Ihr Lächeln ist noch so bezaubernd wie damals, als sie mit «Ella elle l’a» einen ihrer letzten internationalen Erfolge feierte. Ihr Blick jedoch ist melancholisch. France Gall hat in den vergangene Jahren schwere Schicksalsschläge hinnehmen müssen: 1992 starb ihr Lebensgefährte und Sänger Michel Berger, fünf Jahre später ihre Tochter. Die damals 19-Jährige litt an der Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose. Nach 15 Jahren innerer Katharsis hat die Sängerin, die am kommenden Dienstag (9. Oktober) ihren 65. Geburtstag feiert, wieder Großes vor: Sie will ein Musical schaffen.
Eigentlich hatte man ein neues Album erwartet, denn das letzte – abgesehen von einigen Kompilationen – erschien 1996. «France», Hits mit Rap- und Hip-Hop-Elementen angereichert, zählte zu den meist verkauften Alben Frankreichs. «Das ist seit sehr sehr langem eine Arbeit, die mir wieder viel Spaß macht», sagte Gall vor kurzem der Zeitschrift «Gala». Das Musical soll 2014 fertig werden und aus Songs bestehen, die sie und ihr verstorbener Mann geschrieben haben. Ob es sich dabei um bereits bekannte oder neue Lieder handelt, wollte sie nicht verraten. Seit dem Tod ihrer Tochter Pauline im Jahr 1997 hat die Musikerin nur selten Interviews gegeben.
Schicksalschläge
«Ich habe wieder Vertrauen in das Leben gefunden. Das Leben macht mir keine Angst mehr. Ich habe schlimme Momente durchlitten und schwere Prüfungen überstanden», sagte die immer noch sehr attraktive Frau in dem Interview. So waren die 90er Jahre eine reine Unglückskette. Am 2. August 1992 erlag ihr Ehemann mit 43 Jahren während des Urlaubs in St. Tropez an einem Herzversagen, wenige Monate später wurde bei ihr Brustkrebs diagnostiziert, 1997 verlor sie ihre Tochter und brach ihre Karriere ab.
Statt sich in die Musik zu stürzen, begann sie Frauen in Not zu helfen. «Ich konnte es nicht fassen, dass ich das erleben musste, wovon jeder sagt, es sei unmöglich, so etwas zu überwinden. So beschloss ich, eine Mutter zu werden, der es gelingt mit dem Gedanken, ein Kind verloren zu haben, zu leben», gestand sie. Seitdem pendelt sie zwischen Paris und Senegal, wo sie an ganz konkreten Projekten arbeitet wie einer Crêperie, in der vier Personen arbeiten. Dadurch können sie ihre Familien ernähren, wie sie erklärt.
Karriere-Höhepunkte
Gall hat sich im Laufe ihrer Karriere von der seichten Schlagersängerin zur Interpretin rockiger Popchansons mit anspruchsvollen Texten gemausert. Zu Beginn schrieb noch ihr Vater die Texte. Doch dann lernte sie Serge Gainsbourg kennen, das «enfant terrible» der damaligen Chanson-Szene, der in der Gall das Bild der Lolita sah. Mit Texten voller erotischer Anspielung stieg nicht nur ihr Bekanntheitsgrad. Auch die Skandale häuften sich, die ihrer Zusammenarbeit ein Ende setzten.
Der Erfolg stellte sich bereits als Teenager ein. Im Jahr 1965 gewann sie 17-jährig mit «Poupée de cire, poupée de son» beim Grand Prix. Nicht nur in Frankreich war die blonde und zierliche Sängerin ein Teenageridol. Zwischen 1966 und 1972 eroberte sie mit «Der Computer Nr. 3» und «Ein bißchen Goethe, ein bißchen Bonaparte» die deutschen Charts. Als sie Anfang der 70er Jahre den Musikstil änderte, ließ der Erfolg jedoch nach.
Erst die Begegnung mit dem Texter und Sänger Michel Berger brachte eine Wende: Er mixte angelsächsische Folk- und Rockeinflüsse mit modernen Chansontexten und sorgte für einen ganz eigenen Stil, in dem stets neue musikalische Trends mitklangen. Mit Berger, den sie am 22. Juni 1976 heiratete, feierte sie einige ihrer größten Erfolge wie «Aime-la», «Résiste», «Tout pour la musique» und «Ella elle l’a». Kein Wunder, dass sie ihrem Mann 20 Jahre nach seinem Tod ein Musical widmen will.
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