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Inhalte und Köpfe

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Umfragen und ihre Folgen

Die „Sonndesfro“ vergangener Woche hatte erste Anzeichen dazu geliefert. Die mehrheitlich negative Grundstimmung bei der Luxemburger Wählerschaft gegenüber der Regierungskoalition könnte sich verändern. Eine vorsichtige Bestätigung liefern die Ergebnisse unseres Politbarometers, eine Umfrage, die seit Jahren nach der Sonndesfro veröffentlicht wird. Mehr als auf die Sonndesfro wird auf diesen Stimmungsmesser gewartet, stehen hier doch nicht abstrakte Parteien, sondern die Gesichter von Politikern und Politikerinnen im Fokus.

Über die Jahre betrachtet ergibt sich ein klares Bild ihrer Popularität und ihrer Kompetenz. Wer würde einem inkompetenten bzw. unsympathischen Kandidaten wünschen, er möge in Zukunft eine wichtige Rolle in der Politik spielen?

Den Part des Übervaters hatte während Jahren der aktuelle EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker inne. Anders als auf dem Brüsseler Parkett konnte er sich seiner herausragenden Position beim Umfragevolk sicher sein. Egal, was er oder seine Partei taten, stets war er everybody’s darling. Diese Position hat ihm in der Zwischenzeit Außenminister Jean Asselborn entrissen.

Besonders erfreuen dürfte die in den letzten Jahren doch arg gebeutelten Sozialisten der Aufwärtstrend ihres 2013er-Spitzenkandidaten Etienne Schneider. Er legte im Zentrum dieses Mal um sieben Prozentpunkte zu, nach den 8 in der Juni-Umfrage. 15 Prozent in einem Jahr, das ist schon eine beachtliche Leistung. Die von ihm verkörperte Wirtschaftspolitik trägt erste Früchte. Zu nennen wären die Entwicklung des Logistiksektors, die er noch als Berater seines Amtsvorgängers Jeannot Krecké angeleiert hatte – sichtbarstes Zeichen davon ist die Rekonversion des Geländes des WSA-Lagers Bettemburg-Düdelingen. Und nun der Griff zu den Sternen, richtiger den Asteroiden als Rohstoffbasis. Luxemburg will eine wichtige Rolle beim Space Mining spielen. Schneider wird als der Macher in dieser Regierung betrachtet, der konkrete Projekte vorlegt und durchziehen will.

Derlei Projekte einer konkreten, bildlich darstellbaren Politik fehlen einem Regierungschef Xavier Bettel, auch wenn er als Primus inter Pares alle Erfolge und Misserfolge der Regierung mitverantwortet. Das erklärt wohl den zaghaften Fortschritt im aktuellen Politbarometer. Bettel plagt ein Image-Problem. Der Premier kommt gut rüber, vielleicht zu leichtfüßig. Zu anders für ein Land, das scheinbar immer Vaterfiguren an seiner Spitze benötigte. Man denke an Pierre Werner, Jacques Santer trotz seiner Schwächen und später den jungen, aber dennoch sich behäbig staatstragend gebenden Juncker. Da passt ein forsch auftretender junger Mann nicht in dieses verstaubte Konzept des Regierungschefs.

Dabei hat das Land mit Bettel nur das nachgeholt, was andere europäische Länder vor Jahren vorgemacht haben: ein Tony Blair in Großbritannien, ein Matteo Renzi in Italien, Manuel Valls in Frankreich, Elio di Rupo und nach ihm Louis Michel in Belgien. Auch sie fallen durch ihre Leichtigkeit des politischen Seins auf. Was sie jedoch nicht daran hindert ernsthaft Politik zu betreiben.Kaum trösten dürfte es die DP, dass CSV-Fraktionschef Claude Wiseler dieses Mal einen Sturz von zehn Prozentpunkten verzeichnet. Zusätzlich schmerzen dürfte ihn das Ergebnis der parteiinternen Rivalin aus dem Norden. Der bisher eher als Außenseiterin angesehenen Norddeputierten und erklärten Anwärterin auf die Spitzenkandidatur, Martine Hansen, gelang der Coup, sich prozentmäßig vor allen anderen parteiinternen Mitbewerbern zu platzieren.

Umfragen sind wohl Momentaufnahmen, doch sie sind für die Parteien und ihre Hauptprotagonisten ein nützliches Feedback-Instrument. Die CSV wird sich wohl mit der Frage befassen müssen, was sie, bzw. ihr Spitzenkandidat, in der Hauptstadt in den letzten Monaten falsch gemacht hat. Vielleicht bedeutet Politik in Luxemburg doch mehr als bloß über Spitzenkandidaten zu reden. Vielleicht kommt es doch noch auf Inhalte an. Schön wär’s allemal.