Für viele ist die Nutzung des öffentlichen Verkehrs denkbar einfach: Man informiert sich über die Abfahrtszeiten, geht zur Bushaltestelle oder zum Bahnhof, wartet auf das Transportmittel seiner Wahl, steigt ein und idealerweise am Ankunftsziel wieder aus. Doch körperliche oder geistige Einschränkungen können eine Teilnahme am öffentlichen Verkehr zur unüberwindlichen Hürde machen. Für diese Personen gibt es seit Mai 2007 einen Rufbus-Service.
Zunächst hieß dieser Dienst Novabus und funktionierte als reiner Taxi-Bus. Dann übernahm das Verkehrsministerium mit der Reform vom 1. März 2015 die Zügel und benannte den Service in „Adapto“ um. Zunächst war dieser dafür gedacht, Arbeitnehmer mit einer Behinderung zu ihrem Arbeitsplatz auf dem regulären Arbeitsmarkt zu transportieren. Das Monatsabo kostete die Betroffenen zunächst 450 Euro – und beinhaltete neben dem Transport zur Arbeit nur 15 weitere Hin- und Rückfahrten.
2019 wurde der Adapto-Dienst dann grundlegend reformiert – und sollte anfangs kostenpflichtig bleiben, obwohl der restliche öffentliche Verkehr für die Nutzer ab 2020 gratis werden würde. Verkehrsminister François Bausch erntete für die Reform und die Kostenpflichtigkeit Kritik und musste zumindest beim zweiten Punkt einlenken. Auch Adapto wurde dann ab 2020 kostenfrei angeboten. Doch die Reform traf einige, die in den Jahren vorher problemlos mit dem Rufbus-Service zurechtgekommen waren, schwer. Diese sah nämlich vor, dass alle 6.296 zu diesem Zeitpunkt eingetragenen Personen ihre Adapto-Karte neu beantragen müssten. Durch eine striktere Auslegung der Bedingungen des „Handicaps“ und der „reduzierten Mobilität“ wurde rund 580 Menschen der Antrag auf Verlängerung abgelehnt. Das Tageblatt hatte im März 2021 mit einem der Menschen gesprochen, die nun die Konsequenzen der Reform tragen mussten.
Probleme über Probleme
Die damalige Reform sollte den Dienst auch reibungsloser gestalten. Doch die Anstrengungen blieben, so schildert es uns Joël Delvaux vom OGBL, oft fruchtlos. „Viele gute Ideen und Ansätze, die aber nichts gebracht haben“. Eine eigens dafür erstellte App funktioniere alles andere als reibungslos. „Es vergeht keine Woche, in der uns nicht zwei bis drei Beschwerden erreichen“, sagte er vergangene Woche am Telefon gegenüber dem Tageblatt. Die Beschwerden reichen von Schwierigkeiten beim Buchungsverfahren über Busse, die nicht am abgemachten Abholort auftauchen, und falsche Adressen im System bis zu höchst gefährlichen Situationen. Diese hat Delvaux auch selbst schon miterleben müssen.
Der Gewerkschaftler ist auf einen elektrisch betriebenen Rollstuhl angewiesen. „Ich habe auf meine gebuchte Fahrt gewartet. Als das Fahrzeug endlich kam, ich mit meinen Rollstuhl im Auto saß und dieser fest verzurrt war, wollte ich mich anschnallen. Doch da merkte ich, dass die vorgesehenen Gurte nicht vorhanden waren. Der Fahrer zuckte nur mit den Schultern und meinte, er habe die nicht.“ Auf die Frage, ob er dann ausgestiegen sei, meint Delvaux: „Nein. Der Termin war zu wichtig und wie soll ich sonst noch rechtzeitig dahinkommen? Ich bin sitzen geblieben. Aber wenn was passiert wäre, wäre ich durch den Bus geflogen.“
Fehlendes Knowhow beim „Verstauen“ der Kunden würde auch dazu führen, dass selbst bei einem eher ungefährlichen Zwischenfall Schäden am Material, wie etwa Rollstühlen, entstehen können. „Und dann geht das Hin-und-her-Geschiebe der Verantwortlichkeit los. Denn für den Schaden will natürlich niemand aufkommen.“ Am Ende bliebe dem Betroffenen häufig nur, eine Reparatur erst mal selbst zu bezahlen und dann eine Wiedergutmachung einzuklagen. Eine solche Klage würde derzeit laufen.
Ähnliche Vorfälle sind auch dem Luxemburger Verbraucherschutz bekannt. Präsident Nico Hoffmann schildert im Gespräch, dass auch an die ULC regelmäßig Beschwerden herangetragen werden. Deswegen forderte die Organisation im April 2023 „eine rasche Reform des Adapto-Dienstes“. „Für viele Nutzer hat sich die Situation derart verschlechtert, dass das Adapto-Angebot für sie keine Alternative mehr ist“, schreibt die ULC hier. Sie betont, wie auch Joël Delvaux, dass sich viele eine Rückkehr zum Novabus-System wünschten. Ähnliches ertönt auch in Leserbriefen, die unter anderem im Tageblatt immer wieder veröffentlicht werden.
Ein Schritt, der aber für das Verkehrsministerium nicht infrage kommt, wie Annick Trmata vom Verkehrsministerium ebenfalls im April gegenüber Le Quotidien betonte. Im Tageblatt-Interview gibt sie sich für Veränderungen etwas offener, spricht aber meist nur von „Anpassungen“, nicht einem radikalen Überdenken des Systems.
Eine breite Diskussion naht
Dass längst nicht nur die Betroffenen alleine, sondern die breite Öffentlichkeit über das Thema spricht, das zeigt u.a. eine Petition von Ana Pinto „für einen Adapto-Dienst, der auch wirklich funktioniert“. Sie sammelte mehr als 5.000 Unterschriften – also mehr als die zu erfüllende Grenze von 4.500 Unterschriften. Doch bis sie und ihre Unterstützer ihr Anliegen vortragen können, werden noch Monate ins Land ziehen. Denn die Diskussion wurde bis auf nach den Nationalwahlen im Oktober verschoben. Pinto hat für ihre Petition eine Reihe von Beispielen gesammelt, was im System alles im Argen liegt – und wird dann bei ihrer Präsentation wohl auch auf den Fall zu sprechen kommen, auf den vor wenigen Tagen viele über Social Media aufmerksam wurden.
Eine verärgerte Tochter hatte sich am Sonntag (16. Juli) auf Facebook über den Adapto-Service ausgelassen. Sie schrieb, der zuständige Fahrer habe ihre im Rollstuhl sitzende Mutter in Bettemburg abgesetzt – jedoch nicht am vereinbarten Ziel. Obwohl der Fahrer die genaue Adresse gekannt habe, habe er die Frau auf einem privaten Gelände an einem Gebäude der CFL in der Nähe der Bahngleise abgesetzt – „wo weit und breit nichts ist“. Erst nach fast vier Stunden sei die Frau dort zufällig von CFL-Arbeitern der Nachtschicht entdeckt worden. In einem weiteren Beitrag teilte die Tochter mit, dass ihre Mutter keine merklichen Schäden davongetragen habe.
Da die Frau, die sich selbst nicht fortbewegen und nicht klar ausdrücken konnte, nicht wie geplant am Altersheim abgesetzt wurde, machten sich sowohl ihre Familie als auch die Polizei auf die Suche nach ihr, berichtet Radio 100,7. Eine Begleitperson sei beim Transport nicht anwesend gewesen. Demnach hätte der Bus erst gar nicht losfahren dürfen, so der Sender. Zu diesem Zeitpunkt sei nicht ausgeschlossen, dass die Familie Anzeige erstattet und der Fahrer entlassen wird.
Der Vorfall wird noch am Montag in einer Antwort auf eine dringende parlamentarische Frage von Verkehrsminister François Bausch bestätigt. Er nennt es eine „Verkettung unglücklicher Umstände“, eine Wortwahl, die auch Trmata benutzt, als das Tageblatt sie auf den Vorfall anspricht. Bausch beruft sich im weiteren Schreiben auf die bestehenden Regeln – zeigt aber ebenfalls keinen großen Reformwillen. Der Zug – oder eher Bus – ist für ihn auch längst schon abgefahren. Bleibt abzuwarten, was die kommende Regierung mit dem Adapto-Dienst vorhat.
Wie funktioniert der Adapto-Dienst?
Der Adapto-Rufbus ist ein Service, der für „Menschen mit einer gravierenden motorischen Einschränkung, einer geistigen oder neurologischen Behinderung, blinde oder seheingeschränkte Personen und Menschen mit einer schweren fortschreitenden Erkrankung“ gedacht ist, die nicht auf den öffentlichen Verkehr zurückgreifen oder selbst fahren können. Der Dienst kostet den Staat zwischen 12 und 14 Millionen Euro jährlich.
Jede Person, die den Kriterien entspricht, kann beim Ministerium eine Adapto-Karte beantragen. Erhält die Person diese, dann hat sie drei Möglichkeiten, eine Fahrt zu buchen. Entweder man ruft über das Callcenter an, wo der Kunde seine Nummer/Koordinaten durchgibt und dann über einen Mitarbeiter vor Ort die passende Fahrt ermittelt und gebucht werden kann. Über die zweite Methode können Kunden die Buchung selbstständig über die App vornehmen. Hier haben sie auch Einblick in die Historie ihrer Fahrten. Buchungen können zudem auch übers Web gemacht werden. „Die Wenigsten nutzen aber diese Möglichkeit“, erklärt Annick Trmata vom Verkehrsministerium.
Wenn eine Person die passende Fahrt für sich findet und bucht, ermittelt das System automatisch, welches Subunternehmen die notwendigen freien Mittel hat, um die Fahrt zu übernehmen. Dann wird dem Unternehmen respektive dem spezifischen Fahrer die Buchung übermittelt. Jede Busfirma hat Einsicht, welche Strecken an den kommenden Tagen absolviert werden müssen, und kann auch selbst Fahrer umplanen, falls es beispielsweise einen Krankheitsfall gibt.
Der Kunde kann allerdings nicht, wie zuvor beim Novabus-System (dem Adapto-Vorgänger), das Unternehmen oder sogar den Fahrer selbst wählen, mit dem man fahren will. Auch kann das System einen Kunden in eine Sammelfahrt einsortieren.
Spezifische Angaben (z.B. das Gewicht des Rollstuhls oder die Notwendigkeit einer Begleitperson) sind normalerweise in der Kundenkartei angegeben. „Wenn es eine Veränderung der Situation gibt, beispielsweise einen Tausch des Rollstuhls mit einem höheren Gewicht, muss der Kunde uns das mitteilen, damit wir das im System ändern und darauf reagieren können“, so das Ministerium.
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@ benschul / Dir hutt volkomme recht. Just eng kléng Bemierkung.
Dir schreiwt "... da gehéiert hien net méi op déi Platz". Dee gréngen Här huet nach nie op déi Platz oder op eng aner Platz an enger Regierung gehéiert.
Woufir soll den Här Bausch sech Gedanke maachen iwwer Léit déi sech fir näischt duerch d'Land féiere loossen an en ass net sécher op déi nach wiele ginn. Wann e Minister al a krank Mënschen esou aremséileg am Stach léisst, da gehéierte hien net méi op déi Platz. Dëse Problem hätt an der leschter Chamber Sëtzung iewescht Prioritéit missen hunn. Et ass eng Blamage fir jiddereen den do dobäi war.
Nomi
Eng gutt Frô Nomi. Besonnesch bei deene Gréngen voll berechtegt.
Den Adapto kann net an een einfacht Gesetz gegoss ginn. Den Adapto brauch Flexibilitei't an gesonden Menschenverstand, well net all Handicap brauch di selwescht Regelen an Organisatio'un fir een Transport.
Mee ob Gambia gesonden Menschenverstand huet ??