Es war ein ereignisreiches luxemburgisches Tennis-Wochenende, wenn auch zwei Mal mit dem „schlechten“ Ausgang. Das Davis-Cup-Team musste sich erst im letzten Einzel im fünften Satz gegen Norwegen geschlagen geben. Dieses knappe Ende war nicht von vielen so erwartet worden, auch nicht vom Autoren dieser Zeilen. Knapp war auch der Ausgang des ATP-Endspiels, wo Gilles Muller seinem ersten ATP-Titel so nah wie noch nie war. Was bleibt von diesen zwei Niederlagen?
Trotz des verpassten Finalsiegs war es für Muller die richtige Entscheidung, auf den Davis Cup zu verzichten. Der 33-Jährige braucht diese Spiele, um weiter Erfahrung auf diesem Niveau zu sammeln und den lange erhofften Titel zu holen. Solche Duelle wie am Sonntag in Newport schärfen auch den Killer-Instinkt, den Muller in der Vergangenheit immer wieder mal bei sich selbst „bemängelte“. Dieser Aspekt seines Tennis hat sich aber vor allem in diesem Jahr in die richtige Richtung entwickelt. Gilles Muller hat eine beeindruckende Rasen-Saison gespielt: 12 Siege, 5 Niederlagen (2 Endspiele). Nur das unnötige Zweitrundenaus in Wimbledon trübt die Bilanz ein wenig. Muller ist der Letzte, der sich damit zufriedengibt. Das hat man am Sonntag bei der Siegerehrung gemerkt, wo die Stimme sehr zittrig war. In den vergangenen Monaten ist er mit dem Ziel Turniersieg auch gegenüber den Medien offensiv umgegangen. Natürlich erhöht er den Druck damit noch einmal. Aber es war die richtige Entscheidung. Der offensive Umgang mit dem Ziel kann nur zur positiven Umsetzung verhelfen.
Als Gilles Muller in Newport auf dem Platz stand, kämpfte Gilles Kremer in Capellen im vierten Satz um den dritten Punkt im Davis Cup. Auch wenn im Vorfeld die Aussage stand „Wenn wir verlieren, haben wir es nicht anders verdient“, war der Abstieg unter den gegebenen Umständen sehr bitter. Auch hier war Glück ein Faktor. Der Vergleich nach der Fünf-Satz-Niederlage mit einem Elfmeterschießen war vielleicht etwas übertrieben, aber vom Gefühl her war es dasselbe.
Das Team hatte in puncto Aufstellung fast alles richtig gemacht. Nach der Begegnung ist man immer schlauer – hätte, wenn und aber … Mit einem weinenden Auge kann das FLT-Team aber auch auf das Erreichte zurückblicken. Die Mannschaft stand geschlossen zusammen und setzte viele Energien frei, vor allem am Sonntag. Der Fünf-Satz-Sieg von Ugo Nastasi hat nicht nur der Nummer eins dieser Partie gutgetan, sondern auch seinen Kameraden.
Schade und unerklärlich ist, dass an den drei Davis-Cup-Tagen nicht mehr Zuschauer auf der wunderschönen in Capellen kamen. Das Tennis-Niveau war beachtlich, von der Spannung gar nicht zu sprechen.Wie geht es aber nun weiter mit dem Davis-Cup-Team? Im Vorfeld ließ Kapitän Goudenbour anklingen, 2017 vielleicht komplett auf die Jugend zu setzen. Dies fällt bei der Leistung der erfahrenen Kremer und Scheidweiler zurzeit schwer. Der Trainerstab und der Verband haben aber nun ein Jahr Zeit, diese Thematik anzugehen. Es muss die richtige Mischung gefunden werden. Ein Einbinden der jungen Spieler muss fließend sein. Ob Gilles Muller 2017 in der Gruppe III mitspielt, ist ebenfalls sehr fraglich. Wenn der Linkshänder weiter so spielt wie am Sonntag, könnte dies jedoch schwierig werden. In solchen Fällen kommen immer wieder die Diskussionen auf, ob der Sportler sein Land im Stich lässt. Vor allem für einen Profi in einer Individualsportart steht die eigene Karriere – Resultate und Verdienst – im Mittelpunkt. Dies ist immer ein schmaler Grat, auch in der Außendarstellung. Im Zweifel gilt: Der Sportler ist im Recht.
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