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Wie lange noch?

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Sozialsektor: Grüße von Spoerl

Am 4. Juni letzten Jahres fand in Luxemburg-Stadt die größte Demonstration seit langem statt. Über 9.000 Mitarbeiter des Gesundheits- und sozio-edukativen Sektors (SAS, „Secteur d’aides et de soins“) sowie des Krankenhausbereichs (FHL) forderten, dass die ihnen zugesagten Rechte endlich auch Realität werden. Das Erstaunliche an der Demonstration war, dass trotz dieser massiven Teilnahme alle Dienste funktionierten. Tagesstätten, „Maisons relais“, Hilfsdienste zuhause, Krankenhäuser, alles ging seinen gewohnten Gang. Und dies in zwei Sektoren, in denen mit 12.000 SAS- und 9.000 FHL-Mitarbeitern insgesamt also lediglich 21.000 Menschen beschäftigt sind.

Fast ein Jahr später ist es, als sei nichts passiert. Wenn jedoch 9.000 an einer Demonstration teilnehmen, zeigt dies, wie groß der Unmut in den beiden Sektoren schon war und inzwischen sein muss. Der Unmut darüber, dass die einen seit 2007 (SAS) und die anderen seit 2009 (FHL) keine Lohnerhöhung mehr zugestanden bekamen. Der Unmut darüber, dass trotz Versprechen der Regierung die Arbeitgeber die Karrieren in den beiden Bereichen immer noch nicht jenen beim Staat angepasst haben. Der Unmut darüber, dass Punktwertanpassungen und das Auszahlen von einmaligen Prämien, parallel zum Staat, in beiden Sektoren von den Arbeitgebern nicht bezahlt werden. Der Unmut darüber, dass gleichzeitig die beruflichen Anforderungen ständig zunehmen. Der Unmut über zunehmenden Papierkram. Der Unmut darüber, dass man wegen zu dünner Personaldecken die eigene Arbeit nicht mehr so gestalten kann, wie man das eigentlich gerne tun möchte. Dennoch wird weitergearbeitet, werden Nachtarbeit, Bereitschaftsdienst und körperliche Anstrengungen in Kauf genommen.

Verhandlungen über einen neuen Kollektivvertrag stocken

Weil man mit Menschen zu tun hat. Menschen, die ohne die Mitarbeiter beider Sektoren schlecht dran wären. Und honoriert wird nichts. Die Verhandlungen über einen neuen Kollektivvertrag stocken in beiden Bereichen. Während es im FHL nun doch endlich langsam voranzugehen scheint, blockieren die SAS-Arbeitgeber weiterhin auf ganzer Ebene. Dabei hat der Staat die Gelder zur Anpassung der Karrieren im SAS-Bereich bereits für die nächsten fünf Jahre budgetär verankert. Die Regierung will die Anpassungen, die auch öffentlich finanziert werden sollen. Doch während jeder Bürger im Lande bereit ist, dies anzuerkennen und auch entsprechend zu honorieren, schalten die SAS-Arbeitgeber auf stur. Sie stellen sich, frei nach Heinrich Spoerl, „mal janz dumm“. Der Staat hat die öffentlichen Gelder für die Anpassung der Karrieren nur für fünf Jahre zur Seite gelegt? Also stimmen die SAS-Arbeitgeber auch nur einer Karriereaufwertung für die nächsten fünf Jahre zu, basta, Regierungsgarantie hin oder her – während die Gewerkschaften diese Anpassungen endgültig im Kollektivvertrag festhalten wollen. Die Arbeitgeber tun so, als ob die nächste Regierung die ausgehandelten Karrieren nach fünf Jahren aufkündigen könnte oder wollte. Gemäß dieser Logik kann in Luxemburg überhaupt kein Kollektivvertrag mehr ausgehandelt werden.

Was dann doch das ungute Gefühl aufkommen lässt, als würden einige Akteure hier politisch vorgehen, um die versprochenen Reformen der Regierung so lange wie möglich hinauszuzögern und den bei einer Nicht-Einigung möglichen Streik im Herbst regelrecht herbeizuführen. Hoffentlich trügt der Schein. Tatsache bleibt: Bei den Verhandlungen kommt durch die SAS-Arbeitgeberseite keine Einigung zustande. Und alle schauen zu. Wie lange noch?