Die Vorliebe für Zigarren passt zu jener für guten Wein und exquisite Kochkunst. Die Liebhaber sind sich einig: Die After-Dinner-Zigarre, nach einem guten Essen, verspricht den größten Rauchgenuss. Dabei könne man sich entspannen, den Tag noch einmal Revue passieren lassen, Musik hören, sagen die Aficionados.
Eine Zigarre steckt man nicht einfach so an. Ihr Genuss ist ein echtes Ritual. Das Zeremoniell beginnt beim Anschneiden. Dafür braucht man eine Guillotine. Damit kann die Zigarre vorsichtig, sauber und schnell angeschnitten werden. Die Kappe darf dabei nicht beschädigt werden, weil sich sonst das Deckblatt löst. Das Loch muss aber trotzdem groß genug sein, um genügend Rauch durchzulassen.
Das Anzünden ist ein weiteres Ritual. Dafür benutzt man am besten ein dünnes Blatt aus Zedernholz, alternativ geht auch ein Gasfeuerzeug oder ein Zündholz. Dabei wird das Feuer auf etwa sechs Millimeter Abstand gehalten, die Zigarre langsam gedreht, damit sie rundherum eine gleiche Glut bildet und erst dann wird angefangen zu paffen.
Zigarren sollten niemals in Eile geraucht werden. Ob sie in kleinen Zügen genossen werden oder in langen, gleichmäßigen, das bleibt dem Einzelnen überlassen. Der Rauch sollte dabei allerdings im Mund kreisen und dann ganz langsam wieder ausgestoßen werden, um die ganze Geschmacksbreite zu erforschen. Nach etwa zwei Dritteln ist Schluss, sonst fängt die Zigarre an zu „beißen“ und der Genuss geht verloren. Das sind die Ratschläge der internationalen Connaisseurs. Doch wie steht es mit den hiesigen Rauchern?
Genau wie in den meisten Ländern ist Zigarre-Rauchen auch bei uns eine gesellige Angelegenheit. Es ist ein Genuss, dem gerne mit Gleichgesinnten gefrönt wird, bei dem man sich austauscht und weiterbildet. Das machen die hiesigen Amateure in den sechs bis sieben Zigarrenclubs, die es hierzulande gibt.
„Sie funktionieren alle unterschiedlich“, weiß Christian Kaempff. Er ist der Schatzmeister des ältesten hiesigen Clubs. Der „Cigar Club Luxembourg“ feiert im nächsten Jahr seinen 25. Geburtstag. Schon jetzt verweist eine elegante, speziell angefertigte Schachtel auf die anstehenden Feiern. Wichtig ist jedoch vor allem der Inhalt der schicken Box: Die darin enthaltenen Zigarren sind eine Sonderanfertigung zum Jahrestag.
Die Mitglieder des Zigarrenclubs treffen sich einmal monatlich. Sie rauchen dabei in der Regel zwei Zigarren, eine erste, leichtere beim Aperitif und eine zweite nach dem Essen. Eine der beiden kommt aus Kuba.
Durch den gemeinsamen Ankauf, durch die Verbindungen mit den Produzenten, die im Laufe der Jahre entstanden sind, besitzt der Club spezielle, mitunter ganz außergewöhnliche Zigarren. Diese werden dann bei den monatlichen Treffen gemeinsam geraucht und kommentiert. Sie werden nach bestimmten Kriterien klassiert und miteinander verglichen, genau wie es auch die Weinkenner mit den verschiedenen Crus machen.
Regelmäßig organisiert der Zigarrenclub Reisen in Tabakländer, um im direkten Austausch mit den Produzenten mehr über die einzelnen Sorten und Formate zu erfahren.
Ein Stück Geschichte
Den ersten Hinweis auf Tabak gibt es in den Tagebüchern von Christoph Kolumbus. Aber auch die anderen großen Entdecker wie Amerigo Vespucci oder Fernando de Maghales haben den Rauch beschrieben, den die Indianer aus Tabakbündeln saugten, die sie als „Cohibas“ bezeichneten.
Sehr schnell war damit der Tabakhandel geboren. Ab dem 16. Jahrhundert verkaufte Spanien Tabak aus seinen Kronkolonien. Katharina von Medicis soll eine wahre Verehrerin der „Heilpflanze“ gewesen sein, die ihr Botschafter, Jean Nicot, aus Portugal mitgebracht hatte.
Populär wurde das Zigarrenrauchen im 19. Jahrhundert, nachdem die Truppen Napoleons die Zigarren aus dem französisch-spanischen Krieg (1806-1812) mitbrachten. Dennoch bleibt es, bedingt durch den Preis, bis heute eine verhältnismäßig elitäre Liebhaberei.
Kuba hat etwa ab 1800 eigene Zigarren hergestellt. Durch den Ausbau der kubanischen Häfen gedieh der Handel, ab 1830 prägten große Marken wie „Ramon Allones“, „Punch“, „H. Upmann“, „La Corona“, „Partagas“, „Hoyo des Monterrey“ oder „Romeo & Julieta“ den Markt.
Zu einem Umschwung kam es 1959, als Fidel Castro die Zigarrenindustrie verstaatlichte, indem er das US-Geschäftskapital enteignete. 1961 kam es zu einem Einfuhrverbot kubanischer Zigarren in die USA. Bevor das Embargo in Kraft trat, soll Präsident John F. Kennedy, der häufig zigarreschmauchend auftrat, mehr als 1.000 Havannas einkaufen und bunkern gelassen haben, um seinen persönlichen Bedarf zu decken. Für Fidel Castros Eigenbedarf wurde 1966 die Marke „Cohiba“ gegründet.
Die Kubakrise
1959 hatte Fidel Castro die Zigarrenproduktion nicht ganz verstaatlicht, nur die Hälfte der Herstellung lag in Regierungshand, die anderen 50 Prozent gehörten der französisch-spanischen Firma Altadis. Die europäischen Länder waren dadurch lange Zeit privilegiert. „Wir bekamen immer wieder Neuheiten und hervorragende Qualität“, weiß Christian Kaempff.
Vor etwa drei Jahren jedoch ging dieser Teil der Gesellschaft an die chinesische Firma Huabo in Macao. Danach schnellten nicht nur die Preise um ein Vier- bis Fünffaches in die Höhe, sondern auch der Markt änderte sich.
Mehr und mehr wurde eine aufsteigende asiatische Mittelschicht bedient, die europäischen Märkte sahen ihre Privilegien schwinden.
Parallel dazu kam es zu einem Produktionseinbruch. Christian Kaempff nennt dafür mehrere Gründe. Er spricht vom Mangel an Deckblättern, von einem Produktionsrückgang wegen der Covid-Pandemie und von den Hurricanes, die periodisch über Kuba hinwegfegen und die Produktion lahmlegen.
Dazu kommen Währungsprobleme, die den Einkauf erschweren, sowie die Preispolitik der neuen Abnehmer. Die kubanischen Bauern bekommen zurzeit so wenig Geld für ihren Tabak, dass sie auf andere Kulturen ausgewichen sind und lieber landwirtschaftliche Produkte für den eigenen Markt anbauen.
Alternativen
Zino Davidoff, einer der ganz großen Aficionados der Zigarrenindustrie, hatte vieles gemacht, um der kubanischen Zigarre nach dem Bruch mit den USA unter die Arme zu greifen. 1989 jedoch kam das Aus, der Händler sah sich in der Dominikanischen Republik nach günstigeren Bedingungen um.
Dennoch betrachten die Aficionados und Connaisseurs nach wie vor „Pinar del Rio“, im Westen Kubas, als Wiege der weltweit besten Zigarren. Die landschaftlichen Voraussetzungen sind ideal. Der Boden besteht aus rötlichem Lehm, das Klima ist feucht, es regnet regelmäßig, aber nicht zu heftig, die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei 26 Grad und die Sonne scheint jeden Tag.
Das bestätigt auch Christian Kaempff. Kuba habe mittlerweile weniger Qualitätskontrolle als seine Nachbarn, in denen größtenteils private Betriebe tätig sind, erklärt er weiter und verweist auf die verlässliche Regularität der Produkte aus den neueren Ländern. Diese haben zum Beispiel neue Methoden entwickelt, um die Schädlinge zu bekämpfen, die mitunter den Spaß an der Zigarre verderben. Sie frieren die Zigarren ein, bevor sie auf den Markt kommen. Damit hat der lästige Wurm keine Überlebenschancen.
Zu den großen heutigen Produzenten gehört allen voran die Dominikanische Republik. Dort wird seit langem Tabak angebaut, seit den 70er Jahren des vorherigen Jahrhunderts werden auch Zigarren produziert. Inzwischen kommen berühmte Marken wie „Don Diego“, „Dunhill“, „Montecruz“, „Primo des Rey“, „Upmann“ oder auch große Partagas von dieser Insel.
Weitere Produktionsländer sind Honduras, Mexiko oder Nicaragua. Genau wie Honduras verdankt es seinen Ruf der Familie Oliva, die nach kubanischem Vorbild arbeitet. Jamaika blickt ebenfalls auf eine jahrhundertealte Tradition in der Herstellung feiner, handgemachter Zigarren zurück. Eine treue Anhängerschaft haben auch die brasilianischen Zigarren. Zigarren werden auch außerhalb von Mittelamerika produziert. Spanien zum Beispiel hatte einen Teil der Produktion auf die kanarischen Inseln verlegt. Sumatra, die Phillipinnen und Kamerun sind weitere Produzenten. „Ihre Produkte kommen jedoch nicht an die der klassischen Herkunftsländer heran“, so Christian Kaempff.
In guter Gesellschaft
Viele Zigarrenliebhaber sehen in dem bereits genannten Zino Davidoff den größten Connaisseur aller Zeiten. Weitere Namen sind aber auch Alfred Dunhill, der persönliche Lieferant von Winston Churchill, von dem kaum ein Foto ohne Zigarre existiert. Seine Lieblingshavanna war die Double Corona. Er rauchte seine Zigarren meistens nur zur Hälfe und probierte alle möglichen feinen Havanna-Sorten aus. Einige Formate tragen heute seinen Namen.
Frauen sind mit zwei Prozent der Zigarrenraucher in der Minderzahl. Eine Vorreiterin war die französische Schriftstellerin George Sand, selbst wenn vor ihr auch bereits Katharina die Große Zigarre rauchte. Greta Garbo, Marlene Dietrich, Sharon Stone, Linda Evangelista, Whoopi Goldberg oder Demi Moore sind weitere bekennende Zigarren-Aficionadas. Es gibt mittlerweile auch eine Zigarren-Herstellerin. Maya Selva produziert seit 1995 in ihrem Heimatland Honduras die „Flor de Selva“, die bei Blindverkostungen immer sehr gute Bewertungen bekommt. Und nicht zuletzt in Luxemburg gibt es auch einen weiblichen Zigarrenclub.
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