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Gemeindewahlen im SüdenRote Erde soll wieder rot werden – Wie die LSAP ihr Kerngebiet zurückgewinnen will

Gemeindewahlen im Süden / Rote Erde soll wieder rot werden – Wie die LSAP ihr Kerngebiet zurückgewinnen will
Rote Erde: Felsen im Little Utah Skill Park in Kayl  Symbolfoto: Editpress/Julien Garroy

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„Rechtsruck!“ titelte das Tageblatt am Tag nach den Gemeindewahlen 2017. Vor allem in ihrem Kerngebiet im Süden gab es empfindliche Schlappen für die LSAP, während sich die CSV den Bürgermeisterposten in Esch, Schifflingen, Monnerich und im Laufe der Legislaturperiode auch in Kayl sicherte. Nun wollen die Sozialisten zurückschlagen. 

Lange Gesichter gab es am Wahlabend des 8. Oktober 2017 im Lager der LSAP, vor allem im Süden. Die Bastion Esch fiel völlig überraschend an die CSV. Luxemburgs zweitgrößte Stadt bekam erstmals seit 1920 wieder einen konservativen Bürgermeister. Obwohl stärkste Kraft in Bettemburg, Schifflingen und Monnerich, wurde die sozialistische Partei dort ausgebootet. Was auch an den teilweise empfindlichen Stimmenverlusten lag, von denen, mit Ausnahme von Roeser und Dippach, sämtliche LSAP-Sektionen des Wahlbezirks Süden betroffen waren. Da zudem in Rümelingen die absolute Mehrheit verloren ging, blieb es bei wenigen Lichtblicken: In Sanem blieb die LSAP trotz Verlusten mit großem Vorsprung stärkste Kraft, in Düdelingen konnte sie (ebenfalls den Verlusten zum Trotz) weiter alleine regieren.  

Nach dem Schiffbruch von 2017 will die LSAP das Ruder am Sonntag wieder herumreißen, um so gestärkt in die Parlamentswahlen im Oktober gehen zu können. Damit das gelingt, setzte man auf eine konsequente Verjüngung. Runderneuert präsentieren sich die Sozialisten in vielen Gemeinden. Und mit einer Besinnung auf (soziale) Werte. Das stimmt Dan Biancalana optimistisch: „Unsere Positionen und Werte sind unverändert“, so der Co-Parteipräsident, „Solidarität, Freiheit, Gerechtigkeit zum Beispiel. Aber auch Klimaneutralität soll gerecht gestaltet werden. Wir müssen auch dort die Ärmsten mitnehmen. Das unterscheidet uns von den anderen Parteien.“ Politik mit und für die Menschen wolle man machen, so Biancalana. 

Die LSAP gibt es seit 120 Jahren, sie war aus einer Arbeiterbewegung im Süden des Landes entstanden. „Daher ist der Süden so wichtig für uns. Heute steht das A in LSAP für jeden, der einer Arbeit nachgeht“, unterstreicht Biancalana. Der Abwärtstrend auf Gemeindeebene hatte bereits bei den Wahlen 2011 eingesetzt und wurde 2017 beschleunigt. Der Politologe Philippe Poirier von der Universität Luxemburg führte das hauptsächlich auf eine „Nationalisierung“ der Parteienlandschaft zurück. Die traditionellen regionalen Hochburgen der Parteien (LSAP im Süden, DP im Zentrum) gäbe es nicht mehr. Und dass die LSAP in ihrem Kerngebiet massiv Stimmen einbüßte, führte Poirier auf die Diskrepanz zwischen Identität der Partei und ihrem Elektorat zurück. Einerseits werde die neue ökonomische Sprache der Partei nicht verstanden. Andererseits gelänge es der LSAP nicht, neue Wählerschichten anzusprechen, weil das Feld bereits von CSV, DP und „déi gréng“ besetzt sei. Die LSAP habe ein strukturelles Problem, ein neues sozioökonomisches Profil könnte der Partei erneut Stimmenzugewinne bringen, schlussfolgerte Poirier.

Es ist also kein Zufall, dass die LSAP 2023 mit dem Slogan „Zäit fir staark sozial Gemengen!“ in die Gemeindewahlen geht. Das Wahlprogramm baut dabei auch auf kommunaler Ebene auf fünf Säulen auf: Bildung, Gesundheit, Wohnen, Arbeit und Soziales sowie Klimaschutz. Zudem werden dem Wähler neben bewährten Politikern viele junge Gesichter präsentiert, die für die „große Erneuerung der Partei“ stehen, wie es Biancalana ausdrückt. 

Das Erdbeben von Esch

Die Schockwellen nach dem Erdbeben von 2017 waren lange bei der LSAP in Esch zu spüren. Vom Wähler regelrecht abgestraft, fanden sich Vera Spautz und Co. plötzlich in der Opposition wieder. Dabei schrammte man 2011 mit neun Sitzen noch an der absoluten Mehrheit im Rathaus (10) vorbei. Die logische Konsequenz der Niederlage von 2017 war ein kompletter Neuanfang mit einer jungen, runderneuerten Kandidatenmannschaft, angeführt vom politisch unverbrauchten Steve Faltz. Der hat die Ambition, mit der LSAP in die Verantwortung zurückzukehren, braucht dafür aber ziemlich sicher (mindestens) einen Koalitionspartner. Entscheidend bei diesem Vorhaben wird sein, wie die Escher die Arbeit der schwarz-grün-blauen Mehrheit der letzten sechs Jahre bewerten. 

Im Nachbarort Schifflingen stehen die Chancen nicht schlecht, dass die LSAP das Ruder wieder übernimmt. Mit Carlo Feiereisen und Fabienne Diederich hat man eine erfahrene Doppelspitze, allerdings muss die LSAP  ihre Führungsposition gegenüber der CSV von Bürgermeister Paul Weimerskirch erst einmal ausbauen. Auch in Bettemburg ist die LSAP seit jeher stärkste Kraft. Der Abstand zur CSV ist groß, und dennoch wird die Gemeinde von einer schwarz-grün-blauen Koalition geführt. Die möchte, sofern es arithmetisch möglich ist, ihre Arbeit fortsetzen. Was bedeutet, dass die LSAP mit einer neuen Doppelspitze und erprobten Lokalpolitikern in der Hinterhand wohl oder übel einen Sitz zulegen und die aktuelle Mehrheit einen verlieren muss. Auch in Monnerich waren die Sozialisten 2017 ohne ihren früheren Bürgermeister Dan Kersch prozentual gesehen noch stärkste Kraft, die absolute Mehrheit aber wurde eingebüßt, Schwarz-Blau übernahm und scheint nun relativ fest im Sattel zu sitzen.

Sogar Kayl wird inzwischen von einem CSV-Bürgermeister geführt, nachdem der langjährige LSAP-Rat und -Schöffe Marcel Humbert die Seiten gewechselt hatte. Wie bewerten die Bürger den Nicht-Respekt des Wählerwillens beim Machtwechsel? Welche Rolle spielen die „neuen“ Parteien ADR und Piraten, wem kosten sie Stimmen? Und kann die LSAP den Verlust ihres langjährigen Bürgermeisters und Zugpferds John Lorent kompensieren? Genau wie Kayl war und ist das benachbarte Rümelingen eine sozialistische Hochburg. Zwar büßte die LSAP 2017 ihre absolute Mehrheit ein, weil sie über 10 Prozent ihrer Stimmen an die neue DP-Liste verlor. Doch konnte sie mit der KPL koalieren und der populäre Henri Haine blieb Bürgermeister. Dass die Kommunisten ihren Sitz behalten, ist fraglich, sodass sich am Sonntag eine neue Konstellation bilden könnte.  

Die Trutzburg Düdelingen

Die könnte es auch in Düdelingen geben. Die viertgrößte Stadt des Landes ist die Trutzburg der LSAP im Minett, wird sie doch seit Ende des Zweiten Weltkrieges von LSAP-Bürgermeistern geführt. Und zwar stets mit absoluter Mehrheit, die es nun zu verteidigen gilt. Vor sechs Jahren erhielt die LSAP 50,3 Prozent der Stimmen und konnte weiter alleine regieren, obwohl die CSV die beiden durch das Bevölkerungswachstum bedingten, zusätzlichen Sitze mit einem Stimmengewinn von vier Prozent (22,9 Prozent) für sich beanspruchen konnte. Mit der DP, die nach zwei Kommunalwahlen Abwesenheit wieder antritt, gibt es zudem zusätzliche Konkurrenz. Bürgermeister Dan Biancalana verweist auf den Arbeitsnachweis der letzten sechs Jahre. In der Tat ist es wohl unbestritten, dass sich Düdelingen im letzten Jahrzehnt mehr als Esch oder Differdingen zu einer attraktiven Stadt entwickelt hat.

 Tageblatt-Grafik

Seit 2005 in sozialistischer Hand ist derweil der Bürgermeisterstuhl in Sanem, den Georges Engel 2020 an Simone Asselborn-Bintz übergeben hatte, als er seinen Ministerposten antrat. Engels Stimmen muss die LSAP kompensieren, will sie am Ruder bleiben. Die Wahlen 2017 waren geprägt von zwei Parteiwechseln, die wohl die Hauptursache der Verluste von LSAP (-8 Prozent) und „déi gréng“ (-5 Prozent) sowie der Gewinne der Linken (+6 Prozent) waren. Ein weiterer Fakt macht den Sonntag in Sanem spannend: Das Parteienspektrum hat sich erweitert. Die KPL tritt nicht mehr an, dafür stellen Piraten und Fokus komplette Listen. Momentan regiert die LSAP in einer Koalition mit der CSV, auf die sie 2017 trotz der Zugewinne der CSV einen recht komfortablen Vorsprung hatte (fast 10 Prozent oder zwei Sitze). Dieselbe Koalition ist auch in Roeser am Ruder, wobei die LSAP unter Bürgermeister Tom Jungen 2017 als eine der weniger LSAP-Sektionen zulegen konnte und nicht allzu weit entfernt von der absoluten Mehrheit war. Dass sich daran am Wahlsonntag viel ändern soll, ist in Anbetracht des Arbeitsnachweises und der Popularität von Jungen wenig wahrscheinlich. 

Nach dem Streit um die Umgehungsstraße könnte Rot-Schwarz auch die Zukunft der Gemeinde Käerjeng sein. Die aktuelle Koalition aus CSV und „déi gréng“ scheint zu zerstritten, als dass sie noch eine Zukunft hätte. Schafft es LSAP-Fraktionschef Yves Cruchten, den Stimmenverlust von 2017 zu kompensieren, könnte er Ansprüche auf den Bürgermeisterposten des früheren Innenministers Michel Wolter (CSV) stellen, der sich 2011 gegen den Wählerwillen an den Bürgermeisterstuhl klammerte. Erstmals in Käerjeng vertreten sind die Piraten, zudem darf man auf das Abschneiden der ADR gespannt sein.

Die Wundertüte Differdingen

Eintracht zwischen CSV und LSAP gibt es seit Längeren schon in Petingen, wo die Piraten 2017 zwei Sitze erobern konnten. Immerhin acht Parteien stellen sich zur Wahl, wobei die CSV um den amtsmüden Pierre Mellina und Ex-Minister Jean-Marie Halsdorf eine klare Vormachtstellung hat. Die LSAP um Schöffe Romain Mertzig möchte ihren Abwärtstrend der vergangenen drei Wahlen (je ein Sitzverlust) bremsen und verweist dabei auf die gute Arbeit im Schöffenrat. 

Die Wundertüte der diesjährigen Gemeindewahlen ist Differdingen. Mit einem Quartett an der Spitze und einer Mischung aus erfahrenen Lokalpolitikern und interessanten Newcomern möchte die LSAP in der „Cité du fer“ endlich wieder eine größere Rolle spielen. Nach dem spektakulären Niedergang der DP droht nun den Grünen Ungemach. Sie waren der Nutznießer der DP-Ohrfeige von 2017, doch nach der Traversini-Affäre und dem Nichtantreten von Bürgermeisterin Christiane Brassel-Rausch droht jetzt ebenfalls eine Backpfeife vom Wähler. Bei der LSAP will man davon profitieren. Mit Fokus, den Piraten und den Konservativen gibt es drei neue Mitbewerber um die Wählergunst, während die ADR diesmal in Differdingen fehlt.          

Erdbeben in Esch: Vera Spautz und Taina Bofferding blicken fassungslos auf die Wahlresultate
Erdbeben in Esch: Vera Spautz und Taina Bofferding blicken fassungslos auf die Wahlresultate Foto: Editpress-Archiv/Isabella Finzi
Nomi
9. Juni 2023 - 11.35

Se so'en all dat selwescht mat minimalen Nuancen fir bei den Trach ze kommen !
Naischt ass allerdings glaubhaft !

Jempi
9. Juni 2023 - 9.15

Nur warme Luft und dummes Gelaaber geben all diese
politischen Bonzen von sich, mit Politik hat niemand mehr
etwas am Hut,ausser Privilegien, konzeptloses,arrogantes,
erbärmliches Getue, mehr geht nix.