1906 wurde die „Société pour la propagation de l’incinération“ vom damaligen Hollericher Bürgermeister Arthur Daubenfeld, einem bekennenden Freidenker, gegründet. Die Flamma führte fortan einen langen und harten Kampf, damit die Einäscherung in Luxemburg eine gesetzliche Basis bekam und das Krematorium in Hamm eröffnet werden konnte.
Dabei hat die Feuerbestattung eine lange Tradition in Mitteleuropa und wurde wahrscheinlich schon vor 5.000 Jahren praktiziert. Mit der Ausbreitung des Christentums allerdings verschwand die Leichenverbrennung. Die Kirche lehnte sie ab, da sie im Zusammenhang mit der Auferstehung eine Missachtung Gottes darstellte. Erst das Zweite Vatikanische Konzil verabschiedete 1963 ein Dekret, das die Feuerbestattung mit dem Glauben vereinbarte. Die Einäscherung tangiere die Seele nicht und hindere die göttliche Kraft nicht daran, den Körper wieder zu erschaffen, so die römisch-katholische Kirche.
Der erste Feuerbestattungsofen war aber schon 1873 auf der Weltausstellung in Wien vorgestellt worden. 1876 hatte Italien in Mailand sein erstes Krematorium, zwei Jahre später eröffnete das erste in Deutschland und ein Jahr später in der Schweiz. Der Siegeszug der Einäscherungen hatte mitunter ganz pragmatische Gründe, denn die Friedhöfe kämpften in den durch die Industrialisierung rasant wachsenden Städten nicht selten mit Platzproblemen.
Im erzkatholischen Luxemburg freilich dauerte es länger, deutlich länger. Fast zehn Jahre vergingen nach dem Dekret aus dem Vatikan, ehe die Feuerbestattung 1972 von der Regierung gesetzlich verankert und mit einer Beerdigung gleichgestellt wurde. Das Krematorium von Hamm wurde noch viel später gebaut und öffnete 1995 seine Pforten an einem Standort, der nicht besonders besinnlich ist, liegt er doch in unmittelbarer Nähe der Landebahn des Findels, der Autobahn und der Schnellstraße. Die Geräuschkulisse an der Erinnerungswiese kann dementsprechend groß sein.
Inzwischen ist die Akzeptanz der Einäscherung in der Gesellschaft eine andere. 70 Prozent der Toten in Luxemburg wurden 2021 eingeäschert. Das bedingt, dass das Krematorium inzwischen zu klein geworden ist. Nicht etwa wegen der Einäscherungskapazität, sondern wegen der Räumlichkeiten für Zeremonien, die der Nachfrage nicht mehr gerecht werden kann. Also werden bis 2025 10,5 Millionen Euro in den Ausbau investiert. Bezahlt wird das von den 71 Gemeinden des interkommunalen Syndikats SICEC, das für das Krematorium verantwortlich ist. Dass nicht alle Kommunen SICEC-Mitglied sind, ist bedauerlich, hat aber inzwischen keine politischen Gründe mehr, sondern statuarische.
Der Siegeszug der Feuerbestattung lässt sich auch daran erkennen, dass es immer mehr Streuwiesen oder Waldfriedhöfe im Land gibt. Die private Aufbewahrung der Asche ist in Luxemburg verboten. Und es gibt durchaus Argumente dafür. Auch sogenannte Diamantenbestattungen, bei denen ein Bruchteil der Asche nach der Feuerbestattung zu einem synthetischen Edelstein verarbeitet wird, gibt es nicht. Geduldet wird oder wurde aber immerhin ein Umweg zu privaten Firmen in der Schweiz und den Niederlanden.
Unter dem Strich bleibt, dass die Individualisierung auch vor dem Tod und der Trauer nicht haltmacht. Dem sollte der Gesetzgeber Rechnung tragen.
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