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Bitte einsteigen!Drei Jahre gratis öffentlicher Transport: „Qualität wichtiger als Kostenlosigkeit“

Bitte einsteigen! / Drei Jahre gratis öffentlicher Transport: „Qualität wichtiger als Kostenlosigkeit“
Passagierzahlen steigend? Auch nach drei Jahren Gratis-Nutzung der öffentlichen Transportmittel fällt eine Bilanz nicht leicht.  Foto: Editpress/Julien Garroy

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Seit ziemlich genau drei Jahren ist der öffentliche Transport hierzulande gratis. Im Ausland erhielt Luxemburg für diese Maßnahme viel Lob. Zeit für eine Bilanz.

„Bitte einsteigen!“

So heißt unsere Artikelserie zum öffentlichen Personenverkehr in Luxemburg. Das Tageblatt beleuchtet mit Interviews, Selbsttests und Analysen alle denkbaren Aspekte des öffentlichen Transports, um in den nächsten Wochen herauszufinden, wie gut Bus, Zug und Co. im Großherzogtum funktionieren. Teil drei versucht sich an einer Bilanz nach drei Jahren gratis öffentlichem Transport.

Im Herbst 2022 forderte Petition 2454 eine Abkehr vom kostenlosen öffentlichen Personenverkehr in Luxemburg. Motiv: Mit den Einnahmen aus dem Fahrkartenverkauf könnten Maßnahmen zur finanziellen Entlastung der Bürger bezahlt werden, insbesondere die Energiezulagen. Dabei ist die Mobilitätswende gerade vor dem Hintergrund des Krieges gegen die Ukraine stärker in den Mittelpunkt gerückt. Schließlich geht es auch darum, die energetische Abhängigkeit von Russland zu reduzieren.

Als Luxemburg am 29. Februar 2020 den kostenlosen öffentlichen Transport einführte, war die Motivation eine andere. Es ging um den Klimaschutz, aber vor allem um den Kampf gegen den alltäglichen Verkehrsinfarkt auf Luxemburgs Straßen. Denn weniger als 20% der täglich 200.000 Pendler nutzten für den Weg zur Arbeit die öffentlichen Transportmittel. Und Luxemburg hat nach Katar den höchsten Anteil an Kraftfahrzeugen pro Haushalt zu verzeichnen.

„Observatoire de la mobilité“

Drei Jahre später ist es nicht einfach, eine vorläufige Bilanz zu ziehen, denn verlässliche Zahlen gibt es kaum. „Wir sind momentan dabei, ein ,observatoire de la mobilité‘ aufzustellen“, sagt Mobilitätsminister François Bausch („déi gréng“) im Gespräch mit dem Tageblatt. Via Handydaten sollen die Passagierströme erfasst werden, damit besser auf die Bedürfnisse der Menschen eingegangen werden kann. Ein Mobilitätsmonitoring also.

Die Analyse der Entwicklung der Passagierzahlen im öffentlichen Transport seit dem 29. Februar 2020 gestaltet sich derweil kompliziert. Pandemie und Lockdown verhindern einen objektiven Vergleich, zudem werden noch längst nicht in allen Transportmitteln die Anzahl der Passagiere erfasst. So sind momentan 60% der Busse mit dementsprechenden Zählern ausgestattet. In zwei Jahren sollen es alle sein, hofft Bausch. Verlässliche Zahlen gibt es aber bei der Tram. Im Februar 2020 wurden 31.000 Passagiere pro Tag (montags bis freitags) gemessen, inzwischen sind es 100.000. Allerdings ist das Netz in den drei Jahren auch substantiell erweitert worden. Trotzdem ist die Tram durch die Hauptstadt ohne Zweifel eine Erfolgsgeschichte. „Beim Tram gibt es Monat für Monat neue Rekorde zu verzeichnen“, sagt François Bausch,  „wenn man zudem bedenkt, dass die Strecke noch nicht fertig ist … Es sind jetzt 100.000 pro Tag. Wie würde man das heute noch mit den Bussen hinkriegen?“

Mobilitätsminister François Bausch
Mobilitätsminister François Bausch Foto: Editpress/Julien Garroy

Für Bausch ist der Fakt, dass die öffentlichen Transportmittel gratis sind, nicht der ausschlaggebende Faktor für deren Erfolg. Vielmehr ist es die Qualität des Verkehrsnetzes, die den Ausschlag gibt: „Die Kostenlosigkeit für die Benutzer ist nur die Kirsche auf dem Kuchen. Ich will nicht sagen, dass sie nicht hilft, aber einen Quantensprung in den Passagierzahlen bekomme ich nur über die Qualität. Damit meine ich gute Verbindungen, ordentliche Züge, Korrespondenzen, die funktionieren, und keine Verspätungen.“ Das Beispiel Schweiz würde das beweisen, denn die Schweiz sei das Land, indem der öffentliche Transport am meisten genutzt werde, obwohl er dort mit am teuersten sei. „Warum? Weil er super ist!“, schwärmt François Bausch.

Bis Luxemburg so weit ist, wird noch einige Zeit vergehen. Immerhin aber gibt es einen nationalen Mobilitätsplan (PNM2023). Und die laufenden Projekte wie der Neubau der Zugverbindung zwischen Bettemburg und der Hauptstadt werden in wenigen Jahren ihre Früchte tragen. Dann wird zu Spitzenzeiten ein 7-Minuten-Takt zwischen Thionville und Luxemburg möglich sein. „Wir sind weiter in der Transitionsphase, aber wir haben einen Plan, den PNM2035. Wenn wir den konsequent umsetzen, sind wir 2035 in einer ganz anderen Welt“, sagt der Mobilitätsminister. Natürlich sorgen bis dahin die Baustellen aber auch für Frust bei den Passagieren, denn sie sind mit der Ursprung von Verspätungen.

41 Millionen Euro jährlich fehlen

Auf 41 Millionen Euro pro Jahr wurde der Einnahmeausfall durch den weggefallenen Fahrkartenverkauf unlängst vom Ministerium beziffert. Vier Euro kostete eine Tageskarte für Bus/Tram/Bahn vor März 2020. Da der öffentliche Personenverkehr den Staat rund 700 Millionen Euro jährlich kostet, lässt sich der „Verlust“ von 41 Millionen Euro wohl verschmerzen, so die Überlegung.

Andere Länder und Städte gingen in eine ähnliche Richtung. Auf der Baleareninsel Mallorca dürfen Einheimische öffentliche Transportmittel neuerdings gratis nutzen, vor wenigen Monaten schlug Malta einen ähnlichen Weg ein. Estland gilt als Vorreiter, aber es gibt auch andere Beispiele. Hasselt (B) führte bereits 1997 den kostenlosen öffentlichen Transport ein, ruderte aber aus Kostengründen 2014 wieder zurück. Ist eine Kehrtwende auch in Luxemburg denkbar? „Ich denke, das wäre keine gute Idee. Denn die Kostenlosigkeit ist neben der Investition in die Qualität ein zusätzlicher Hebel, um die Menschen in die öffentlichen Transportmittel zu bringen“, sagt Minister Bausch. Und weiter: „Wenn aber einmal Finanzierungsbedarf bestünde und zusätzliche Einnahmen erforderlich wären, dann würde ich eher über den Weg von Steuern, von spezifischen Taxen, wie zum Beispiel in Frankreich die ‚Taxe transport‘, gehen. Die wird von den Unternehmen getragen. Was auf keinen Fall geschehen darf, ist, dass wegen der Kostenlosigkeit an den Investitionen gespart wird.“

Im Ausland blickt man jedenfalls nach wie vor anerkennend und mitunter neidisch auf Luxemburg. „Was kann Deutschland von Luxemburg lernen?“, fragte im Zuge der Debatten über das 9-Euro-Ticket die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Der Tagesspiegel bezeichnete Luxemburg mit seinem „0-Euro-Ticket“ als „Labor der Verkehrswende.“ Die Petition 2454 totalisierte im Übrigen 169 Unterschriften. 4.500 braucht es, damit es zu einer öffentlichen Debatte im Parlament kommt.


„Bitte einsteigen!“

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jean-pierre.goelff
21. März 2023 - 17.47

....Mr.Kosti,den Gratistransport ass trotzalledem eng gudd Saach,mee,deï ganz Geschicht richtig an gudd organiseïeren,daat ass eng aaner Gei,an zimlich komplizeïert!Virun villen Joëren war ech zu Köln-Hbf,do ass praktisch all Minutt'een Zuch kom,an d'Correspondance quai à quai hu^t och nach geklappt,an dun hun d(Politiker sech dran gemëscht....heiaSafari...irgendweï schëngt daat am Ländchen och den Fall ze sin!Ewell passt op,een Eisebunner ass nit onbedigt een gudden Transportminister!(ein Schelm ist,wer da an den grünen Franz denkt!!)

Kosti
1. März 2023 - 13.52

Komplette Gratistransport muss guer nëtt sinn,
daat sin Steiergelder verpolfert, daat Vollék waat do
an den Bussen an Tram mat ronderëm kutschéiert ass och
nëtt ëmmer ze erdrohën an kann ganz gelungen sinn,
dofir meiden ech d'lescht Zeit den öffentléchen Transport
and klamme an mein Auto.

Julius
26. Februar 2023 - 11.37

Effektiv hat die Qualität sich
nicht überall verbessert, in
manchen Bereichen schon,
aber Bausch müsste etwas
nachbessern bevor er vielleicht
nicht mehr gewählt würde,
totaler Gratistransport müsste
nicht unbedingt sein.

Tola
25. Februar 2023 - 21.03

Merci Fränz.

ptmeier1
25. Februar 2023 - 15.06

Qualität? Eine Bus-Odyssee von der Stadt oder vom Kirchberg nach z.B. Remich dauert oft mal locker eineinhalb Stunden.
Kaum hat die Tram eine Sitzbank am Wegesrand entdeckt, schon stoppt sie wieder! Und die Busse erst! An jeder Bank am Wegesrand hält der Bus. Warum gibt es keinen Bus nach Remich, der von Gare bis Hesper oder Frisange erst mal ohne Halt durchfährt? Es gibt beileibe genügend Buslinien, die die Hauptstrecke Stadt-Hesper oder Frisange bedienen. Da muss nicht der Remicher Bus noch an jeder Haltestelle stoppen. Das macht die Busfahrt nach Remich so endlos, dass man besser das Auto nimmt.