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Zur Krise der LSAP

In der sozialistischen Arbeiterpartei kriselt es zurzeit. Dies wurde jedenfalls vereinzelt im Hinblick auf den öffentlich ausgetragenen Generationenkonflikt vor dem Hintergrund der „Eng Posch voller Iddien“-Kampagne festgestellt, die die Präsidentin der „Femmes socialistes“, Cátia Gonçalves, zum Anlass nahm, von ihrem Amt zurückzutreten. Gonçalves hatte sich bereits im Juni dieses Jahres „aus persönlichen und beruflichen Gründen“ aus dem Petinger Gemeinderat zurückgezogen und verfügt seitdem nicht mehr über ein politisches Mandat. Dem Vernehmen nach will sie künftig auf der Zentrums-Liste der LSAP kandidieren, also gerade in jenem Wahlbezirk, dessen Sektion für die umstrittene Kampagne verantwortlich war.

Die Differenzen innerhalb der LSAP zeigen sich auch an anderen Stellen. Zwischen den sogenannten Links-Sozialisten und dem Partei-Establishment zum Beispiel, die sich zuletzt vor der Abstimmung über das CETA-Abkommen auf einem außerordentlichen Parteikongress eine offene Auseinandersetzung lieferten. Dabei ging es auch um ideologische Differenzen sowie wirtschafts- und sozialpolitische Meinungsverschiedenheiten.

In der mächtigen Partei, die seit 1984 fast ununterbrochen in der Regierung ist und auch in den meisten großen Gemeinden (mit Ausnahme der Hauptstadt) mitregiert, hat die politische Streitkultur Tradition. Vielleicht ist es sogar von Vorteil, wenn solche Diskussionen öffentlich ausgetragen werden, denn auf diese Weise wird auch die Vielfalt der Meinungen und Positionen nach außen hin demonstriert. Und je vielfältiger die Meinungen, desto mehr unterschiedliche Wähler können sich mit der Partei identifizieren.

Diese Vielfalt spiegelte sich kürzlich auch bei der Abstimmung über die Kirchen im Escher Gemeinderat wider. Zwei Schöffen und zwei Gemeinderäte der LSAP stimmten gegen den Vorschlag der rot-grünen Koalition, die drei Kirchen der Gemeinde in den Fonds zu übertragen. Hätten die Oppositionsvertreter von „déi Lénk“, KPL und DP sich nicht ausnahmsweise dem Vorschlag der Mehrheit angeschlossen, hätte der Gemeinderat den Beschluss zugunsten der CSV gekippt. Am Ende kam es aber anders und vielleicht steckte dahinter ja auch die Strategie, es sich mit der potenziellen christlichen Wählerschaft in der Minettemetropole nicht zu verscherzen.

Ein Abgrund tat sich aber kürzlich im Sanemer Gemeinderat auf. Dort wurde ein altgedientes LSAP-Mitglied quasi ausgebootet und von seinen eigenen Parteikollegen aus dem Vorstand des „Office social“ gewählt. Der Betroffene, der sich selbst den Linkssozialisten zurechnet, vermutet, dass seine Genossen ihn im Hinblick auf die anstehenden Wahlen loswerden wollten, weil er mit einem solidarwirtschaftlichen Projekt, das er mitinitiiert und -geleitet hat, zu erfolgreich gewesen sei.

Wenn es stimmt, dass Eifersucht, falsch verstandene Machtansprüche oder sogar „unüberwindbare Differenzen“ in der LSAP zu Mobbing und unfreiwilligen Parteiaustritten führen, wäre dies weitaus schlimmer als eine öffentliche Diskussion über Handtaschen. Sollten diese Anschuldigungen aber nicht stimmen, wäre es Aufgabe der Parteileitung, schnellstmöglich Klarheit in dieser Angelegenheit zu schaffen und entsprechende Gerüchte aus der Welt zu räumen.