Die Revolution kommt etwas später im Vergleich zu anderen Eisenbahn-Netzen in Europa. Aber die SNCF (Link) hat sie nun fertiggebracht und bis in die letzte Einzelheit durchgespielt. Taktverkehr heißt das Stichwort, das in Lothringen alles auf den Kopf stellt, was man bisher als Eisenbahnverkehr kennt. Der Gewinner dabei ist der Grenzgänger, der zukünftig schneller, aber auch ohne Hetze seine Züge findet.
Revolutionärer Taktverkehr
Wie will die französische Eisenbahn das bewerkstelligen? Es gibt einen grundsätzlichen Takt je nach Destination. Züge fahren immer zur selben Zeit ab, also immer um 02, 12, 22 etc. Wer sich morgens verspätet, muss nicht mehr hetzen, muss seine Nerven nicht mehr verlieren, weil er nicht sofort einen Parkplatz am Bahnhof findet.
Die SNCF hat sich auf die Grenzgänger festgelegt. Sie bietet ab dem 3. April feste Fahrzeiten zwischen Luxemburg und Thionville, Uckange, Hettange-Grande und Metz.
Das Angebot ist unterteilt. Express-Regionalzüge, die nur an den genannten Bahnhöfen halten und die Strecke Luxemburg – Metz in 50 Minuten zurücklegen. „Proxizüge“ halten an allen Bahnhöfen und Haltepunkten zwischen Metz und Luxemburg. Am 3. und 4. April beginnt zwischen Lothringen und Luxemburg eine neue Zeitrechnung. Täglich soll es bis zu 123 Züge geben, die in den Luxemburger Bahnhof aus Lothringen hinein und nach Lothringen wieder herausfahren.
Herausforderung für die SNCF
Der Takt wird in den Spitzenzeiten zwischen Thionville und Luxemburg alle 71/2 Minuten sein. Zwischen Metz und Luxemburg werden es alle zehn Minuten sein. Die Verkürzung kommt daher, dass früh morgens und abends Züge für die Strecke Luxemburg – Thionville/Uckange eingeschoben werden. Grenzgänger kommen nicht nur aus Thionville und Metz. Es gibt täglich acht Direktverbindungen zwischen Luxemburg und Nancy. Zusätzlich können Nancy-Reisende in Metz umsteigen. Hier lag die Herausforderung für die SNCF. Die Umsteigezeiten für die Anschlüsse liegen zwischen fünf und maximal zehn Minuten. Und: Die Anschlusszüge fahren immer am selben Bahnsteig ab.
Die SNCF hat dabei auf der Nord-Süd-Route entlang der Mosel zwei Zentralpunkte eingerichtet: Metz und Nancy. Von Nancy aus gibt es feste Anschlüsse in die Vogesen, etwa nach Remiremont und in das Département Meuse, etwa nach Bar-le-Duc. Von Metz aus gibt es Verbindungen nach Straßburg und nach Forbach, von wo aus der Weg weiter nach Saarbrücken führt. Die Einführung des Taktverkehrs der Eisenbahn in Lothringen erhöht die Frequenz der Züge. Nach Luxemburg wird sie um 43 Prozent erhöht, was zu der Zahl von 123 Zügen führt. Zwischen Metz und Nancy gibt es ab April täglich 107 Verbindungen. Nach Bar-le-Duc von Nancy aus eine Verdoppelung mit 34 Verbindungen.
Nicht ganz klar ist in diesem System, wie sich die Linie 80 verhält von Thionville über Bettemburg und Belval nach Longwy. Die SNCF spricht hier von einem systematischen Anschluss. Allerdings hängt die Gestaltung vom Regionalrat ab, ist also politisch bestimmt. In der Regionaldirektion in Metz heißt es auf Tageblatt-Anfrage, dass es in Bettemburg Anschlüsse gibt. Der Sprecher ist sich aber nicht sicher, in welchem Takt sie fahren und ob es sich teilweise um Busverbindungen handelt. Auch im Saarland wird man sich Fragen stellen mit dem neuen Taktverkehr. Die Anzahl der Frequenzen zwischen Metz und Forbach steigt um acht Prozent auf 42 an. Wer dann weiter will nach Saarbrücken, muss in Forbach umsteigen.
Die SNCF hat seit vergangenem Juni den Bahnhof in Forbach umgebaut. Pünktlich zum Fahrplanwechsel am 3. April soll es dann 38 Shuttle-Zugverbindungen zwischen Forbach und Saarbrücken geben. Das Problem ist dabei ein altes: Würden die Regionalzüge durchfahren, müssten sie sich auf die andere Stromversorgung in Deutschland einstellen. Der am 3. Und 4. April beginnende Taktverkehr soll national und international nur ein erster Schritt sein.
Während des Sommers soll er seine Routine erreichen und im September, bei der Einführung des Winterfahrplans, dann erweitert werden, heißt es in der Regionaldirektion der französischen Eisenbahngesellschaft in Metz.
Der SNCF fehlen Lokführer
Voraussetzung dabei ist, dass die Unternehmensführung in Paris dabei mitspielt. Die hat gerade die Eisenbahn in Lothringen deutlich geschwächt. Drei Monate fallen etwa 25 Verbindungen täglich innerhalb Lothringens aus. Der Grund: Der SNCF fehlen Lokführer. Um den Großraum Paris weiter mit planmäßig fahrenden Zügen versorgen zu können, sind in einem ersten Schritt sechs Lokführer aus Lothringen abgezogen worden. Zwölf weitere sollen folgen.
Der Großraum Paris ist die französische Region, in der die SNCF die meisten Passagiere befördert und die stets ein Pulverfass ist. Allerdings, was die Passagiere angeht, die auf den Zug setzen, ist Lothringen Nummer zwei in Frankreich. Der Präsident der neuen Ost-Region hat daher einen deutlichen Protestbrief an den Vorstandsvorsitzenden der SNCF geschrieben und Schadensersatzforderungen angekündigt.
Der Personenverkehr in Lothringen wird vertraglich zwischen der Region und der Eisenbahngesellschaft geregelt. Die SNCF, so Philippe Richert, kommt mit der Einstellung von 25 Verbindungen ihren Verpflichtungen nicht nach. Allerdings soll die Moselstrecke von Luxemburg bis Nancy von der zeitweiligen Versetzung lothringischer Lokführer nicht betroffen sein.
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