er damals war, weil er oft gewechselt ist. Aber wir haben uns auf Anhieb gut verstanden. Kurioserweise war er mein Gegenspieler, damals war ich noch Innenverteidiger. Erst in Luxemburg wurde ich im Mittelfeld eingesetzt.“
Einige Jahre später klingelte das Telefon. Am anderen Apparat war Roger Sousa, der ihm anbot, nach Canach zu wechseln. Das war im Sommer 2009. Titon entschied sich, zu kommen, vor allem, weil ihm ein Job angeboten wurde. „Das große Geld wird bei den großen Vereinen verdient, aber nicht in einer zweiten portugiesischen Liga. Deshalb war es eine gute Gelegenheit für mich, ins Arbeitsleben einzusteigen“, erklärt Titon, der bis dahin nichts anderes gemacht hatte, als Fußball zu spielen. Das neue Leben hatte seine Tücken: „Früher bin ich um 9.00 Uhr aufgestanden, habe um 9.30 Uhr ein bisschen beim Bäcker um die Ecke ausgeholfen und bin dann irgendwann zum Training gegangen. Jetzt muss ich bereits um 6.15 Uhr auf den Beinen sein. Aber die Arbeit macht Spaß, denn viele meiner Kollegen spielen auch in Canach oder in anderen Vereinen der BGL Ligue. Wenn wir mal Zeit haben, diskutieren wir über den Liga-Alltag.“
Sechs Brasilianer im Team
Die Eingewöhnung fiel ihm leicht beim kleinen Klub an der Mosel. Vor allem da mit Neuzugang Oséias Ferreira, Roger Sousa, Dimitri del Globo, Jorge Cravo Roxo und den beiden Ferro-Brüdern gleich sechs Brasilianer beim Aufsteiger spielen. „Wir kennen uns gut, aber wir bilden keine verschlossene Gemeinschaft. Jedenfalls ist es einfacherer, ältere Brasilianer unter Kontrolle zu halten als junge, denn die haben viele Dummheiten im Kopf (lacht). Alle Brasilianer, die in Canach sind, lieben den Fußball und deshalb klappt das auch so gut.“
Trainer Patrick Maurer baut jedenfalls auf die Erfahrung seiner Oldies vom Zuckerhut. Mit Ferreira (40), Del Globo (33) und Titon (36) sind drei von ihnen bereits im fortgeschrittenen Fußballeralter. „Ich glaube, der Trainer mag diese Mischung. Ein paar ältere Spieler und ein paar junge, schnelle und technisch gute Spieler. Wir haben jedenfalls jetzt ein gutes Gleichgewicht gefunden und lassen den Ball viel besser laufen als in der ersten BGL-Ligue-Saison.“
Im Duell der Aufsteiger am Sonntag gegen Wiltz können sie diese Fortschritte ein weiteres Mal unter Beweis stellen. Marcos Titon ist trotz zweier Niederlagen in Folge gegen Déifferdeng 03 und Fola zuversichtlich: „Nach unserem guten Start stehen wir nicht unter Druck, das befreit. Am Sonntag treffen zwei Teams aufeinander, die bisher gezeigt haben, dass doch keine so schlechte Mannschaften aus der Ehrenpromotion kommen …“
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können