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Autorin Katja Diehl in LuxemburgAlles Auto, oder was? Der lange Weg zur Verkehrswende 

Autorin Katja Diehl in Luxemburg / Alles Auto, oder was? Der lange Weg zur Verkehrswende 
Momentan befindet sich die Mobilitätsexpertin Katja Diehl auf Lesereise. Ihr Buch „Autokorrektur“ hat ihr nicht nur Freunde eingebracht. Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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„Jeder soll das Recht haben, ein Leben ohne Auto zu führen“: Das ist das Ziel von Katja Diehl, deren Buch „Autokorrektur“ es in die Spiegel-Bestsellerliste geschafft hat. Diehl fordert die Verkehrswende, einen neuen Blick auf Mobilität. Das geht nur mit einer Abkehr vom Auto. Am Dienstag war die Schriftstellerin und Mobilitätsexpertin in Luxemburg zu Gast.

„26 Millionen Menschen in Deutschland können kein Auto fahren. Das heißt für mich, dass das Auto nicht die Lösung sein kann“, sagt Katja Diehl. Für ihr Buch „Autokorrektur – Mobilität für eine lebenswerte Welt“ hat sie Gespräche mit 60 überzeugten Autofahrern geführt und immer wieder dieselbe Frage gestellt: „Kann eine Person ohne Führerschein dein Leben leben?“ Die Antwort aller: Nein. Nach dem Gespräch mit ihr hätten sie eine andere Meinung gehabt, sagt die 1973 geborenen Hamburgerin. Und zwar alle.

Wer so etwas sagt, der legt sich mit der Autolobby an. Und die ist im Land von Mercedes, VW und BMW ein mächtiger Gegner. In Luxemburg weniger, doch weist das Großherzogtum immerhin den höchsten Motorisierungsgrad in Europa auf, wie Mobilitätsminister François Bausch („déi gréng“) bei der Podiumsdiskussion am Dienstagabend im „Cercle Cité“ betont. Will heißen, dass das Auto auch hierzulande einen Stellenwert hat, der rational in Zeiten von Klimawandel und Energiekrise nicht zu erklären ist. „Die Wende muss in den Köpfen stattfinden“, unterstreicht Bausch, der allerdings auch betont, dass sich viel in den letzten Jahren verändert hat: „Die Bevölkerung ist viel weiter als die Politik“, sagt er und meint damit, dass sich auch heute noch zu viele Mandatsträger vom Geschrei der Autolobby in den sozialen Netzwerken einschüchtern lassen. 

Hassen Sie Autos?

Katja Diehl
Katja Diehl Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Davon weiß auch Katja Diehl ein Lied zu singen. Sie ist spätestens seit dem Erscheinen ihres Buches im Frühjahr dieses Jahres zur Zielscheibe geworden. „Ich finde Ihre Kombination bei den Ministerposten sehr gut“, sagt sie dazu lachend in Richtung Bausch, „Mobilität und Verteidigung“. In ihrer Einleitung hatte sie zuvor betont, dass sich ihre Lesungen stets im Richtung Stand-up-Comedy entwickeln, „weil es so absurd ist“. Absurd wie die Unterstützung der Deutschen Regierung für die Autoindustrie. Absurd wie die Diskussion über ein Tempolimit. Absurd wie die Begeisterung für den Straßenbau. Und absurd, wie das Auto die Lebensqualität vor allem in den Städten beeinträchtigt.

Absurd deswegen, weil man sich dazu verpflichtet habe, die Pariser Klimaziele zu erreichen, und trotzdem am Auto festhalte, obwohl es Alternativen gäbe. „Als das Buch herauskam, wurde ich immer wieder gefragt: ‚Hassen Sie Autos?’ Aber ich habe zu einem Auto doch keine Beziehung, es ist ja nicht mein Ex-Freund oder so. Ich selbst fahre immer weniger Auto, weil es mir keinen Spaß mehr macht.“ Meistens fährt Katja Diehl, wenn sie bei ihren Eltern im ländlichen Raum unterwegs ist und Besorgungen für sie macht. Diehl ist demnach weit davon entfernt, das Auto zu verteufeln, wie es ihre Kritiker behaupten. Sie ist nicht per se gegen die Nutzung von Autos, sondern möchte einen intelligenteren Umgang mit ihnen. „Als ich am Montag am späteren Abend in Luxemburg ankam, da war hier noch immer Stau. Und immer saß eine Person im Wagen. Und ich brauche Ihnen ja nicht zu erklären, welche Art von Autos hier hauptsächlich unterwegs sind.“ 

Ein schwieriger Prozess ist die Verkehrswende, das wird im Podiumsgespräch immer wieder betont. Selbst wenn sie François Bausch 2013 in Luxemburg eingeleitet hat, so ist sie für Florian Hertweck von der Universität Luxemburg untrennbar mit dem Wachstum und der daraus resultierenden Frage nach der Raumaufteilung respektive der Flächennutzung verbunden. „Das Beispiel Paris zeigt, dass Städte in 20 Jahren autofrei sind bzw. sein können, aber wie gehen wir mit dem Rest um?“, fragt Hertweck. Europa hat den Vorteil, dass die Städte schon vor dem Auto da waren, also ein Rückbau durchaus möglich ist, findet Diehl. „Einige der Lösungen liegen in der Vergangenheit“, sagt sie, „aber die Vergangenheit ist halt unsexy.“ Sie möchte, dass den Menschen der momentan in den Städten für das Auto reservierte Platz zurückgegeben wird. „In Paris hat zunächst jeder über die Politik von Anne Hidalgo geflucht. Warum? Weil sie nicht mehr vor der eigenen Haustür parken konnten. Jetzt aber merken sie, dass es ohne Autos viel schöner ist, dass mehr Platz da ist und dass die Luft sauberer ist“, meint Katja Diehl.    

Fazit: Die Nibelungentreue der Menschen in Deutschland und auch in Luxemburg zum Auto hat zwar auch mit Status zu tun, aber in allererster Linie mit Bequemlichkeit. Dass dieser Komfort im Grunde genommen die Lebensqualität der Menschen – Stichwort Stau, Platzmangel oder Luftverschmutzung – negativ beeinflusst, ist auch etwas, was Katja Diehl absurd nennt. Alternativen gibt es, zumal in Luxemburg, wo massiv in den öffentlichen Transport und die Förderung der sanften Mobilität investiert wird.

Die Diskussionsrunde: (v.l.) Florian Hertweck (uni.lu), Minister François Bausch, die Autorin Katja Diehl und Monique Goldschmit (ProVelo)
Die Diskussionsrunde: (v.l.) Florian Hertweck (uni.lu), Minister François Bausch, die Autorin Katja Diehl und Monique Goldschmit (ProVelo) Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante
Leila
20. Oktober 2022 - 19.47

"Global werden jährlich über 4,6 Milliarden Tonnen Zement verbaut. Bei dessen Herstellung fallen aber 2,8 Milliarden Tonnen CO2 an. Das sind fast acht Prozent der weltweiten Emissionen und damit mehr als Flugverkehr und Rechenzentren zusammen ausstoßen."
Mal den Hebel da ansetzen, wo es richtig zur Sache geht!
Ich behalte, so lange es möglich ist, meine Unabhängigkeit, denn die Tage, die keiner will, kommen früh genug.

"Und ich brauche Ihnen ja nicht zu erklären, welche Art von Autos hier hauptsächlich unterwegs sind."

Da hat sie allerdings zu hundert Prozent Recht!

Jean-Marie Grober
20. Oktober 2022 - 17.29

Nur weil's so schön ist: Am 23. März 2022 fand im Centre culturel opderschmelz in Düdelingen ein Infoabend zum Thema "NeiSchmelz/Mobilité" statt, in Präsenz von drei Minister(inne)n, Frau Tanson, Kulturministerin und die Herren Kox, Wohnungsbauminister und Bausch, Mobilitätsminister, allesamt prominente Mitglieder der "Déi Gréng"-Partei. Auf dem Vorhof des Centre opderschmelz standen drei grosse Staatskarossen vom Typ BMW (5er oder 7er ??) mitsamt drei Fahrern in Wartestellung, mit denen die drei grünen Aushängeschilder jeder separat angereist waren. Soweit zu Fahrgemeinschaften und "günen" Prinzipien. Die sollen wohl nur für die anderen gelten!

jojoschmi66
20. Oktober 2022 - 17.06

Schon wieder eine selbsternannte "Expertin" welche sich nach dem Studium der Literatur jetzt als befugt sieht, die physikalische Entwicklung unserer Umwelt gestalten zu wollen.
Echte Experten halten sich zurück, wenn sie nicht den ganz klaren Durchblick haben.
Aber in der Kommunikation geht es ja mehr ums Reden als um Inhalte.

csconsult
20. Oktober 2022 - 15.05

Wann Letzebuerg mat senge ville Suen dei et dei lescht 40 Joer erwirtschaftet huet eng Vision gehaat hätt: Mir gin daat eicht Land an Europa wou een keen Auto mei brauch ? Dann wieren mer haut daat attraktivst Land an Europa. Mee nee, mir hun all dei Suen konsumptiv redistribueiert sou dass all Famill sech kann 3 SUVs leechten….Also keen Frang an eng Zukunftsvision investeiert. Dofir bezuelen mer elo d’Rechnung (D’Suen sin fort, den Traffic ass onmeiglech, de carbon footprint och, and d’Land get dodurger manner attraktiv…) (Gur net ze schwätzen vun deenen villen urbanisteschen projets voller Betong an Stohl, ouni Grengs, waat eng Katastroph fir d’adaptation au changement climatique ass, och daat get nach richteg deier well keng strategesch Viraussicht am Spill waar…)

Jean-Marie Grober
20. Oktober 2022 - 14.24

Jeder von uns sollte das Recht haben, in der Steinzeit oder Im Mittelalter zu leben. Welch ein Presserummel um eine Dame, der niemand das Recht abgesprochen hat, zu Fuss, mit dem Fahrrad, mit dem Zug und dem Bus zu fahren. Von mir aus kann sie auch mit dem Ochsenkarren nach Deutschland zurückfahren. Ich jedenfalls werde, solange ich einen Führerschein besitze, mit meinem Auto fahren und von niemandem mir das Recht dazu nehmen lassen. Am Wochenende wird dieses Buch und seine Autorin schon wieder vergessen sein.