Das sportliche Multitalent Fredy Koch ist tot. Bis ins hohe Alter prägte der am 30. Mai 1930 geborene „Ur-Escher“ das Stadtbild rund um die Alzettestraße. Denn er war stets in Sportbekleidung unterwegs. Im Sommer hieß das Short und Muskelhemd. Fredy war stolz auf seinen Körper, und das durfte er auch sein. Im Alter von 43 Jahren hatte er 1973 mit Bodybuilding angefangen und war somit hierzulande ein echter Pionier des Anfang der 1970er Jahre aus den USA nach Europa überschwappenden Körperkults. 1976 wurde er „Mister Luxemburg“ im Bodybuilding und nahm an internationalen Meisterschaften teil. Er wurde EM-14. in Helsinki (FIN) und WM-21. in Montreal (CAN).
Sein Steckenpferd war allerdings der Judosport. Den betrieb Fredy Koch seit 1961. Er schaffte es bis zum schwarzen Gürtel, 3. Dan. Dan wird der Meistergrad im Judo bezeichnet (von 1 bis 10). Koch gehörte dem Judo-Club Esch an und trainierte dort jahrelang den Nachwuchs. Unter anderem den heutigen Escher Bürgermeister Georges Mischo: „Er war sehr streng“, erinnert sich Mischo, „aber auch sehr menschlich und nett zu uns. Zuletzt sagte er mir, dass er stolz sei, dass einer seiner Schüler es bis auf den Bürgermeisterstuhl gebracht hat. Für Esch und den Escher Sport ist sein Tod ein großer Verlust.“ Fredy Koch jedenfalls trug stolz bei Veranstaltungen wie dem Nationalfeiertag die Uniform des Judo-Club Esch, für den er auch im Vorstand saß. Auf der Escher Sportlerehrung 2015 wurde er für 30 Jahre Vorstandsarbeit geehrt.
Am Anfang war das Radfahren
Angefangen hatte seine Begeisterung für den Sport mit dem Radfahren. Mit 17 Jahren kaufte er von seinem Ersparten ein gebrauchtes Fahrrad. Er wollte sich einem Escher Radsportverein anschließen, allerdings wurde dort über sein Material die Nase gerümpft, weshalb sich Koch schlussendlich dem Tetinger Klub anschloss. Er unternahm in den Ferien lange Radtouren. Die erste führte ihn 1953 über 750 km von Esch via Trier und Rüdesheim nach Koblenz und wieder zurück. Im Jahr darauf pedalierte er 1.930 km in neun Etappen durch die Niederlande. Viele weitere Touren sollten folgen. Die letzte startete Fredy Koch 1972, als er mit dem Fahrrad zu den Olympischen Spielen nach München fuhr. Neben seinen ausgiebigen Touren fuhr er ebenfalls Cyclocross-Rennen in Luxemburg.
Damit nicht genug. Bei der Espérance bewies Fredy Koch sein Talent als Turner, später entdeckte er das Laufen für sich. Noch bis ins hohe Alter nahm er am „Escher Kulturlaf“ teil. Außerdem war er Landesmeister im Gewichtheben. Von all diesen Erfolgen konnte Koch mit Leidenschaft berichten. Seine kleine Wohnung am Boulevard Kennedy war eine einzige Trophäensammlung. „Der Sport hat mir geholfen, meinen Charakter zu formen“, sagte Koch in einem Interview mit dem Tageblatt im Jahr 2008, „er hat mich an Disziplin gewöhnt und mir das Siegen beigebracht. Was aber das Wichtigste war, er hat mich gelehrt, nach einer Niederlage wieder aufzustehen. Kurz resümiert: Ich schätze und liebe den Sport, er war und ist mein Leben.“ Der Sport war auch seine einzige Liebe, eine Familie hatte Koch nicht.
Der Bergmann Fredy Koch
Fredy Koch war Sohn eines Hüttenarbeiters. Früh fing er an, im Bergbau zu arbeiten und legte dort die typische Bergarbeiterkarriere hin: Lehrling, Schlepper und dann Hauer. Etwas mehr als 30 Jahre lang arbeitete er unter Tage. Davon berichtete er bei seinem letzten großen öffentlichen Auftritt in der Escher Gemeinde anlässlich des „Bärbelendag“ 2019: „Alle meine Kumpels sind tot“, sagte er damals mit Tränen in den Augen, „und ich habe eine Reihe von ihnen ‚unter Tage‘ verloren. Trotz alledem bin ich stolz auf meinen Beruf. Ich bin stolz, ein ‚Mineur‘ gewesen zu sein.“
Auch 2021 war Koch bei der „Bärbelenfeier“ dabei, wenn auch gesundheitlich angeschlagen. Wie immer höflich, korrekt und zuvorkommend. Nun ist der Kumpel gegangen. „Gléck op, Sportler!“
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