Das überschuldete Griechenland bekommt frisches Geld. Die Euro-Finanzminister einigten sich am Donnerstagabend nach monatelangem Hin und Her auf die Freigabe von rund 8,5 Milliarden Euro aus dem Eurorettungsschirm ESM. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) sagte nach langem Zögern formal seine Beteiligung an dem Hilfsprogramm zu, auch wenn er zunächst kein eigenes Geld gibt.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zeigte sich zufrieden mit den Beschlüssen. «Ich glaube, wir haben insgesamt eine vernünftige Linie erreicht», sagte der CDU-Politiker am Donnerstagabend der Deutschen Presse-Agentur. «Die Reformen werden der griechischen Wirtschaft nützen. Und wir haben weitere Verunsicherung in der Eurozone vermieden.» Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sprach von einem «großen Schritt nach vorn». Der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos sagte: «Jetzt gibt es Licht am Ende des Tunnels.»
Licht am Ende des Tunnels
Monatelang rang Griechenland mit seinen Gläubigern um die Auszahlung der nächsten Tranche aus dem seit 2015 laufenden Rettungsprogramm, für das bis 2018 bis zu 86 Milliarden Euro bereit stehen. Athen hatte als Vorleistung zuletzt nochmals harte Sparmaßnahmen auf den Weg gebracht – so hart, dass am Donnerstag in Athen etwa 5000 Rentner wegen der geplanten Kürzung ihrer Bezüge auf die Straße gingen.
Mit den Reformen sind die Gläubiger zufrieden. Doch gab es bis zuletzt Streit über die Beteiligung des Internationalen Währungsfonds und Schuldenerleichterungen, die sowohl der IWF als auch Griechenland für unabdingbar halten. Dabei geht es um Streckung von Zins und Tilgung, nicht aber um eine Streichung von Schulden.
Hilfeprogramm
Schäuble lehnte es erneut strikt ab, schon jetzt Zusagen für solche Erleichterungen zu machen. Vielmehr berief er sich auf Abmachungen vom Mai 2016, dass man erst 2018 nach dem Ende des Hilfsprogramms darüber reden solle – sofern dies dann nötig ist. Ziel des laufenden Hilfsprogramms sei es ja gerade, Griechenland zu befähigen, wieder auf eigenen Beinen stehen zu können, sagte er am Donnerstagabend im ZDF-«heute journal». Er gehe davon aus, dass das Programm «Erfolg hat und die griechischen Schulden dann tragfähig sind». Die Prognosen, wie Griechenland 2018 dastehen wird, gehen derzeit weit auseinander.
Für den Kompromiss am Donnerstagabend wurde in einer Erklärung nun etwas genauer aufgeschlüsselt, welche Schuldenerleichterungen möglich wären, wenn sie denn 2018 gebraucht werden. Damit zeigte sich auch der IWF zufrieden, der die Lage in Griechenland pessimistischer einschätzt als die Europäische Union. Nun legt die Washingtoner Institution ein eigenes Kreditprogramm zu günstigen Konditionen auf, zahlt aber erst Geld aus, wenn der Disput über die Verschuldung beigelegt ist.
«Gewisse Abweichung von dem, was beschlossen war»
Dazu sagte Schäuble, das sei eine «gewisse Abweichung von dem, was beschlossen war». Der Haushaltsausschuss des Bundestags werde sich am Freitag damit beschäftigen. Sollte der Ausschuss der Auffassung sein, dass eine «wesentliche Änderung» des 2015 aufgelegten Hilfsprogramms vorliege, müsste das Plenum des Bundestags sich mit einem neuen Mandat befassen. «Wir gehen davon aus, dass das nicht eine wesentliche Änderung des Programmes ist – das wird aber letzten Endes der Haushaltsausschuss zu entscheiden haben», sagte Schäuble den ARD-«Tagesthemen».
IWF-Chefin Christine Lagarde reiste nach Luxemburg und bestätigte am Abend die Einigung. Sie werde dem Führungsgremium des IWF eine «Genehmigung im Prinzip für ein Stand-by-Programm für Griechenland» vorschlagen. Was das bedeutet, erklärte Lagarde so: «Was heißt Genehmigung im Prinzip? Das erlaubt es uns, die Gewinne zu heben, die Griechenland durch seine Reformen gemacht hat, und lässt mehr Zeit, um die Verhandlungen über die benötigten Schuldenerleichterungen abzuschließen.»
Der IWF fürchtet, dass die Schuldenlast Griechenlands von derzeit 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ohne weitere Unterstützung nicht auf Dauer tragbar ist. Schäuble hofft indes, dass die wirtschaftliche Entwicklung in Griechenland durch die beschlossenen Reformen beflügelt wird und nach 2018 keine weiteren Hilfen nötig werden.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können