Headlines

LuxemburgIn Richtung „green“: Nachhaltigkeitsrat wirbt für Steuer-Umverteilung

Luxemburg / In Richtung „green“: Nachhaltigkeitsrat wirbt für Steuer-Umverteilung
Arbeit soll weniger besteuert und Umweltverschmutzer sollen stärker in die Pflicht genommen werden Foto: AFP

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Was bis jetzt in Sachen Klimawandel geschieht, ist Flickwerk und viel zu wenig. Zumindest in den Augen des Nachhaltigkeitsrates, der jetzt einen globalen und in vielen Ohren heikel klingenden Ansatz vorlegt, das zu ändern. Was wäre, wenn rund zwei Milliarden Euro des Staatsbudgets anders verteilt würden? Um damit die Wirtschaft grüner und die Gesellschaft sozialer zu machen? Dass es geht, rechnet das Gremium, das die Regierung zu Nachhaltigkeit berät, gleich vor.

Die Studie, auf dessen Basis der Rat diese Woche seine Ideen vorgelegt hat, ist ein Modell, das gewohnte Pfade und Muster verlässt. Der Fingerzeig Richtung Politik ist nicht zu übersehen und eine Punktlandung im Wahljahr. Das Volumen an Steuern, das Staaten alljährlich einziehen, ist ein wirkmächtiges Instrument. Mit Steuergeldern wird viel bewegt, wenn nicht sogar das Meiste.

Das wissen auch die Experten beim Nachhaltigkeitsrat. „Steuern sind das Mittel, um Gemeinwesen zu regieren“, sagt Romain Poulles, seit zwei Jahren Präsident des Gremiums. Trotzdem hat sich bis jetzt noch niemand an diese staatlich geschützte Souveränitätszone gewagt. Der Nachhaltigkeitsrat tut es. Es geht um zwei Milliarden Euro, die umverteilt werden könnten. „Das ist der Spielraum, der in der Studie ermittelt wurde, damit kein Loch im Staatsbudget entsteht“, sagt Georges Bock.

Der niederländische Thinktank „Ex-Tax“ hat das Modell, das auf fünf Jahre angelegt ist, errechnet. Die Daten hat Statec geliefert.
Der niederländische Thinktank „Ex-Tax“ hat das Modell, das auf fünf Jahre angelegt ist, errechnet. Die Daten hat Statec geliefert.

Der Finanzexperte sitzt ebenfalls seit zwei Jahren im Nachhaltigkeitsrat. In dessen Augen ist diese Steuerrevolution ein langfristig angelegter Weg, Wirtschaft und Gesellschaft in Richtung „green“ umzubauen und Konsum- und Wegwerfverhalten zu ändern. Das Vorgehen ist denkbar einfach. Arbeiten zu gehen, wird für Arbeitnehmer und Arbeitgeber billiger. Beide zahlen weniger Lohnsteuer, was sowohl den Haushalten monatlich mehr Geld in die Kasse spült als auch den Unternehmen.

Unternehmen in Richtung Kreislaufwirtschaft bewegen

Romain Poulles, Gründer des Ingenieurbüros Progroup
Romain Poulles, Gründer des Ingenieurbüros Progroup

Letztere soll das Mehr an Geld ermuntern, Personal einzustellen und es in Richtung Kreislaufwirtschaft aus- und weiterzubilden und den Betrieb mit Investitionen in Richtung „green“ zu bewegen. „Die Betriebe, die heute schon gewissenhaft mit den natürlichen Ressourcen umgehen, sind später die wettbewerbsfähigsten“, sagt Bock. Der Verbrauch von natürlichen Ressourcen, dazu zählen nicht nur Gas und Öl, sondern auch Luft, Wasser und Boden, soll nämlich in dieser Logik auf der anderen Seite erstmalig oder stärker als bislang besteuert werden.

Diese Einnahmen sowie die Besteuerung von Umweltverschmutzung nach dem Verursacherprinzip sollen die beim Faktor „Arbeit“ eingesparten Steuern ausgleichen. Dafür ist in Luxemburg viel Luft nach oben. Im Land haben Umweltsteuern den zweitniedrigsten Anteil am Bruttosozialprodukt innerhalb der EU. Um das innerhalb des Steuergefüges anders zu gewichten, schlägt die Studie einiges vor. Eine Steuer auf gefahrene Kilometer, Steuern auf Luftverschmutzung durch die Industrie, für Ammoniak aus der Landwirtschaft, auf die Produktion von kohlenstoffbasierten Produkten, auf Aktivitäten der Luftfahrt und die Erhöhung der Mehrwertsteuer sind nur einige auf der Liste der Einnahmen. Aktuell stammt nämlich mit 47,3 Prozent knapp die Hälfte und damit der Löwenanteil aller erhobenen Steuern aus der Besteuerung von Arbeit.

Arbeit weniger besteuern

Georges Bock: Gründer der nachhaltigen Investment-Plattform „Moniflo“
Georges Bock: Gründer der nachhaltigen Investment-Plattform „Moniflo“

Das betrifft sowohl die Arbeitnehmer mit ihren monatlichen Lohnsteuerabzügen als auch die Arbeitgeber mit ihrem monatlichen Beitrag pro Arbeitnehmer, den sogenannten Lohnnebenkosten. Von einem Euro gezahltem Lohn landen lediglich 0,68 Prozent in der Tasche des Arbeitnehmers, heißt es in der Studie. Einige Umweltsteuern verdienen näheres Hinsehen. „Es ist nicht einzusehen, dass Mehrwertsteuern auf das Zugfahren erhoben werden, während die Luftfahrtindustrie keine Steuern auf das Kerosin bezahlt, aber Umweltschäden verursacht“, sagt Finanzexperte Bock.

Hinzu kommt, dass jeder Einwohner Luxemburgs 147 Kilogramm Müll jährlich produziert, der entsorgt werden muss. Für diese Entsorgung ist ebenfalls eine Steuer vorgesehen. Ein dritter wichtiger Hebel basiert auf der Tatsache, dass Luxemburg mit 17 Prozent (Stand 2021) die niedrigste Mehrwertsteuer innerhalb der EU hat. Der europäische Durchschnitt liegt bei 21,5 Prozent. Gleichzeitig weist die Studie mit dem Rechenmodell auf sozio-ökonomische Herausforderungen hin, vor denen Luxemburg steht. Das Land verbraucht zu viele Ressourcen. Wenn weltweit alle so leben würden wie die Einwohner Luxemburgs, bräuchte die Weltbevölkerung 7,8 Planeten. Es gibt aber nur einen.

„Kleine“ Revolution für Veränderungen

Im Land selbst liegt die Arbeitslosenrate zwar im Februar 2023 nur bei 4,6 Prozent, aber es sind vor allem junge Menschen davon betroffen. Daneben sind laut Ex-Tax-Studie 109.000 Menschen von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen. Gerade diese einkommensschwachen Haushalte, die sowieso niedrige oder gar keine Steuern zahlen, stehen bei dieser Umverteilung besser da. „Wenn wir die Steuern umschichten und die Haushalte entlasten, stärkt das die Kaufkraft“, sagt Bock.

Lösungen existieren. Zunächst sollten wir die Steuern von den Löhnen auf Kohlenstoff verlagern. Wir sollten die Umweltverschmutzung besteuern, nicht die Menschen. Zweitens: Schluss mit der Subventionierung fossiler Brennstoffe.

Antonio Guterres, UN-Generalsekretär

Der Rat hat sich vorgewagt. Das ist gewollt. „Wir brauchen eine kleine Revolution, wenn wir Veränderungen erreichen wollen“, sagt Nachhaltigkeitsratspräsident Poulles. Bei dem Prinzip, die Arbeit weniger zu besteuern und die negativen Auswirkungen auf Umwelt, Gesundheit, Ressourcen mehr zu besteuern, das hier auf eine Dauer von fünf Jahren gerechnet wurde, weiß der Nachhaltigkeitsrat sich in guter Gesellschaft. Nicht nur der EU mit dem Green Deal sind Ideen wie diese nicht fremd. UN, OECD, Weltbank und Internationaler Währungsfonds unterstützen das ebenfalls. Bleibt abzuwarten, ob die hiesige Politik das Szenario ernst nehmen wird.

Auf nationaler Ebene wird der Europäische Green Deal den Kontext für breit angelegte Steuerreformen schaffen, die Subventionen für fossile Brennstoffe abschaffen, die Steuerlast vom Faktor Arbeit auf Umweltverschmutzung verlagern und soziale Herausforderungen berücksichtigen

The European Green Deal

Maut für Innenstädte

In Singapur gibt es schon seit 1975 eine Mautgebühr für Fahrten in die Innenstadt. Die Preise dafür variieren je nach Strecke, Tageszeit und vor allem Verkehrsaufkommen, berichtet die Süddeutsche. In der Rushhour kostet die Fahrt in die Innenstadt schnell das Doppelte oder Dreifache der Mautgebühr außerhalb der Stoßzeiten. Stockholm, Mailand und London haben ebenfalls eine Maut eingeführt.

Nomi
22. Juli 2023 - 22.53

Ech fannen net dass meng Stei'eren, durch meng Arbecht erschaft, sollen/mussen emverdeelt ginn ! Investissementer zum allgemengen Notzen, OK !

Ursachenforschung, waat Aaner dann fasch an hirem Liewen gemaach hun datt se vun Aaneren mat durchgeschleeft mussen ginn !