Eine der größten Gefahren für den Anti-Doping-Kampf ist die Banalisierung des Themas. In den letzten Wochen gab es wieder einige gute Beispiele dafür.
Im Fall Christopher Jones – die positive Probe des Basketballspielers des T71 Düdelingen vom Pokalfinale Mitte März wurde vergangene Woche bekannt – wurde man den Eindruck nicht los, dass hier verharmlost wurde: „ein verzeihlicher Fehler“, „nicht so schlimm, wenn es sich nicht um eine leistungsfördernde Substanz handelt“. Mit dem jetzigen offiziellen Wissensstand ist es durchaus legitim, auf diese Weise nach außen zu reagieren. Tatsache jedoch ist: Es wurde ein Mittel gefunden, das im Wettkampf verboten ist. Der Sportler ist immer verantwortlich für die Substanzen, die sich in seinem Körper befinden.
Konsequenzen für das Team gibt es wohl keine: Laut Code der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA gibt es diese erst, wenn mindestens zwei Spieler einer Mannschaft positiv getestet werden.
Ein Gefühl der Banalisierung des Doping-Themas bekommt man immer wieder auch bei der Nummer eins der Tennis-Welt, Novak Djokovic. Am Rande der Laureus-Veranstaltung in Berlin sagte der Serbe am Montag dem TV-Sender CNN: „Die Medien konstruieren diese Geschichten. Solange es keinen Beweis gibt, dass jemand dopt, ist der Sport sauber. Ich bin stolz auf die Integrität des Sports.“ Das ist eine naive Aussage für einen eigentlich sympathischen und intelligenten Sportler. Aber die Fakten sind nun mal: Es gibt positive Dopingtests, in jeder Sportart. Durch Ignorieren und Abstreiten wird die Doping-Problematik nicht verschwinden.
Das wünscht sich wohl auch Wladimir Putin. Der russische Präsident sieht die Teilnahme der russischen Leichtathletik bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio in Gefahr. Jetzt hat er sich in der Meldonium-Diskussion zu Wort gemeldet: Das Herzmittel, auf das seit Beginn des Jahres 200 Sportler positiv getestet wurden, sei kein leistungsförderndes Mittel und würde die Ergebnisse nicht beeinflussen. Putin überschreitet damit sicherlich seinen Kompetenzbereich. Es ist bekannt, dass der russische Präsident auf sportpolitischer Ebene gerne die Fäden zieht, auch wenn er dies lieber hinter den Kulissen macht.
Das Problem ist: Es gibt eine große Unklarheit darüber, wie lange Meldonium im Körper bleibt. Kann ein Sportler nachweisen, das Mittel 2015, als es noch legal war, genommen zu haben, könnte eine Sperre ausbleiben. Die WADA hatte das Mittel zwar auf die Liste der verbotenen Substanzen gesetzt, hat aber den Zeitraum unterschätzt, wie lange die Substanz im Körper bleibt. Bleibt zu hoffen, dass die Glaubwürdigkeit der Anti-Doping-Bewegung nicht zu sehr leidet. Fatal wäre, wenn das Mittel wieder von der Liste genommen würde, wie der Produzent der Substanz jetzt fordert. Und Fakt ist auch, dass die WADA mit einer Welle an Klagen konfrontiert wird …
Die Null-Toleranz-Politik ist keine hohle Phrase, sondern macht Sinn. Die Gefahr, das Problem kleinreden und den Sport nur idealistisch sehen zu wollen, um sich das Mitfiebern nicht vermiesen zu lassen, vermittelt den Dopingsündern einen moralischen Vorsprung, den sie nicht verdient haben.
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