Was Kinder in der Schule lernen, kann sie für ein ganzes Leben prägen: von gesellschaftlichen Normen, dem korrekten Umgang mit den Mitmenschen bis zum Basiswissen, auf dem ihre zukünftigen Lehrwege basieren. Ein wichtiges Grundgerüst, auf dem die Lehrenden ihre Kurse aufbauen, sind die Schulbücher. Doch diese lassen zu wünschen übrig. Sie können Stereotypen aufbauen und verstärken. Deswegen muss sich kontinuierlich mit ihrem Inhalt auseinandergesetzt werden.
Dr. Sylvie Kerger, Enrica Pianaro und Claire Schadeck von der Uni.lu haben deswegen 52 Lehrbücher aus den Fächern Deutsch, Französisch, Englisch, Mathematik, Naturwissenschaften, Geschichte und Geografie sowie acht Dokumente aus dem Kurs „Leben und Gesellschaft“ analysiert. Ihre Studie knüpft an eine erste Untersuchung aus dem Jahr 2021 an. In dieser analysierten die Forscherinnen die in Grundschulen verwendeten Bücher. Die Studie zu der unteren Sekundarstufe offenbart nun die gleichen Erkenntnisse: Frauen und Minderheiten sind in den Schulbüchern kaum zu finden.
Männerdominierte Geschichte
Von den 61.409 gezählten Figuren sind 58,8 Prozent männliche, 21,1 Prozent weiblich und bei 20,1 Prozent konnte das Geschlecht nicht eindeutig bestimmt werden. Besonders schlechte Noten in der Studie haben sich die Geschichtsbücher verdient: Hier wurde der größte Unterschied mit 11.114 männlichen gegenüber 1.847 weiblichen Charakteren gezählt. Französisch belegt den zweiten Platz mit 8.648 männlichen gegenüber 3.157 weiblichen Charakteren. Deutsch steht mit 7.979 männlichen und 3.325 weiblichen Charakteren an dritter Stelle. In keinem Fach waren die Frauen in der Mehrheit.
Doch die Forscherinnen sind tiefer als nur die bloßen Zahlen gegangen. Männer werden auch deutlich anders als Frauen dargestellt. Sie sind häufiger bei den beruflichen Aktivitäten abgebildet und werden mit einer größeren Vielfalt an Berufen dargestellt. Was die berühmten Charaktere betrifft, so ist die große Mehrheit männlich. „Obwohl es auch Mathematikerinnen, Wissenschaftlerinnen und Künstlerinnen gibt und gab, lassen die Lehrbücher lieber männlichen Beispielen den Vortritt“, schreiben die Frauen in ihrer Studie.
Die Erkenntnis ist nicht neu: Studien in ganz Europa zeigen, dass in Schulbüchern Geschlechter sehr stereotyp dargestellt werden und Männer deutlich häufiger in das schulische Rampenlicht gestellt werden. Und bereits in den 1970er und 1980er Jahren kritisierten „Second Wave“-Feministinnen die Wissenschaft – insbesondere das Feld der Geschichte – als ein von Männern dominiertes intellektuelles Unternehmen. Sie wollten unter anderem, dass die Rolle der Frau in der Geschichte betont oder diese sogar komplett aus der Sicht der Frauen erzählt wird.
Doch auch die Auswahl der in den Lehrbüchern vorkommenden literarischen Texte zeigt eine deutliche Männerdominanz. Es gibt deutlich mehr Autoren als Autorinnen, mit deren Texten die Kinder in Berührung kommen. Im Fach Deutsch beispielsweise stehen 243 Autoren nur 65 Autorinnen gegenüber. In Französisch sind es 206 Autoren gegenüber 61 Autorinnen. Es gibt es großes Ungleichgewicht, „obwohl es eine große Auswahl an Schriftstellerinnen gibt“.
Das Tageblatt hat mit einer der Autorinnen der Studie, Claire Schadeck, schon 2022 über diese große Diskrepanz gesprochen. Nach wie vor werde Intelligenz mit Männlichkeit assoziiert, sagte die junge Frau damals. Man denke, dass Männer „die richtige Literatur“ produzieren würden. Dieser Glaube halte sich nach wie vor aufrecht. „Es ist keine Sache von: Es ist keine Auswahl da, wir haben keine Autorinnen.“ Schriftstellerinnen seien nämlich genug da. „Es ist eine bewusste Entscheidung gegen Autorinnen.“ Oft möchte man nur auf Nummer sicher gehen, indem man einen Autor wählt, der bekannter ist, schon als Klassiker gilt und/oder den man als kompetent einschätzt. Dadurch werden Schriftsteller gegenüber Schriftstellerinnen tendenziell bevorzugt. (Lesen Sie den kompletten Artikel von Christine Lauer hier.)
Vergessene Minderheiten
Noch schlechter als den Frauen ergeht es aber den Minderheiten der Gesellschaft. „People of Colour“, Menschen mit Behinderungen oder queere Personen sind kaum in den Schulbüchern in Luxemburg zu finden und somit stark unterrepräsentiert. Behinderte Menschen tauchen meist nur dann auf, wenn es um ihre Behinderung geht.
Nicht-weiße Charaktere sind oft nicht in die westliche Gesellschaft integriert, die in den Schulbüchern vorkommt. Sie werden hingegen als homogene Gruppe dargestellt, die Teil einer anderen Gesellschaft ist. „Was nicht der Realität entspricht“, kritisieren die Forscherinnen in der Studie. Am deutlichsten werde das in französischen Lehrbüchern. Hier habe es nur 337 nicht-weiße Charaktere unter insgesamt 14.233 Charaktere gegeben. Musterschüler in diesem Bereich ist der Englisch-Kurs: Hier gab es im Vergleich zu anderen Fächern einen größeren Anteil an nichtweißen Charakteren (967 nichtweiße Charaktere unter insgesamt 9.300 Charakteren). Außerdem wurden diese Personen verstärkt als normaler Bestandteil der Gesellschaft dargestellt.
Bei der sexuellen Vielfalt stellt die Studie fest, dass die größte sexuelle Vielfalt in den Naturwissenschaftsbüchern vorkommt. In den Mathematik- sowie den Geografiebüchern gab es keine homosexuellen Personen. „Die Unterrepräsentation der sexuellen Vielfalt in den Schulbüchern macht nicht-heterosexuelle Menschen unsichtbar“, urteilen die Forscherinnen.
Gendern kommt kaum vor
Bei der Nutzung gendersensibler Sprache gibt es laut der Studie große Unterschiede zwischen den Fächern. Während in Geschichte 6.643 generische Maskulina (z.B. Lehrer zur Bezeichnung aller Geschlechter), 3.063 neutrale Maskulina (z.B. Lehrpersonal) und 114 Doubletten (z.B. Lehrerinnen und Lehrer) verwendet werden, ist die Verteilung in Englisch eine völlig andere ist: 58 generische Maskulina, 7.587 neutrale Maskulina, 36 Doubletten. Dies lässt sich dadurch erklären, dass die englische Sprache weniger genderspezifisch ist und mehr neutrale Bezeichnungen für Figuren verwendet als das Deutsche oder Französische. Die Anzahl neutraler Ausdrücke vereinfacht die Implementierung einer gendersensiblen Sprache.
In ihren Schlussfolgerungen empfehlen die Forscherinnen unter anderem, bei der Verwendung einer gendersensiblen Sprache auf einer einheitlichen Typografie zu bestehen und bei der Bezeichnung von Berufen konsequent die weibliche und männliche Form zu verwenden, um Stereotypen entgegenzuwirken. Außerdem sollte es eine geschlechtergerechte Verteilung der Berufe geben, um die „klassischen“ Geschlechterstereotypen zu überwinden, die handwerkliche, verarbeitende und kaufmännische Berufe den Männern und kreative, reinigende und Sekretariatsberufe den Frauen zuordnen. Des Weiteren sollte das Lehrpersonal sensibilisiert und die Auswahl der verwendeten Literatur überarbeitet werden.
Ist dies wirklich das Problem, welches uns beschäftigt!?!
Als Vater interessieren mich die Abbildungen in Lehrbücher nun wirklich nicht, viel wichtiger ist die Frage nach der Qualität dieser Bücher! Wird der Inhalt verständlich vermittelt? Werden die Kinder genügend und abwechslungsreich gefördert? Sind sie angepasst auf den doch sehr unterschiedlichen Hintergrund der Kinder, so dass sie für alle Schüler einer Klasse angepasst sind?
Sich nun künstlich über einige Abbildungen aufzuregen hat nun wirklich keine Priorität in der Ausbildung der Schüler. Hört endlich auf, dieses sinnfreie Amenmärchen auf die Schwächsten der Schwachen unserer Gesellschaft, unsere Kinder zu drücken und kümmert euch um das was zählt!!!
Ass Ketty Thull sexistesch ?
Dir sidd um Holzwee !!
Haalen mer dach ob eis Gesellschaft ze splecken! Och ze splecken an Maennlein und Weiblein !
Ech verstinn mech gutt mat menger Fra.
Firwaat mussen dei' Privaatproblemer aan der Gesellschaft ausgedro'en guinn wann et dann Problemer gett ?
D'Meedercher kréie Jo fir hir Hochzäit nach op ville Plazen a Kachbuch vum Ketty Tull, dat muss duer goen, sexistesch gesinn.
Der Frauen-Hype fängt an zu nerven. Nichts für ungut. Wir gendern(was immer das heißen soll),wir Soldatinnen,Polizistinnen,Ministerinnen,Krankenschwesterinnen , usw. Aber wie wär's einfach einmal nur mit gleichem Lohn für gleiche Arbeit.Man muss sich bald schämen ein Mann zu sein mit all dieser Hysterie. Ich wechsle mittlerweile die Straßenseite wenn eine Frau mir entgegenkommt.Me/too-Syndrom. Ist das noch normal?
Ab 1933 hat sich das päpstliche "Luxemburger Wort" für das (oft genozidale) selektive Konzept der rassischen Untauglichkeit von Menschengruppen ausgesprochen. Dieser Mühlstein hängt unbearbeitet an der luxemburgischen Scheuklappenpolitik.
MfG
Robert Hottua
Eine notwendige, fast schon überfällige Studie.
Es steht zu hoffen, dass in den nächsten Jahren die Schulprogramme überarbeitet werden.