Bis vor wenigen Jahren bewegte das Thema Freihandel – abgesehen von den direkt interessierten Konzernen – kaum jemanden. In Europa hat sich das mit dem Beginn der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) verändert. Doch nicht nur hier, auch in den Vereinigten Staaten entwickelt sich das Thema immer mehr zum Zankapfel – und das parteiübergreifend.
Während Hillary Clinton bei den Demokraten diese Art der Abkommen stark befürwortet, so ist ihr Gegenkandidat Bernie Sanders eher skeptisch eingestellt. Auch seitens der Republikaner herrscht keine Einigkeit mehr. Ted Cruz setzt auf den Freihandel – Donald Trump zählt zu den Skeptikern.
Dabei fürchten sich die Amerikaner nicht vor dem Abkommen mit Europa, sondern vor jenem mit Asien (TPP). Die Sorgen sind jedoch die gleichen: Firmen würden ihre Produktion in Billiglohnländer verlagern und im eigenen Land würden zwar billigere Waren angeboten – dafür stiege aber die Arbeitslosigkeit.
Befürworter argumentieren, dass die gesamte Welt von der resultierenden Arbeitsteilung profitieren werde. Und tatsächlich konnte in den letzten Jahrzehnten in vielen Ländern, etwa China oder Südkorea, dank des Handels eine neue Mittelschicht der Armut entrinnen. Laut Freihandels-Befürwortern müsste nun wiederum die Nachfrage dieser neuen wohlhabenden Menschen die Konjunktur in den „alten“ Ländern ankurbeln. Ein neuer Ausgleich wäre geschaffen, jeder Mensch wäre wohlhabender als vorher.
Das kleine Luxemburg hat seinen Platz in dieser Welt gefunden. Während wir billige Kleidung und Elektronik einkaufen, leisten sich die Chinesen Luxemburger Bier und kommen als Touristen in die Festungsstadt. Die Chilenen kaufen sich Luxemburger Investmentfonds und die USA Satellitendienstleistungen aus Betzdorf.
Doch viele große Länder haben diesen Umschwung nicht geschafft. Davon zeugen in Europa und in den USA das Verschwinden der Industrie, die steigende Arbeitslosigkeit, das wachsende Gefälle zwischen Reich und Arm und das Schrumpfen der Mittelklasse.
Nun einfach gegen Freihandel zu sein, wäre jedoch sinnlos. Wer sich vor dem Rest der Welt verschließt, der wird irgendwann den Anschluss verloren haben – Beispiele gibt es genug. Es ist an der Zeit, das Konzept hinter den aktuellen Freihandelsabkommen völlig neu zu überdenken. Das bestehende System der Freihandelsabkommen interessiert sich nicht für den Menschen und die Gesellschaft. Es versucht, spezifische Märkte für die eine oder die andere Interessengruppe zu öffnen. Themen wie Soziales, Umwelt, Visafreiheit, Menschenrechte oder Nachhaltigkeit spielen keine (oder kaum) eine Rolle. Verhandelt wird hinter verschlossenen Türen.
Verträge, die nur steigende Gewinne für Konzerne (durch Produktionsverlagerungen) und günstigere Preise für die Verbraucher versprechen, sind langfristig für die Gesellschaft nicht ausreichend. Gerade in einer Zeit, wo Europas Zentralbank versucht, die Verbraucherpreise durch Gelddrucken in die Höhe zu treiben.
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