Künstler haben, vermutlich seit es Kunst gibt, ihre Kreativität gegen Mächtige und deren Handlanger verteidigen müssen. Gegen brunzschädlige Banausen, die bestimmen wollen, was in Sachen Kreativität erlaubt ist und was nicht. Was „schön“ ist und was „entartet“.
Zu denen, die sich berufen fühlen, die Kunst zu zensieren, gehört ungesunderweise auch die Weltgesundheitsorganisation WHO, die jüngst in ihrem „Smoke Free Movies Report“ bereits in dritter Auflage u.a. forderte, dass Filmkunstwerken, in denen geraucht wird, die staatliche Förderung entzogen werden soll. Gesundheitsmissionare als Zensoren: Das sollte niemanden überraschen. Krank ist es aber allemal. Wie jeder Tugendterror.
Es sei, so die WHO, wissenschaftlich erwiesen, dass rauchende Schauspieler unschuldige Kinderseelen dem Nikotinismus anheimfallen ließen.
Nehmen wir einmal an, das stimmte tatsächlich. Dann wäre das gewiss sehr bedauerlich. Aber wenn man alles, was irgendjemand als bedauerlich empfindet, verbietet, dann wird das Leben bald so trostlos und fad, dass es billigerweise kaum noch als lebenswert zu bezeichnen wäre. Und Selbstentleibung wg. Taedium vitae soll der Gesundheit ja nun auch nicht eben förderlich sein.
Denn man sollte einmal bedenken, welches Fass die Genfer Gesundheitsmandarine hier aufmachen wollen. Humphrey Bogart der Jugend zum Vorbild ohne seinen Trademark-Mégot? Warum nicht gleich Clint Eastwood mit Dreirad und Wasserpistole? Weniger riskant als Gaul und Colt. Und mithin zum Lobe gereichend, weil gesünder.
Bald darf James Bond nur noch Brokkolisaft nuckeln, weil sein geliebter Martini (ob geschüttelt oder gerührt ist da völlig schnuppe) die Leber zu meucheln droht.
Und Schnackseln ohne Lümmeltüte, so etwas, Mr. Bond, darf es in Zukunft in keinem Drehbuch mehr geben. Überhaupt ist zünftiger Sex, rein vom Standpunkt der Hygiene her betrachtet, eine unbeschreibliche Sauerei und sollte in Romanen und Filmen inskünftig grundsätzlich unterbleiben.
Theater und Oper sollte man übrigens gleich ganz verbieten: Bei Shakespeare wie Wagner pflegen am Ende die meisten Protagonisten mausetot zu sein. Kein Gesundheitsbewusstsein weit und breit. Reines Gift demnach für leicht zu beeindruckende Gemüter junger Menschen.
Etliche memorable Szenen in Kino und Belletristik ereignen sich bei Tische: In Bälde, so man die WHO gewähren lässt, sind dort dann Zucker-, Fett- und Cholesterinhaltiges absolut tabu.
Verantwortungsbewusste Schauspieler und literarische Figuren (also bitte nur solche mit Ideal-BMI) mümmeln dann Tofuquark und was Orthorektiker aus unerfindlichen Gründen sonst noch so für Lebensmittel halten.
Nie wird uns dann allerdings gegönnt sein, Depardieu in seiner Wunschrolle als Edith Piaf zu erleben. Ein Jammer.
Der hier Schreibende ist heute übrigens allein nur deswegen als „gravitationally challenged“ zu bezeichnen, weil er bereits als Kind Obélix für dessen faraminöse Fähigkeit bewunderte, ansatzlos ein ganzes Rudel gerösteter Wildsäue zu vertilgen.
Uderzo m’a exploser. Damals wähnte sich die WHO aber noch nicht als Kunstkritiker. Und wir Kinder durften unseren Spaß haben.
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