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EditorialAbgehängt und enttäuscht: Wieso rechte Parteien im Aufschwung sind

Editorial / Abgehängt und enttäuscht: Wieso rechte Parteien im Aufschwung sind
 Symbolfoto: Editpress-Archiv/Julien Garroy

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(Extrem) Rechte Parteien sind in ganz Europa im Aufschwung – und auch Luxemburg ist keine liberale Insel, die vor solchem Gedankengut gefeit ist. Ob die AfD in Deutschland, das Rassemblement national in Frankreich, Vox in Spanien, Fratelli d’Italia in Italien, die FPÖ in Österreich, Vlaams Belang in Belgien oder die ADR in Luxemburg – die politischen Erfolge der letzten Jahre und Monate sprechen eine klare Sprache. Diese Parteien zu ignorieren und unkommentiert zu isolieren, tut ihrer wachsenden Popularität keinen Abbruch. 

Vielmehr müssen sich die etablierten Parteien endlich damit auseinandersetzen, wieso Wähler ausgerechnet jenen Politikern ihre Stimme geben – und was das über ihr eigenes Versagen aussagt. Studien zeigen, dass ein Teil der Menschen den rechtsextremen Parteien ihre Stimme gibt, da sie sich schlichtweg abgehängt fühlen. Das ist teilweise sogar wirklich der Fall: Das soziale Gefälle wird immer steiler, das komfortable Leben einer breiten Mittelschicht ist für viele passé und die Multikrisen bauen zunehmend Druck selbst auf jene aus, die noch mit etwas Glück Reserven haben. Gleichzeitig fahren Großkonzerne riesige Gewinne ein, und die Reichen werden immer reicher. Dass sich dann – berechtigterweise – Frust aufbaut, wenn die etablierten Parteien den Mut nicht haben, echte Umverteilungsmaßnahmen einzuführen, ist verständlich. 

Doch Frust alleine kann den Erfolg nicht erklären. Denn es gibt auch jene rechten Wähler, denen es eigentlich überhaupt nicht so schlecht geht – aber die sich trotzdem abgehängt fühlen. Vielleicht, weil die gesellschaftlichen Veränderungen ihnen zu schnell gehen oder sie für ihre Zukunft einfach schwarz sehen. Ersteres betrifft vor allem ältere Personen, die sich zum Beispiel durch die sich beschleunigende Digitalisierung aus ihrer Komfortzone gedrängt fühlen. Und je hilfloser und überfahrener sie sich fühlen, desto leichter ist es, jeden Fortschritt, auch wenn er den besten Schritt für die Gesamtgesellschaft bedeutet, als persönlichen Angriff anzusehen. Wieso soll man auf die Privilegien verzichten, für die man ein ganzes Leben gearbeitet hat, argumentieren einige.

Derweil haben vor allem junge Wähler mit anderen extremen Herausforderungen zu kämpfen. Von den hohen Lebenshaltungskosten, der immer dringender werdenden Klimalage und den schier unendlichen Schulden bis hin zu einer globalen Wirtschaft, die scheinbar nur einen winzigen Schritt vom Kollaps entfernt ist: Zu viele junge Menschen sehen keine lebenswerte Zukunft für sich und wissen, dass ihnen ein komfortables und chancenreiches Leben wie das anderer Generationen verwehrt bleiben wird, egal, wie sehr sie sich anstrengen. Ihre Wut richtet sich auch gegen die etablierten Parteien. Immerhin waren diese jahrelang an der Macht und haben nichts unternommen, um die drohende Katastrophe abzuwenden. 

Wer frustriert, enttäuscht und wütend ist, eignet sich als leichte Beute für die politischen Rattenfänger in den rechten Ecken. Diese haben zusätzlich noch entdeckt, dass internationale Kooperation, bei der man die besten Ideen austauschen kann, wie man mehr Anhänger anzieht und radikalisiert, durchaus zu immer besseren Melodien führt. Wer einmal in dem Strudel von populistischer Rhetorik, Verschwörungstheorien und Dog Whistles gefangen ist, droht immer weiter hineinzurutschen. 

Kurzum: Die Parteien sollten ganz schnell ihre Hausaufgaben machen und echte Lösungen für die dringenden Probleme vorlegen, die die Menschen beschäftigen. Denn je länger der Frust gärt, desto bröckeliger werden die „Brandmauern“. 

A.Wall
9. August 2023 - 15.28

@ HeWhoCannot ...../

"Hinter der Trommel her
trotten die Kälber
das Fell für die Trommel
liefern sie selber"
Berthold Brecht (Kälbernmarsch)

BPat
8. August 2023 - 16.03

@ Nomi
Gambia mëscht net vir +50% vun den Wieler Politik
Bei den Walen haten se nëmmen 49.63% vun den Stëmmen

HeWhoCannotBeNamed
7. August 2023 - 18.36

An alle "Rechts-außen-Versteher" :
Nehmen wir mal an, ihre Aussagen zu den "links-grün-versifften" Regierungsparteien wären korrekt. Nehmen wir mal an, jemand hätte die Nase gestrichen voll von einer Regierung die angeblich über den Köpfen einer ...hmm, "knappen Minderheit" der Bevölkerung hinweg regiert und ihnen Unzumutbares aufzwingt.
Wie zum Henker kommt man dann aber auf die Idee, eine Partei zu wählen, die noch um einiges undemokratischer regieren würde als die "etablierten" Parteien. Wir sprechen von Parteien mit autokratischen, ja totalitären Tendenzen, die nationalistische und völkische Doktrinen vertreten. Parteien, die sich zudem selbst für keinen Skandal zu schade sind. Was es bedeuten würde, eine solche Partei im Amt zu haben, soll sich die Konsequenzen dieser Politik (und sei es nur auf dem Level der Kommunalpolitik) bei unseren Nachbarn anschauen... von wegen "Politik für die Benachteiligten"!
Nimmt man sowas in Kauf, nur weil wir mittlerweile ein paar Radarfallen zuviel (oder doch zuwenig?) haben und weil angeblich in der Schule alles schief läuft (was sowieso seit gefühlt 50 Jahren moniert wird)?? Die dümmsten Kälber wählen also ihren eigenen Schlächter selber?
Sorry, schlechte Ausrede. Die Leute, die sowas wählen, wissen was sie tun.

jung.luc.lux
7. August 2023 - 17.48

Mat Gambia brauch keen sech ze wonneren dat ganz vill Lëtzrbuerger es sat mat deser Politik hun an no riets ofrutschen.
Wann ech iwwer d'Gare spazeieren, dann kreien ech es mat eiser Politik an mam Polizeiminister deck sat. An enger Stonn krut ech zwee Mol Drogen ugebueden.
Wann ech un greng Gardenheisercher vun Deifferdeng denken, nee merci. Esou eppes as kriminell.
Wann ech kucken wat an de Primärschoule leeft, dann bedaueren ech Kanner an Schoulmeeschteren.

Robert Hottua
7. August 2023 - 16.34

▪ Die Realpolitik
(...) Der Sozialismus scheitert an seinem unchristlichen Inhalt. (…) Faschismus und Nationalsozialismus sind nicht nur tiefer und menschlicher, sie sind auch realpolitischer. (...)
(Luxemburger Wort, 14.07.1937)
MfG
Robert Hottua

Hmm
7. August 2023 - 15.02

rechte Parteien werden für ihre umverteilungsforderungen gewählt?? Das ist ja wohl eher eine linke mär, die immer kurz vor Wahlen auftaucht und danach rasch wieder eingemottet wird, bis zum nächsten mal, wenn der souverän (lol) wieder mal zur Urne schreitet. mit der Umverteilung ist es auch so eine Sache. soll man enteignen, den Spitzensteuersatz auf 60%, die gewinne der Patrons, Multis drastisch erhöhen? Das kapital ist ein scheues Reh und finanziert das halbe land. Standardisierte erklärungen wie,
schlichtweg abgehängt fühlen, das komfortable Leben passée,
aus ihrer Komfortzone gedrängt fühlen und was natürlich nie fehlen darf, die verschwörungstheorien, auf die das dumme Wahlvolk immer mehr abfährt, verlagern die eigentliche verantwortung. Nehmen wir mal das „Lieblingsthema“ der rechten, die (illegale) migration aus nicht- europäischen ländern. Dass das so nicht weiter gehen kann, weil nicht finanzierbar und eine soziale bombe, ist jedem klar. Aber was machen die „etablierten“ parteien? N.B. erarbeitete Privilegien aufgeben.. fragen Sie mal die kollegen vom OGBL.

Grober J-P.
7. August 2023 - 13.47

"Abgehängt und enttäuscht:" Und trotzdem sieht man nicht was dahintersteckt. Lauscht man solchen "Besserwissern" hört man nur was falsch läuft, wenn es dann um konkrete Lösungen geht hört man fast genau das gleiche Geschwafel wie bei den Etablierten.
Wenn es dann um Grundsätze der Gesellschaft geht wird es gefährlich.

Nomi
7. August 2023 - 11.08

Gambia mecht hir Politik fir 50,001% vun den Bierger.
Dei' aaner 49,999% fillen sech vera. . . t an sinn enttaeuscht vun der Politik !
Keen Wonner wann mat enger minimaler Majoritei't vun der Regierung en maximum un Populatio'un Alles geint hir Iwerzeegungen imposei'ert kritt !

max.l
7. August 2023 - 10.57

elo mol nëmmen aus lëtzebuerger Siicht:
wann ët hei esou viiru geet mat onser Politik, déi am Fong nëmmen nach de "Glanz" gesin, an ëmmer wäider, an ëmmer nach, an ëmmer méih, ëmmer méih Souën, an ëmmer méih Muecht, an doduerch ëmmer méih Läit brauchen fiir dat Ganzt ze droën..
ee Millioune-Staat ass ons Katastroph..
ët wär besser mol ee Stëllstand aféieren, fiir mol eng Iwwersiicht vun dem ganze Chaos ze kréien
dann hätten d'Leit och nach Vertrauen a géifen och matmaachen an der Plaaz de Kapp an de Sand zë stiéchen
ma elo kommen jo d'Waalen a wann sëch Näicht bis dohi geännert huet,
da wëll ëch elo mol Näicht dozou äusseren

Sam
7. August 2023 - 9.27

Stolz auf Verzicht! Aber bitte arbeiten!