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Schnaps-Schmuggel-Ring ausgehoben

Schnaps-Schmuggel-Ring ausgehoben
(dpa)

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Rund eine Million Liter Schnaps haben Verbrecher in Deutschland und Italien über die Grenzen an der Steuer vorbei geschmuggelt und den Fiskus dabei um viele Millionen Euro geprellt.

Italienische und deutsche Ermittler hoben gemeinsam einen internationalen Schmugglerring aus, wie der Zoll am Dienstag in München mitteilte. Mehr als 20 Verdächtige sitzen in Italien und Deutschland in Untersuchungshaft. Die Drahtzieher lebten in Saus in Braus, kauften Immobilien und fuhren Luxusautos. In Deutschland gehe es um Steuerhinterziehung in Höhe von 3,5 Millionen Euro und in Italien von rund 6 Millionen Euro, teilten Vertreter der Ermittlungsbehörden beider Länder mit.

«Girotondo» haben sie das kriminelle Karussell genannt, mit dem der Alkohol an der Steuer vorbei über Manipulationen in mehreren Ländern an die Verbraucher kam. Eigentlich ist das die italienische Bezeichnung für einen Kinderreigen, doch in diesem Fall ging es um einen trickreichen Kreislauf. Unter den Verhafteten soll dem Vernehmen nach auch ein Rechtsanwalt sein.

50 LKW-Ladungen Alkohol

Die Täter kauften in Italien legal steuerfrei hochprozentigen Alkohol für den deutschen Markt, der dann hierzulande in sogenannten Steuerlagern hätte landen müssen. Der Schnaps – insgesamt rund 50 Lastwagenladungen voll Gin, Rum, Wodka, Limoncello, Sambuca und anderen Spirituosen – landete aber teils auf dem Schwarzmarkt oder direkt bei den Kunden, meist Großhändler oder Gastronomen. Diese bekamen den Alkohol günstiger, hätten von der Steuerhinterziehung aber nichts mitbekommen, sagte Christine Seibert vom Zollfahndungsamt München. «Alkohol hat in Deutschland keine Steuerbanderole.»

Um die Papiere um den vermeintlichen Bestand in den Steuerlagern zu bereinigen, seien Lieferungen an Scheinfirmen in Albanien vorgegaukelt wurden. Strohmänner und bestechliche Zollbeamte in Bari halfen dabei. Die Ware sei keineswegs gepanscht, sondern einwandfrei gewesen, sagte Seibert. «Es würde auch keinen Sinn machen, schlechte Ware zu verkaufen, da macht man sich ja seinen eigenen Markt kaputt.» Die Täter seien sehr professionell und konspirativ vorgegangen.

Der «Puppenspieler» zog alle Fäden

Den mutmaßlichen Organisator des Alkoholgeschäfts nannten die Ermittler «Puppenspieler» – der in Deutschland lebende Italiener zog vermutlich die Fäden. «Es ist eine sehr erfinderische Sache, man muss sich wirklich damit beschäftigen», sagte Martin Villgraber vom Referat Betrugsbekämpfung aus Bozen über die Masche. Valentina Cavalieri vom Referat Betrugsbekämpfung in Rom sagte, diese Art von Betrug erfordere eine gute Kenntnis der internationalen Regelungen.

Die Ermittler hörten 60 Telefonanschlüsse ab, und werteten 60.000 Datensätze aus 16 Email-Postfächern aus, bevor sie mit rund 70 grenzübergreifend abgestimmten Durchsuchungen zuschlugen. Allein in Deutschland müssen sich die Ermittler nun durch drei Lkw-Ladungen beschlagnahmten Materials kämpfen, bevor eine Anklage erhoben werden kann. Den Tätern drohen bis zu zehn Jahre Haft.