Im Februar überschritt die Inflationsrate erstmals seit gut vier Jahren die magische Marke der Währungshüter von knapp unter zwei Prozent. Ein solcher Wert gilt als ideal für die Wirtschaft.
Seit längerem sorgt EZB-Chef Mario Draghi mit dem Ankauf von Staatsanleihen in großem Stil dafür, dass die Inflation angeheizt wird. Nun scheint er mit der Inflationsrate von exakt 2,0 Prozent am Ziel: Die Gefahr eines konjunkturschädigenden Preisverfalls auf breiter Front ist gebannt.
Experten streiten aber darüber, wie die Europäische Zentralbank nun reagieren sollte: «Die EZB-Mission ist noch nicht erfüllt», sagte BayernLB-Ökonomin Christiane von Berg. Das sieht Bayerns Finanzminister Markus Söder ganz anders: «Die Nullzinspolitik bei steigender Inflation ist verheerend für den Sparer. Die EZB muss schnellstmöglich beginnen, die Zinsen wieder Schritt für Schritt anzuheben», forderte der CSU-Politiker von der unabhängigen Notenbank. Auch Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise ist für ein Umsteuern: «Wir brauchen keine Krisenpolitik mehr», sagte er dem «Münchner Merkur».
«Wir brauchen keine Krisenpolitik mehr»
Der EZB-Rat kommt am Donnerstag nächster Woche zusammen, um über den weiteren Kurs zu beraten. Seit rund zwei Jahren werden monatlich über Staatsanleihenkäufe Milliarden in das Finanzsystem gepumpt. Zudem liegen die Leitzinsen seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Banken müssen sogar eine Strafgebühr berappen, wenn sie Geld bei der EZB parken.
Befürworter der lockeren EZB-Linie verweisen darauf, dass die Inflation maßgeblich vom starken Ölpreisanstieg angetrieben wird. Für Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak mussten die Verbraucher 2,5 Prozent mehr bezahlen als im Vorjahresmonat. Klammert man diese beiden Treiber aus, schrumpft die Inflationsrate auf vergleichsweise niedrige 0,9 Prozent zusammen.
«Zu früh um die Geldpolitik zu verändern»
Der Chef des Berliner Forschungsinstituts DIW, Marcel Fratzscher, ist auch deshalb der Meinung, die EZB solle Kurs halten: «Forderungen aus Deutschland an die EZB, ihre Geldpolitik zu ändern, sind verfehlt und verfrüht». Die Wirtschaft im Euro-Raum sei noch immer in einer schwierigen Lage.
EZB-Chefvolkswirt Peter Praet hatte jüngst deutlich gemacht, dass die Währungshüter auch politische Risiken ins Kalkül ziehen müssen: Mit Blick auf den möglichen Aufstieg rechter Kräfte bei den Wahlen in den Niederlanden und Frankreich treibe die EZB die Sorge vor «politischen Unfällen» um. Zudem geißelte er die Pläne des US-Präsidenten Donald Trump, hohe Zölle auf importierte Waren aus Billiglohnländern zu erheben. Wenn dies Schule mache, könne die Weltwirtschaft in einen Teufelkreis hineingeraten.
Angesichts solcher Risiken dürfte die EZB vorerst auf Sicht fahren, vermuten manche Fachleute – auch, weil die Inflationsrate womöglich schon bald wieder sinken wird. Ökonomin Gizem Kara von der französischen Großbank BNP Paribas glaubt, dass der Februar der Monat mit dem stärksten Ölpreisanstieg gewesen sein wird. Der Preis für das Fass der Nordseesorte Brent war Anfang 2016 bis auf 27,10 Dollar abgestürzt – danach ging es wieder aufwärts. Aktuell liegt er bei 55 Dollar. Kara erwartet, dass deshalb bei der Inflation der Höhepunkt nun erreicht ist. Ab April werde die Teuerung wieder zurückgehen und im Dezember dann nur noch bei 1,6 Prozent liegen, so ihre Prognose.
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