Das ist der Lauf des Lebens: Der eine, der große David Bowie, ist Anfang des Jahres gestorben. In Frankfurt schlüpfen voraussichtlich noch vor Jahresende jede Menge neue Bowies. Achtbeinige Exemplare allerdings, genauer gesagt: Riesenkrabbenspinnen. Zu ihnen gehört die Spezies Heteropoda davidbowie, die David-Bowie-Spinne. In einem Terrarium der Spinnen-Sonderausstellung im Senckenberg-Museum haben sich ein Weibchen und ein Männchen gepaart, nun wacht das Weibchen über einen diskusförmigen Kokon.
Entdecker taufte die Spinne
Den außergewöhnlichen Namen gab der Art ihr Entdecker, Spinnenexperte und Bowie-Fan Peter Jäger vom Senckenberg Forschungsinstitut. Der Hintergrund sei ein ernster gewesen, sagt er: das globale Artensterben. Wie schon bei anderen Aktionen habe er so Aufmerksamkeit für das Thema erzeugen wollen. «Weltweit werden viele Habitate zerstört», erklärt Jäger. Massenhaft werde Regenwald abgeholzt, auch in der Heimat von Heteropoda davidbowie, die in Teilen Malaysias, Singapurs, Thailands und Indonesiens lebt. Jäger benannte Spinnen auch schon nach dem Kabarettisten Dieter Hildebrandt, Altrocker Udo Lindenberg oder Punk-Ikone Nina Hagen.
Solche Initiativen helfen nach Ansicht des Spinnenexperten Lars Friman vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu), Menschen für Spinnen und deren Bedeutung zu sensibilisieren. Das sei wichtig, denn Spinnen seien Nahrungsgrundlage für viele andere Tiere. Dass das Artensterben bedenklich ist, untermauern Zahlen: Ein Forscherteam um Rodolfo Dirzo von der Stanford University schrieb 2014 im Fachmagazin «Science», dass bei den wirbellosen Tieren, zu denen auch Spinnen gehören, in den vergangenen 40 Jahren 45 Prozent der Arten verschwunden seien.
Spinne fällt aus der Reihe
Spinnenexperte Danilo Harms vom Centrum für Naturkunde der Universität Hamburg sagt: «Wir verlieren Biodiversität in einem Ausmaß, das nicht mehr feierlich ist.» Es sei eine «neue Zeit des Massenaussterbens». Viele Spinnenarten lebten in den Tropen – gerade dort verschwinde viel Lebensraum. Wo einst Urwald wucherte, sind heute oft Palmöl-Plantagen.
Jäger entschied sich im Fall von Heteropoda davidbowie 2008 wegen der auffälligen Gesichtszeichnung des Tieres für den Promi-Namen. Die Spinne falle aus der Reihe – so wie der singende Bowie das auch getan habe, sagt der Arachnologe. Gelblich-braun ist sie, bis zu 13 Zentimeter kann die Beinspannweite betragen. Sie kann beißen – gefährlich sei das für Menschen aber nicht.
Im Terrarium der Frankfurter Ausstellung war zunächst nur ein Weibchen. Vor einigen Wochen bekam Jäger eine Spinne mit der Bitte um Identifizierung zugesandt – es war ein Heteropoda-davidbowie-Männchen. «Wann die Begattung stattgefunden hat, wissen wir nicht», sagt Jäger. «Es dürften 150 bis 300 Eier in dem Kokon sein.» Mit dem Schlupf der Jungspinnen wird zwischen Weihnachten und Neujahr gerechnet – es wäre ein gelungener Schlusspunkt für die Schau, die am 8. Januar endet.
Laut Harms sind bisher rund 45.000 Spinnenarten weltweit wissenschaftlich beschrieben. Insgesamt seien es vermutlich bis zu 150.000. Es gibt also noch viel zu erforschen.
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