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EditorialEindimensional: Zum Sinn und Unsinn von Bodycams

Editorial / Eindimensional: Zum Sinn und Unsinn von Bodycams
 Foto: dpa/Sebastian Gollnow

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„Die Polizei verfügt über das Monopol der Gewaltausübung, das ist eine große Verantwortung, die verlangt, dass man sich selbst infrage stellt.“ Dieses Zitat entstammt einem Wort-Interview mit Polizeiminister Henri Kox („déi gréng“) aus dem vergangenen Jahr. Es fasst zusammen, was in der Diskussion über den Einsatz von Bodycams bei der Polizei zu kurz kam. Mitte Juli war das neue Gesetz mit den Stimmen der Dreierkoalition verabschiedet worden. Ein Gesetz, das niemanden so richtig zufriedenzustellen scheint. 

3.141 Mitarbeiter hatte die Polizei Anfang Juli. Vor fünf Jahren waren es noch 2.400. Im Oktober wird eine weitere Einstellungsoffensive gestartet. So soll nicht nur der Personalmangel bekämpft werden, sondern auch auf die sich verkomplizierenden Arbeitsverhältnisse reagiert werden. Bei der Debatte im Parlament war die Rede von einer Verrohung der Sitten, mit der die Ordnungshüter in ihrer täglichen Arbeit konfrontiert seien. Um sie besser zu schützen, sollen sie mit Bodycams ausgerüstet werden. Denn bei laufender Kamera überlegt sich ein vermeintlicher Missetäter wohl zweimal, wie er der Polizei gegenübertritt. Unberechtigte Vorwürfe gegenüber den Beamten können ebenfalls mithilfe der kleinen Kameras verhindert werden. So sollen die Videoaufnahmen auch dabei helfen, die Legalität ihrer Handlungen zu beweisen.

So weit, so gut. Die Menschenrechtskommission (CCDH) wies in ihrem Gutachten zum Gesetz nicht zu Unrecht darauf hin, dass Bodycams ursprünglich im Ausland mit dem Ziel eingeführt wurden, den Bürger vor Polizeigewalt zu schützen. Es ist nicht so, dass polizeiliche Willkür in Luxemburg an der Tagesordnung wäre. Die allermeisten Polizisten erledigen ihre Arbeit nach bestem Gewissen. Aber schwarze Schafe gibt es auch unter den Uniformierten, wie die jüngste Episode in der hauptstädtischen Bahnhofswache zeigte.    

Dem trägt das neue Gesetz aber nur ungenügend Rechnung. Nur der Polizist entscheidet, ob und wann die Kamera eingeschaltet wird. In Stresssituationen könnte das nicht zur obersten Priorität der Beamten gehören. Zudem hat nur der Polizist uneingeschränkten Zugang zur gespeicherten Aufnahme. Der gefilmte Bürger dagegen nicht. Bei der Parlamentsdebatte wurde das nur ungenügend thematisiert, der Schutz des Polizisten vor Gewalt wog hier deutlich schwerer als der Schutz des Bürgers vor Polizeiwillkür.  

Aus Datenschutzgründen können die Kameras nicht permanent laufen. Einen Schutz dagegen, dass die Kamera in manchen Situationen ausgeschaltet bleibt oder zu spät eingeschaltet wird, gibt es nicht. Weshalb nicht nur die Menschenrechtsorganisation Amnesty International fordert, „dass auch auf Verlangen von kontrollierten Personen oder Dritten die Kamera eingeschaltet wird“. In Deutschland, wo die Polizei seit mehreren Jahren mit Bodycams ausgerüstet ist, hat sich in der Praxis gezeigt, dass die Kameras bei umstrittenen Einsätzen auffallend häufig ausgeschaltet sind. So zum Beispiel im letzten Sommer in Dortmund, als ein 16-Jähriger durch fünf Kugeln aus einer Polizeiwaffe tödlich verletzt wurde, aber keiner der zwölf Polizisten vor Ort seine Kamera eingeschaltet hatte. 

Im Sinne der Transparenz ist das neue Gesetz demnach nicht. Und zu einem verbesserten Vertrauensverhältnis zwischen Polizist und Bürger tragen die Bodycams so auch nicht bei. 

Nomi
8. August 2023 - 22.16

Di einfachsten Sachen funktionei'eren am beschten.
1) Emmer obhuelen wann dei' Bodycam gedro'en gett.
2) Nemmen een Untersuchungsriichter kann se kucken wann een Bedarf oder een Fall viirleit. Den Polizist selwer kann se net kucken.
3) Soss ginn se no 6 Meint gelaescht !

Tola
8. August 2023 - 16.35

"Denn bei laufender Kamera überlegt sich ein vermeintlicher Missetäter wohl zweimal, wie er der Polizei gegenübertritt."

Der Polizist auch.