Headlines

Kein Jota nachgeben

Kein Jota nachgeben
(Alain Rischard/editpress)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Mehr fremdenfeindliche Attacken seit Brexit-Referendum

Seit dem Referendum über den EU-Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union am 23. Juni mehren sich die Berichte über eine drastische Zunahme fremdenfeindlicher und rassistischer Attacken auf der Insel. Betroffen davon sind alle Menschen, die als nicht der einheimischen Bevölkerung zugehörig erkannt werden. Das bedeutet, dass nicht nur nicht-britische EU-Bürger fremdenfeindlich motivierten Pöbeleien bis hin zu physischer Gewalt ausgesetzt sind, sondern auch Menschen, die von außerhalb des Kontinents in das Vereinigte Königreich gezogen sind.

Die Fürsprecher eines Brexit haben, als sie die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU zu einem der Hauptprobleme der Mitgliedschaft des Landes in der Union gemacht haben, zwar auf die EU-Ausländer gezielt, allerdings alle anderen Ausländer mit getroffen. Wenn auch vielleicht gesitteter als eine Marine Le Pen oder ein Geert Wilders, so unterschieden sich die Aufwiegler wie Boris Johnson und Nigel Farage doch nicht von diesen in der Wahl ihrer Methoden. Sie bedienten sich ebenfalls gängiger Vorurteile und Lügen, um ihre Mär von den ausländischen Sozialschmarotzern unter die Wählerschaft zu bringen. Was dem ehemaligen Londoner Bürgermeister noch damit gedankt wurde, dass er nun als Außenminister das Land nach außen vertreten darf.

Mit der Fokussierung der Brexit-Befürworter auf die störenden Ausländer wurden offenbar Geister geweckt, die nun niemand so leicht mehr loswerden wird. Sie deuten die Mehrheit für einen Austritt aus der EU auch als eine Mehrheit für eine strikte Begrenzung des Zuzugs von Ausländern, wenn nicht gar als eine Aufforderung an diese, Großbritannien zu verlassen. Dies wird denn auch laut Berichten so manchen Opfern von fremdenfeindlichen Attacken nahegelegt. Angesichts dieser negativen Auswüchse ist davon auszugehen, dass die britische Regierung am Ende der Verhandlungen mit den EU-Vertretern über den Ausstieg aus der Union insbesondere in Sachen Migration und Personenfreizügigkeit den Zielen der Brexit-Befürworter gerecht werden muss. Alles andere dürfte umgehend als Verrat am Wählerwillen ausgelegt werden.

Für die Verhandler der EU muss dies jedoch bedeuten, dass sie in der Frage der Personenfreizügigkeit gegenüber den Briten kein Jota nachgeben dürfen. Nicht allein wegen des ohnehin grundlegenden Prinzips, dass die vier Freiheiten – des Personen-, Dienstleistungs-, Kapital- und Warenverkehrs – im EU-Binnenmarkt nur gemeinsam zu haben sind. Ebenso wichtig ist es, bei dieser Gelegenheit ein Zeichen zu setzen, dass das Schüren fremdenfeindlicher Ressentiments nicht auch noch dadurch gutgeheißen wird, dass Forderungen der Ausgrenzung und Abschottung Einzug in ein von der EU ausgehandeltes Abkommen halten.

Dazu könnten sich die EU-Bürger, wenn alles so abläuft, wie es sich derzeit ankündigt – ab Anfang 2017 zwei Jahre Verhandlungen zwischen London und Brüssel – dann äußern, wenn das Abkommen mit Großbritannien vorliegt. Denn 2019 stehen Europawahlen an und der neue Deal wird dann sicherlich ein Thema sein.