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Bitte einsteigen!„Das perfekte Busnetz gibt es nicht“: Blick hinter die Kulissen des RGTR-Systems

Bitte einsteigen! / „Das perfekte Busnetz gibt es nicht“: Blick hinter die Kulissen des RGTR-Systems
Im vergangenen Sommer wurde die Reorganisation des regionalen Busnetzes RGTR abgeschlossen Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Seit 2016 wurde das RGTR-Busnetz schrittweise umstrukturiert. Mit der Nummerierung der Linien wurde im Sommer 2022 die letzte Phase der Reorganisation abgeschlossen. Im Gespräch mit dem Tageblatt blickt Alex Kies, Direktor der Verwaltung des öffentlichen Transports (ATP), hinter die Kulissen der Neugestaltung des wichtigsten Busnetzes des Landes.

„Bitte einsteigen!“

So heißt unsere Artikelserie zum öffentlichen Personenverkehr in Luxemburg. Das Tageblatt beleuchtet mit Interviews, Selbsttests und Analysen alle denkbaren Aspekte des öffentlichen Transports, um herauszufinden, wie gut Bus, Bahn und Co. im Großherzogtum funktionieren. Teil zehn beschäftigt sich mit der Praxis. Alex Kies, Direktor der Verwaltung des öffentlichen Transports in Luxemburg (ATP), gibt Einblicke in die Detailarbeit bei der Reorganisation des RGTR-Busnetzes.  

„Eins ist klar: Das perfekte Busnetz gibt es nicht“, sagt ATP-Direktor Alex Kies. Man müsse immer Kompromisse eingehen und könne es nicht jedem Nutzer recht machen. So auch bei der Reorganisation des regionalen Busdienstes RGTR („Régime général des transports routiers“), die 2015 angegangen wurde. Die Tram durch Luxemburg-Stadt wurde konkret (das erste Teilstück wurde im Dezember 2017 eingeweiht), das Konzept der multimodalen Verkehrsknoten rund um Luxemburg-Stadt kam auf und parallel dazu liefen die Verträge mit den Busunternehmen aus. Die letzte Reform hatte es in den 1990er-Jahren gegeben. Das Busnetz war demnach nicht mehr kohärent. Da zudem der Schultransport durch neue Lyzeen im ländlichen Raum immer umfangreicher wurde, war eine Reorganisation unumgänglich. „Das alte Konstrukt war nicht mehr zeitgemäß“, erinnert sich Alex Kies. Man habe zwei Möglichkeiten gehabt. Das bestehende Netz modernisieren oder ein „weißes Blatt“, wie es der ATP-Direktor ausdrückt. Man entschied sich für Letzteres, also eine Reorganisation von null auf. 

ATP-Direktor Alex Kies
ATP-Direktor Alex Kies Foto: Editpress/Julien Garroy

Zwei öffentliche Debatten, zwölf Roadshows und etliche Workshops später stand der Plan. Zuvor war eine Mobilitätsstudie durchgeführt worden. Via Handydaten gab es so Rückschlüsse über die Passagierströme, allerdings nicht über die Nachfrage. Aus all dem sei ein großes Bild entstanden, wie die Menschen von A nach B gelangten, was dann in die Konzeption eingeflossen sei, erklärt Kies. Vier übergeordnete Ziele sollte die Reorganisation verfolgen: die Verbindungen zwischen verschiedenen Linien und Verkehrsangeboten verbessern, den Nutzern mehr Flexibilität bieten, das Netz übersichtlicher gestalten und die Fahrzeiten verlängern, sowohl morgens als auch abends und an den Wochenenden. Zudem sollte der Schultransport klar vom öffentlichen Transport getrennt werden. Und die dem alten Plan zugrunde liegende Fixierung auf den Zielort Luxemburg-Stadt wurde aufgegeben.

Es mussten Prioritäten definiert werden. Beispiel: Der Expressbus von Remich in die Stadt Luxemburg entpuppte sich schnell als großer Erfolg, so dass aus Dörfern an der Strecke die Nachfrage nach Haltestellen kam. Natürlich möchte jeder, dass der Bus so nah wie möglich an der eigenen Haustür hält und wenn möglich ein Expressbus ist. Da ein Halt aber ein bis zwei Minuten in Anspruch nimmt, kann ein Expressbus nicht zu oft stehenbleiben, weshalb man bei den Expresslinien laut Kies „relativ stur“ sei. Trotzdem werde jede Reklamation, sei es von Bürgern oder Gemeinden, analysiert und es werden gegebenenfalls Änderungen vorgenommen, so der ATP-Direktor. „Natürlich muss man da aufpassen, dass man seine eigenen Vorgaben nicht über Bord wirft und das Funktionieren des gesamten Netzes gefährdet. Einige Bürger beklagten sich z.B., dass der Bus aus Echternach nicht mehr Eich ansteuert, sondern den Kirchberg. Natürlich ist das blöd für die Echternacher, die in die Eicher Klinik wollen, aber die Analyse der Passagierdaten ergab, dass die Nachfrage nach Kirchberg mit seiner Anbindung an die Tram wesentlich größer war“, erzählt Kies weiter. Jedenfalls dauerte die Umsetzung des neuen Busnetzes fast drei Jahre. 

In Stein gemeißelt ist das Busnetz nicht, bei jedem Fahrplanwechsel wird es auch mithilfe der Anregungen der Nutzer überprüft. In der ATP kümmern sich vier Mitarbeiter tagtäglich um das Netz. Fünf bis zehn Rückmeldungen, in erster Linie Beschwerden, landen tagtäglich bei ihnen. Das waren zu Beginn mehr, und vor allem als die Nummerierung der Busse geändert wurde. Das Busnetz sollte lesbarer werden und somit der Zugang für die Benutzer einfacher. So entstanden eine Karte  (bestellbar oder als Download auf www.rgtr.lu), und die neue Nummerierung der Buslinien. Die Nummern blieben dreistellig, doch die Zahlen haben seit Sommer 2022 eine unterschiedliche Funktion (siehe Kasten).

 Illustration: MMTP

Sieben Monate nach dem Abschluss der Reorganisation wäre es laut Alex Kies „zu einfach, sich auf die Schulter zu klopfen“. Die Zahlen fangen an, gut zu werden, sagt er. Aber sie sind wegen des Bevölkerungswachstums, der Pandemie und der Einführung der Kostenlosigkeit des öffentlichen Transports nur bedingt aussagekräftig. Über die Hälfte des Fuhrparks ist mit automatischen Zählern ausgestattet, die Datenmenge also recht gut.

Vollständige Statistiken zu Verspätungen gibt es allerdings nicht. Wenn eine Linie permanent Verspätung hat, dann werde der Fahrplan dahingehend angepasst, so Kies. Natürlich spiele auch die Verfügbarkeit von Bussen und Fahrern eine wichtige Rolle. Die Lieferzeit beträgt beim Kauf momentan ein Jahr. Auch das Laden der Elektrobusse müsse berücksichtigt werden. 

Soll der Bus aber eine echte Alternative zum Auto sein, dann spielt der Zeitfaktor die wichtigste Rolle. „Der Bus muss in der Fahrzeit mit dem Auto konkurrenzfähig sein“, weiß Kies. Wieder nennt er das Beispiel Remich und als Gegenbeispiel Echternach. „Die Buspriorisierung muss weiter vorangetrieben werden, denn auch ein Bus braucht Infrastruktur, damit er reisezeitmäßig mit dem Auto mithalten kann. Ansonsten erreichen wir unsere Ziele nicht.“ Die da lauten: die für ein Wirtschaftswachstum von 3 Prozent berechnete Steigerung der Mobilitätsnachfrage um 40 Prozent bis 2035 mit weniger Autos als 2017 zu bewältigen.

Die Nummerierung der RGTR-Buslinien

Erste Zahl: Die neuen Nummern der Busse folgen im Wesentlichen einer regionalen Logik. Liegt sie zum Beispiel im 600er-Bereich, so ist ihr Ziel der Süden, genauer Esch. Die neuen Linien-Nummern: 1xx steht für Norden, 2xx Nord-Osten (Echternach), 3xx Osten (Wasserbillig) 4xx Süd-Osten (Remich), 5xx Süden (Thionville), 6xx Süden (Esch), 7xx Süd-Osten (Petingen), 8xx Westen (Steinfort), 9xx Nord-Westen (Redingen).
Zweite Zahl: Die zweite Zahl definiert die Art des Busses. Die 0 steht zum Beispiel für einen Expressbus. Die neuen Linien-Nummern: x0x = Expressbus; x1x, x2x = regionale Busse; x5x = transversale Busse (Querverbindungen); x3x, x4x, x6x, x7x, x8x, x9x = lokale Busse. Die Expresslinien verkehren auf den Hauptachsen und verbinden die wichtigsten Zentren mit der Stadt Luxemburg. Sie haben in der Regel nur eine Haltestelle pro Ort. Die primären regionalen Linien sind die Hauptlinien auf einer Achse, im Gegensatz zu den Expresslinien bedienen sie aber alle Haltestellen. Das Gleiche tun die sekundären regionalen Linien, ohne aber notwendigerweise bis zum Endziel der Achse zu führen. Querverbindungen wiederum verbinden die wichtigsten Zentren der verschiedenen Regionen miteinander, ohne durch die Stadt Luxemburg zu führen.


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Jang den Daafen
5. April 2023 - 8.37

Luxemburg, das Land der Busse!