Es gibt Berufe, da ist es kaum möglich, auf den öffentlichen Verkehr zurückzugreifen. Journalist ist ein solcher, und wenn dieser dann, wie der Autor dieser Zeilen, seine Redaktion in Esch und viele Einsätze in der Hauptstadt hat, erlebt er quasi täglich die zunehmenden Staus. Die Escher Autobahn wird nicht nur zu Spitzenzeiten zur nervenaufreibenden Geduldsprobe.
Dies allerdings, nachdem der gleiche Autor allmorgendlich den kilometerlangen Stau vor dem Ehleringer Tunnel an der Collectrice du Sud überstanden hat – einer Straße, die eigentlich eine Reihe von Südgemeinden vom Durchgangsverkehr befreien sollte und diese Funktion zu Beginn ihrer Inbetriebnahme auch erfüllte, mittlerweile aber zum Bypass für die ehemaligen Durchgangsstraßen degradiert ist.
Die Straßenbauverwaltung und der inzwischen grüne Bautenminister Bausch haben nun offensichtlich verstanden, dass der Stau vor dem Übergang zur Escher Autobahn, inklusive bürgerkriegsähnlicher Kämpfe, beim späten Einscheren in die richtige Spur Nerven und Geld kostet. Seit einigen Wochen wird an einer neuen Abfahrt, einer direkten Anbindung Richtung A4, gearbeitet, was zu einer gewissen Entlastung der Collectrice führen dürfte. Dass es zu den täglichen Komplikationen kommt, kann man dem damaligen Bautenminister Robert Goebbels nicht vorwerfen. Er wollte das Kreuz Collectrice/A4 großzügiger realisieren lassen, scheiterte aber am damaligem Protest der Grünen und des „Mouvement écologique“.
20 Jahre, zahlreiche grüne Bürgermeister und Schöffen und schließlich zweieinhalb Jahre Regierungsbeteilung später, sind die meisten Grünen offensichtlich zu Pragmatikern geworden.
François Bausch, ein früherer Eisenbahner, hat zwar das größte Investitionsprogramm in die Schiene seit dem Krieg aufgelegt, baut aber auch weitere Straßen und erweitert Autobahnen; so wird er zum Beispiel die staugeplagte Düdelinger Schnellstraße verbreitern. Dass er es war, der die Nordstraße einweihte, ist dabei eine Ironie der Geschichte oder des Schicksals, je nach Lesart.
Dass den Grünen mit der politischen Macht die Fundis verloren gingen, ist im Übrigen ein europäisches Phänomen. Auch in Deutschland setzten die Realos sich spätestens nach der Regierungsbeteiligung eines anfangs Turnschuhe tragenden Außenministers Joschka Fischers durch.
Nachdem in den letzten Jahrzehnten ob des anfänglichen Erfolges der grünen Bewegung quasi alle Parteien ökologisches Bewusstsein entwickelt haben, wird es auch zunehmend schwerer für die Grünen, ein Alleinstellungsmerkmal aufzuzeigen. In Luxemburg können sie immerhin mit einer gewissen Kompetenz und dem Umgehen jener Fettnäpfe punkten, in die Politiker anderer Couleur so gerne treten.
Inzwischen mäkelt auch das „Mouvement écologique“ an der Dreierkoalition mit grüner Beteiligung und findet in seiner Halbzeitbilanz der Regierungsarbeit, dass sich die Koalition in Sachen nachhaltige Entwicklung schwertue. U.a. fehle eine grundlegende Debatte zur Entwicklung des Landes, moniert die Organisation, die mittlerweile beobachten musste, wie das Streben nach Wachstum auch die Grünen so richtig packte.
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