Den Abgeordneten der Spezialkommission Tripartite mangelt es wahrlich nicht an Arbeit. Nachdem sich die Arbeiten am „Solidaritéitspak 1.0“ bis kurz vor die Sommerpause hinzogen, sind die Parlamentarier seit Anfang Oktober wieder im Einsatz, um die Maßnahmen aus dem „Solidaritéitspak 2.0“ zu verwirklichen. Und es bleibt noch ein ganzes Stück Arbeit, denn: Einzig und allein das Gesetz zur Senkung der Mehrwertsteuer hat bisher den Weg durchs Parlament gefunden. In dem Gesetzentwurf wurden ebenfalls die Subvention für Heizöl von 7,50 Cent pro Liter auf 15 Cent pro Liter und die Subvention von Industriediesel auf 15 Cent pro Liter angehoben. Diese Subventionen sollen bis zum 31. Dezember 2023 weiterlaufen. Mit 60 Ja- und keiner einzigen Gegenstimme wurde das unumstrittene Gesetz am 20. Oktober am Krautmarkt durchgewunken.
In einer Motion hatte die CSV-Fraktionsvorsitzende Martine Hansen während einer Plenarsitzung am 20. Oktober 2022 zusätzliche Kompensationsmaßnahmen für landwirtschaftlichen Diesel gefordert. Diese Motion wurde mit den Stimmen der Mehrheitsparteien und von „déi Lénk“ abgelehnt. Landwirtschaftsminister Claude Haagen (LSAP) hat in dem Kontext auf das bereits in der Version 1.0 geschnürte Maßnahmenpaket verwiesen, in dem pro landwirtschaftlichen Betrieb 35.000 Euro an finanziellen Hilfen bereitgestellt wurden. Wie das Tageblatt schon Anfang Juli in Erfahrung brachte, sind diese Hilfen jedoch an Bedingungen geknüpft. „Im Rahmen der Tripartite wurden diese Beihilfen vom Landwirtschaftsministerium mit einem Maximalbetrag von 35.000 Euro/Betrieb eingeplant, aber nur für den Fall, dass eine detaillierte Analyse der landwirtschaftlichen Märkte und eine Bestandsaufnahme der Situation unserer landwirtschaftlichen Betriebe nach der Ernte im Herbst 2022 ergibt, dass diese Beihilfen nötig sind“, lautete die Antwort aus dem Landwirtschaftsministerium auf Anfrage des Tageblatt. Nationale Interventionen im Agrarbereich sind aufgrund der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (siehe Infokasten) schwieriger umzusetzen als Unternehmensbeihilfen in anderen Wirtschaftssektoren.
Formale Opposition
Größere Probleme bereitet hingegen der Gesetzesentwurf, der die Beihilfen für die Unternehmen regelt, die besonders stark von den steigenden Energiepreisen betroffen sind. Wirtschaftsminister Franz Fayot (LSAP) legte den Abgeordneten den Gesetzentwurf am 27. September vor und ergänzte diesen am 10. Oktober noch einmal mit einer Reihe von Änderungsanträgen der Regierung. Der Staatsrat jedoch legte vergangene Woche gegen eine dieser Änderungen eine „opposition formelle“ ein. Der Entwurf der Regierung sieht nämlich derzeit vor, dass ab Oktober keine Beihilfen mehr beantragt werden können, wenn diese den Grenzwert von 100 Euro nicht überschreiten. Eine Maßnahme, die laut Regierung „zur Begrenzung des Verwaltungsaufwands“ eingeführt wurde.
„Da diese Maßnahme rückwirkend zum Zeitpunkt der Verkündung des Gesetzes gilt, kein Ziel von allgemeinem Interesse verfolgt und das berechtigte Vertrauen der potenziellen Beihilfeempfänger verletzt, muss der Staatsrat formell Einspruch dagegen erheben“, schreibt die hohe Körperschaft in ihrem Gesetzesgutachten. Die Parlamentarier der Sonderkommission Tripartite werden sich deshalb am 8. November erneut mit dem Gesetzentwurf des LSAP-Ministers beschäftigen müssen. Im „Solidaritéitspak“ begründete die Regierung die Maßnahme dadurch, dass ein „Level playing field“ für Luxemburger Firmen hergestellt werden sollte. Das im Vergleich zu Mitbewerbern, die in ihren Heimatländern wegen der Unterstützungsleistungen einen Wettbewerbsvorteil haben.
„Good faith“-Abkommen
Die Vorzeigemaßnahme des Tripartite Abkommens aber bleibt die Deckelung der Gaspreisbremse und die Deckelung der Strompreise für Privathaushalte. Geplant ist, dass der Preisanstieg beim Gas auf 15 Prozent im Vergleich zum durchschnittlichen Preisniveau im September 2022 gedeckelt wird. Die Preise für Strom für Haushalte mit einem Verbrauch von weniger als 25.000 Kilowattstunden im Jahr sollen sogar auf dem Niveau von 2022 „stabilisiert“, sprich gedeckelt werden – das, um dem erwarteten Anstieg der Strompreise zu Beginn des kommenden Jahres entgegenzuwirken.
Bisher hat die Regierung jedoch nur einen Gesetzentwurf für die Gaspreisbremse vorgelegt. Diese basiert jedoch auf einem „Good faith“-Abkommen – dixit Energieminister Claude Turmes („déi gréng“) – zwischen Regierung und Gasversorgern in Luxemburg, das bereits in Kraft ist. Heißt: Die Mehrkosten für die befürchteten Gaspreisanstiege Beginn Oktober wurden bereits von der Regierung übernommen – ohne dass die legislative Basis dafür bereits gelegt wurde. Zudem sollen die Netzkosten für das Gasnetz bis Dezember 2023 ebenfalls von der Regierung und nicht vom Endverbraucher übernommen werden. Damit wird eine Maßnahme aus dem ersten Tripartite-Abkommen zu Beginn des Jahres um ein weiteres Jahr verlängert.
Keine Index-Modulation
Die einzige weitere Maßnahme, für die der rechtliche Rahmen bereits bekannt ist, ist die der staatlichen Beteiligung an den Energiekosten von Pflegeheimen. Auch hier ist geplant, dass Luxemburgs Alten- und Pflegeheime ab dem ersten Oktober eine finanzielle Unterstützung für die steigenden Energiekosten erhalten – und diese im Gegenzug nicht auf ihre Einwohner abwälzen. Der Beitrag wird auf der Grundlage ihrer Kosten im Vergleich zum Zeitraum von Januar 2019 bis Juni 2022 berechnet. Das Gutachten des Staatsrates steht bei diesem und beim Gesetzesentwurf zur Gaspreisbremse noch aus.
Da im Solidaritéitspak 2.0 keine Modulation der Lohnindexierung vorgenommen wurde, fallen keine legislativen Arbeiten zur Änderung des Index-Gesetzes an. Diese haben nach dem vergangenen Tripartite-Abkommen im Frühjahr dieses Jahres die Arbeiten in der Spezialkommission bestimmt. Eine Indextranche, die möglicherweise Ende des Jahres oder Anfang 2023 fällig wird, soll ebenso ausgezahlt werden wie die Indextranche, die von Juni 2022 auf April 2023 verschoben wurde.
Unterstützung für Landwirte
Einige Landwirte kommen derzeit noch in den Genuss von finanziellen Beihilfen, die teilweise noch aufgrund der Pandemie beschlossen wurden. So erhalten Schweinezuchtbetriebe eine finanzielle Unterstützung von bis zu 40.000 Euro. Bis Juni wurden laut Landwirtschaftsministerium insgesamt 556.845,59 Euro ausgezahlt. Insgesamt 29 Luxemburger Betriebe haben diese Beihilfen demnach erhalten. Zudem können Landwirte einen Antrag auf Beihilfen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU stellen. „Die Beihilfe ist an die Bedingung geknüpft, dass sich die Erzeuger des Agrarsektors zu umwelt- und klimagerechten Produktionsmethoden verpflichten“, schreibt das Landwirtschaftsministerium. Für diese Beihilfe stehen insgesamt 1.330.710 Euro zur Verfügung.
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ist ein Politikbereich der Europäischen Union. Bei der Errichtung des Gemeinsamen Marktes durch den Vertrag von Rom im Jahr 1958 war die Landwirtschaft in den sechs Gründerstaaten durch eine starke Intervention des Staates gekennzeichnet. Um die landwirtschaftlichen Erzeugnisse in den freien Warenverkehr einzubeziehen und zugleich eine staatliche Intervention im Agrarsektor beizubehalten, mussten die mit dem Binnenmarkt nicht zu vereinbarenden nationalen Interventionsmechanismen abgeschafft und auf die Gemeinschaftsebene übertragen werden.
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Wat ass dat e Gedeesems! Weivill Aaarbechtsstonnen, Sitzungen, Froen, Argumenter, Géigenargumenter... bref, weivill Energie, Opwand an Finanzen sin bis elo drop gangen déi een hätt zwouscht anerschters wesentlech méi effektiv an wirkungsvoll fir Land a Leit kéinten asetzen. Einfach den nach funktionnéirenden Tube vun Nord Stream ll opmachen an färdeg. De Putin géif jo liwweren!
Mä nee, do sin politesch Kräfter dohannert, déi op ons Käschten dat mordicus net wëllen well et hinnen gutt an de Kroom passt an hiren wirtschaftlechen Interessen notzt... an et sin bestëmmt keng russesch!