Über ein paar Sprachbrocken wie „Sawat-dee“ für guten Tag oder „Kopkhun“ für Danke kommt ein Ausländer kaum hinaus. Dabei ist zu beachten, dass Frauen „kha“, Männer „khrap“ an das jeweilige Wort anhängen. Je nach Tonhöhe kann ein gesprochenes Wort unterschiedliche Bedeutungen haben. Als lustiger Beweis: Im Restaurant erhielt ein sprachbemühter Ausländer auf seine mithilfe des Wörterbuches in der Thaisprache aufgegebene Bestellung hin diese höfliche Antwort: „Tut uns Leid, Sir, Reis mit Schuhsolen führen wir nicht.“
Die Höflichkeit und Liebenswürdigkeit der Menschen sind erfrischend. Unseren Händedruck ersetzt der Wai-Gruß. Eine nette, respektvolle Geste, welche die, wie zum Beten, in Brusthöhe aneinandergelegten Hände mit einer leichten Verbeugung und einem freundlichen Lächeln verbindet.
Die rund 67 Millionen Thailänder bekennen sich größtenteils zum Buddhismus. Buddha wird in allen Tempeln auf unterschiedliche Weise dargestellt. Eine sitzende, dickbäuchige, gutmütig wirkende, neben einer schlanken, stehenden oder riesigen liegenden Figur, einzig ein schreitender Buddha ist eine Seltenheit. Jeder Wochentag hat sein eigenes Buddha-Bildnis und man kann sie nebeneinander angereiht in einem Tempel oder im Freien antreffen. Sie sind allgegenwärtig.
Buddhisten glauben an die Wiedergeburt. Die Reinkarnation soll verschiedene Lebensformen ermöglichen, d.h. der Mensch kann sich in einem nächsten Leben positiv weiterentwickeln. Das Ziel ist das Nirwana, nicht mehr geboren zu werden, denn gemäß Buddhas Lehre bedeutet Leben Leiden.
Buddhistische Mönche haben nicht weniger als 227 Verhaltensregeln zu befolgen. Sie verfügen über kein Geld, ihre Nahrung müssen sie erbetteln, sie werden aber auch gerne eingeladen. Das Mönchtum muss nicht lebenslänglich währen. Junge Leute verbringen schon mal ein paar Monate als Mönch oder Nonne, um gute Taten zu vollbringen.
Unserem Reiseleiter, halb Thai, halb Deutscher, gelang es, ein Fotoshooting unserer kleinen Touristengruppe mit jungen Mönchen beim Besuch einer Tempelanlage zu arrangieren. „Bitte darauf achten, die jungen Männer ja nicht zu berühren“, ermahnte er die weiblichen Reisemitglieder.
Gute und böse Geister
Neben dem Buddhismus ist auch der Glaube an Geister sehr präsent in Thailand. Viele Familien besitzen ein Geisterhäuschen oder einen Schrein, wo sie dem Schutzgeist allmorgendlich Gaben opfern. Beim Betreten eines Hauses darf nicht auf, sondern über die Schwelle getreten werden, um den Hausgeist nicht zu stören. Oder: Beim Anblick eines Babys etwa sollte man nicht in Verzückung geraten, sondern tatsächlich das Kind als hässlich bezeichnen, um es vor bösen Geistern zu schützen.
Vor allem in Dörfern leben viele Thailänder in Großfamilien und nach der Hochzeit zieht der Mann zu den Schwiegereltern. Die Großfamilie funktioniert dann wie ein kleines Unternehmen, in dem jedes Familienmitglied entsprechend seinen Fähigkeiten einen Beitrag leistet, um ein nützliches Produkt für die Dorfgemeinschaft herzustellen. Bei einer Dorfbesichtigung beeindruckte besonders die Wiederverwendung von Altmaterial: Überall sind Müllbehälter aufgestellt, die aus alten Reifen angefertigt wurden.
In Thailand herrscht ein Ein-Ehe-System. Polygamie war bis 1935 im Zivilrecht anerkannt. Sie wird noch von einigen Menschen praktiziert. Bei Scheidungen einigt man sich, Gewaltszenen gelten als Ausnahme.
Großstadt der Gegensätze
Das Land ist von prächtigen, goldverkleideten Tempelanlagen sprichwörtlich übersät. Allein schon Bangkok bietet einen beeindruckenden Einblick in die großartige Tempelkultur. Die namentliche Erwähnung der wichtigsten sehenswerten Anlagen der Hauptstadt würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Doch Buddha wird allerorts verehrt.
Nach dem 12-stündigen strapaziösen Flug nach Südostasien ist der Reisende überwältigt von der modernen Architektur dieser 8-Millionen-Stadt, dem dichten linksseitigen Autoverkehr, zu dem massenweise Mopeds gehören und typische Tuk-Tuks, eine Art motorisierte Rikscha als Taxi-Ersatz. Auf einer Seite sind futuristische Hochhäuser, Luxushotels und elegante Bankgebäude zu bestaunen, auf der anderen Seite einfache bis schäbige Holzhäuser und Pfahlbauten in den ursprünglichen Vierteln, längs der Klongs (Kanäle). Unser Hotel, in herrlicher Lage am Fluss, dem Menam Chao Phraya gelegen, bietet einen fotogenen Ausblick auf die originelle Hochhauskulisse. Trotz moderner Beförderungsmittel wie Hochbahn und U-Bahn gelangt man bequem per Boot über den Chao Phraya zum historischen Zentrum.
An erster Stelle der Besichtigungen steht der imposante Königspalast mit dem Tempel des Smaragdbuddhas, eine nur 66 cm hohe legendenumwobene Jadefigur, die als nationales Heiligtum gilt. Die Besichtigung des Königspalastes und der Tempel ist nur in züchtiger Kleidung und barfuß zugelassen. Sommerliche Beinfreiheit und nackte Arme sind verpönt. Tempelwärter achten am Eingang auf vorschriftsmäßige Kleidung der Besucher: So wird ein junges Mädchen wegen ihrer geschlitzten Jeans, die einen Blick auf ihre Knie gestatten, zurückgewiesen.
Der 67-Meter-hohe Wat Arun (‚Wat‘ bedeutet Tempel), der Tempel der Morgenröte, ist mit farbenprächtigen Porzellanscherben ausgekleidet und stärker als andere Anlagen von der Khmer-Architektur geprägt. Wer sich einen Überblick verschaffen will, kommt nicht umhin, die hohen, schmalen Stiegen mühsam zu erklimmen und das Hinuntersteigen mit großer Vorsicht zu bewältigen.
Der liegende Riesenbuddha im Wat Pho, eine 15 m hohe und 45 m lange vergoldete Statue, kann nur als Panoramafoto zur Erinnerung eingefangen werden. Einblick in die Geschichte und Identität des thailändischen Volkes bietet das Siam-Museum.
Eine entspannende mehrstündige Bootsfahrt führt zu den verwitterten großflächigen Tempelanlagen von Ayutthaya. Diese einstige Hauptstadt des Königreichs Siam, mit ihren beeindruckenden riesigen Buddha-Figuren, zählt heute zum Weltkulturerbe. In Phanom Rung und Phimai erinnern die Khmertempel an das kambodschanische Angkor Wat. Phimai wird von Archäologen als Vorlage für diese bekannte Tempelstadt des Nachbarlandes vermutet, denn zwischen dem 9. und 13. Jahrhundert stand Thailand gebietsweise unter dem Einfluss des Khmerreiches, dem heutigen Kambodscha.
Auch Sukhothai, weiter nördlich, mit seinen 193 Tempelruinen, die auch per Fahrrad besichtigt werden, zählt zum Weltkulturerbe.
Riesige Reisfelder, Bananenstauden, Ananasanbau standen bisher im landschaftlichen Mittelpunkt. Je nördlicher man reist, umso grüner wird die Landschaft dank der Wiederaufforstungsprojekte der letzten Jahre. Bewaldetes Gebirge, wo Bergvölker ihr eigenes hartes Leben fristen, bilden den Hintergrund zu gepflegten Holzhäusern längs der Fahrbahn.
Im Goldenen Dreieck
Eindrucksvoll auch eine Bootsfahrt im Dreiländereck nahe der nördlichsten Stadt Chiang Rai. Der Mekong-Fluss trennt im Westen Thailand von Myanmar, im Osten von Laos. Auch als Goldenes Dreieck bekannt, bezieht sich diese Bezeichnung auf den lukrativen Opiumhandel, dessen Geschichte man in einem modernen Museum, der Hall of Opium, verfolgen kann. Die offene grüne Grenze zu den beiden Nachbarländern, wo Opium großflächig angebaut wird, verführt zum Schmuggel der teuren Ware nach Thailand. In Thailand selbst wurden die Opiumfelder zerstört, es erfolgen stichpunktartige Drogenkontrollen durch Videokameras und Zivilpolizisten und illegaler Handel wird mit langjährigen Haftstrafen belegt.
In der näheren Umgebung von Chiang Rai überrascht ein strahlend weißer Tempel die an zahlreiche goldbeschichtete Tempelanlagen und verwitterte, doch historisch wertvolle Khmerruinen gewöhnten, oder besser gesagt, verwöhnten Touristen. Wat Rong Khun, eine einzigartige, märchenhafte, silbrig-weiß im Sonnenlicht glänzende Anlage eines zeitgenössischen Künstlers, ist ein unerschöpfliches Fotomotiv und ein Highlight, zumal der Künstler Kositpipat, auch zeitkritische und humorvolle Elemente in sein Kunstwerk integriert hat.
Nach den zahlreichen Tempelbesichtigungen hat sich die Buddha- und Geisterverehrung auch auf unsere kleine Reisegruppe übertragen. In Lampang schließen wir uns den einheimischen Buddha-Verehrern an und gießen reihum heiliges Wasser in einen Topf, der mit vereinten Kräften an einem Seil hochgezogen wird, um sich über den goldglänzenden, glockenförmigen Chedi zu leeren, der, wie Chedis im Allgemeinen, die Asche einer besonderen Persönlichkeit birgt. Nun hat jeder einen Wunsch frei.
Letzte Etappe dieser Reise ist die am 90 km langen Bing-Fluss gelegene Stadt Chiang Mai, die als Hauptstadt und -anziehungspunkt des Nordens gilt. Hier kann der Tourist nach Herzenslust auf dem bunten Nachtmarkt scharf gewürzte Spezialitäten und kuriose exotische Leckerbissen wie gegrillte Heuschrecken und Maden kosten und um alle erdenklichen Gebrauchsgegenstände feilschen, neben geschmackvollem Kunsthandwerk auch Kitsch und Imitate einschließlich.
Die von einer roten Ziegelmauer umgebene, durch einen Wasserschutzgraben getrennte Altstadt, beherbergt eine Unmenge an Tempeln. Der größte Altstadt-Tempel, der Wat Phra Sing, zeugt vom Alltagsleben an Wandmalereien und beherbergt mehrere wertvolle Buddha-Figuren sowie einen überdimensionalen Fußabdruck Buddhas. Die mächtigen, im Freien aufgestellten Glocken ermöglichen den Besuchern durch dreimaliges Anschlagen derselben, einen Wunsch gegen Himmel zu schicken. Eine Gelegenheit, die von vielen genutzt wird.
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