Trauer und Frust kennzeichneten den Wahlabend der Escher Linken am Sonntag. 1,6% der Stimmen verlor „déi Lénk“ im Vergleich zu 2017, was gleichbedeutend mit dem Verlust des zweiten Sitzes im Gemeinderat war. Dabei waren Line Wies und Laurent Biltgen sowie zuvor Marc Baum im kommunalen Gremium durch eine konsequente Oppositionspolitik aufgefallen. Die wurde vom Wähler nicht honoriert, weshalb im „Café Streik“ am Sonntagabend vereinzelt Tränen flossen. „Wir haben prozentual gesehen so ziemlich genau das verloren, was die LSAP hinzugewonnen hat“, sagte Marc Baum, der mit 1.454 Stimmen knapp vor Line Wies (1.438) das beste Resultat auf der Liste einfuhr. Nach dem Rotationsprinzip der Linken werden sich beide den Sitz im Gemeinderat teilen. Mit einigem Abstand folgen Co-Spitzenkandidat Samuel Baum (1.150) und Gemeinderat Laurent Biltgen (1.065). Während Marc Baum damit mehr oder weniger im Bereich der 2017er-Wahlen blieb, verbesserte sich Wies um rund 300 Stimmen.
Und trotzdem war Trauer angesagt, denn der Verlust des zweiten Sitzes wiegt schwer. Und er verhinderte auch eine eventuelle Rückkehr in die Verantwortung als Partner einer von der LSAP angeführten Mehrheit. Was genau geschehen war, das müsse erst noch analysiert werden, sagte Marc Baum, „allerdings kann ich jetzt schon sagen, dass ein Element gegen uns gespielt hat. Die CSV hat es fertiggebracht, ein absolutes Nichtthema zu einem Hauptthema zu machen und mit ihm den Wahlkampf zu prägen, was dann paradoxerweise aber nur der ADR genutzt hat“. Er meint die Sicherheitsdebatte. „Wir sind ein Verlierer der Wahlnacht“, bilanziert Marc Baum, „doch ich fürchte, dass die großen Verlierer eigentlich die Escher Bürger sind“. Nun gehe es darum, Antworten zu finden. Zum Beispiel auf die Frage, warum man die Wähler der Piraten nicht erreiche. Zwar sieht er im Aufkommen der Piraten einen nationalen Trend, dennoch müssten sich die Parteien im linken Spektrum Gedanken darüber machen.
Bei eben jenen Piraten war am Sonntagabend Party angesagt. Nicht in Esch, sondern in Petingen, wo die Parteisektionen aus dem Süden zusammengekommen waren. Tammy Broers war nicht vor Ort, sie verbrachte den Wahlabend bei der Familie in Lallingen. „Ich war überrascht und erstaunt, dass wir so ein gutes Ergebnis einfahren konnten und ich in Zukunft im Gemeinderat sitzen werde“, so Broers, deren Partei am Sonntag 5,3% der Stimmen errang. 2017 waren es lediglich 1,6%, doch da trat die Partei mit einer unkompletten Kandidatenliste an. Schon damals war Tammy Broers Kandidatin.
Am Sonntag hatte die 28-jährige alleinerziehende Mutter 729 persönlichen Stimmen eingefahren. Auch für den Koordinator der Wahlkampagne im Süden, Parlamentarier Marc Goergen, kam der Sitzgewinn in Esch ein wenig überraschend: „Ehrlich gesagt haben wir nicht damit gerechnet. Tammy muss sich da jetzt erst einmal hineinarbeiten. Das ist nicht so einfach, wie es sich anhört. Und ich weiß, wovon ich rede“, so Goergen, der 2017 in den Petinger Gemeinderat einzog. Die Piraten hatten damals zwei Sitze errungen. Tammy Broers muss im Escher Gremium allein zurechtkommen, trotzdem sagt sie selbstbewusst, „dass es Veränderungen in Esch braucht, v.a. was die Sicherheit angeht.“ Des Weiteren möchte sich die Landschaftsgärtnerin, die momentan auf Arbeitssuche ist, verstärkt in den Bereichen Bildung, Tierschutz und Wohnungspolitik engagieren.
Sicherheit ist auch das Thema, mit dem die ADR im Vorfeld der Wahlen punktete. Mit 5,5% war man leicht besser als die Piraten, jedenfalls reichte es zum Wiedereinzug in den Gemeinderat. In dem saß die Partei zuletzt bis 2011, doch nach dem Austritt des langjährigen Rats Aly Jaerling fuhr die Rechtspartei in Esch nur noch 3,8% (2011) respektive 3,2% (2017) ein. Nun reichte es aber zum Sitz, den sich Sektionspräsident Bernard Schmit (735 Stimmen) mit hauchdünnem Vorsprung vor Vizepräsident Kevin Serafini (728) sicherte. „Natürlich sind wir glücklich mit dem Resultat“, sagte Schmit auf der Wahlparty in der „Brasserie Terres Rouges“. Natürlich profitiere man von Protestwählern, aber es gebe auch einen europaweiten Trend, so der 54-jährige Lehrbeauftragte und ehemalige Bankangestellte. Zusammen mit den konkreten Ideen der ADR für Esch habe das die Wähler überzeugt. Er wolle die nächsten sechs Jahre den Finger in die Wunde legen und all das ansprechen, was in Esch nicht klappt. „Wir wollen, dass die Bürger wissen, was in ihrer Stadt vorgeht“, sagt Schmit. Akzente will er in der Sicherheitspolitik setzen, aber auch für die Alzettestraße habe man gute Ideen, so Schmit abschließend.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können