Die Sozialwahlen in Luxemburg werden immer wieder als die größten, teilweise sogar als die demokratischsten Wahlen des Landes bezeichnet. Bis heute konnten 616.754 Arbeitnehmer in Luxemburg, unabhängig von ihrer Nationalität oder davon, in welchem Land sie wohnen, von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen und die Vertreter in der „Chambre des salariés“ wählen.
Heute wird aber auch in sämtlichen Betrieben ab 15 Mitarbeitern ein neuer Betriebsrat gewählt. Eine Wahl, die derjenigen der „Chambre des salariés“ in puncto Wichtigkeit in nichts nachsteht. Jeder, der für seinen Lebensunterhalt arbeiten muss, hat Interesse daran, dies unter möglichst guten Bedingungen zu tun.
1.483 Stunden arbeiteten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Luxemburg durchschnittlich im Jahr 2022. Dass es nicht mehr sind, haben wir dem gesellschaftlichen Fortschritt zu verdanken, der seit weit mehr als einem Jahrhundert durch die Arbeiterbewegungen und Gewerkschaften vorangetrieben wird. Errungenschaften wie der Acht-Stunden-Tag oder die 40-Stunden-Woche, die Familien- oder Geburtenzulage liegen lange zurück, doch ohne Einsatz der arbeitenden Bevölkerung wäre es nie dazu gekommen. Es sind zudem Errungenschaften, die sich nicht ausschließlich auf das Arbeitsumfeld beschränken, sondern auch das Leben im Allgemeinen positiv beeinflussen.
In dem Sinne sind die Sozialwahlen mit der Wahl der Betriebsräte eine Möglichkeit, den sozialen Fortschritt aus einer Bottom-up-Perspektive weiter voranzutreiben. Die aktuelle CSV-DP-Regierung hat in den ersten Monaten der Legislaturperiode bereits unter Beweis gestellt, dass sie eine wirtschaftsfreundliche Politik verfolgt, die in erster Linie dem Patronat entgegenkommt. Arbeitgeber fordern schon wieder öffentlich einen Karenztag, wollen dem Arbeitnehmer im Falle einer Krankmeldung also einen Tag keinen oder weniger Lohn zahlen. Das beste Mittel, sich gegen solche Angriffe zu verteidigen, ist der Kollektivvertrag. Dieser kann nur von repräsentativen Gewerkschaften ausgehandelt werden, was wiederum ein starkes Argument dafür ist, bei der Wahl des Betriebsrats gewerkschaftlich organisierte Vertreter zu stärken. Die Macht eines Kollektivvertrages sollte jedenfalls nicht unterschätzt werden. Das Arbeitsrecht sichert einem zwar den Mindestlohn und 26 Tage bezahlten Urlaub – alles, was darüber hinausgeht, ist allerdings Verhandlungssache zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Und hier hat der Arbeitnehmer deutlich bessere Karten, wenn die Verhandlungen über einen Kollektivvertrag laufen können.
Die beiden Gewerkschaften, die über eine nationale Repräsentativität verfügen, der OGBL und der LCGB, haben im Vorfeld der Wahlen neue Rekorde bei der Aufstellung der Kandidaten vermeldet. Hinzu kommen die Kandidaten der kleineren Gewerkschaften sowie diejenigen, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Sie alle können den sozialen Fortschritt unserer Gesellschaft voranbringen und tragen eine große Verantwortung für ihre Mitarbeiter. Und der gesellschaftliche Fortschritt ist nachhaltiger, wenn er von der Basis ausgeht.
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