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EditorialKeine Frauen, keine Diversität: In Frankreich ist die Kinorettung eine reine Männersache

Editorial / Keine Frauen, keine Diversität: In Frankreich ist die Kinorettung eine reine Männersache

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Vor ein paar Wochen veröffentlichte das französische Filmmagazin Le film français eine Ausgabe, in der es um die postpandemische Rettung des Kinos im Allgemeinen und des französischen Kinos insbesondere ging. Denn seit der Aufhebung aller gesundheitlichen Auflagen gehen Menschen zwar wieder in Scharen zum Oktoberfest, den Kinos scheint man irgendwie dann doch nicht so ganz zu trauen – das Virus könnte ja vielleicht in einer dieser finsteren gottverlassenen Ecken auflauern. Diese Stagnation der Besucherzahlen stellt man ein wenig überall fest – und das, obwohl die Netflix-Abos in den letzten Monaten so rückgängig waren, dass sich das Unternehmen nun eine Billigformel für 5,99 Euro ausgedacht hat – inklusive Werbung, für alle, die good old television vermissen.

Die Initiative, das französische Kino und das langsame Filmsterben in den Mittelpunkt zu stellen, wäre ja an sich lobenswert – hätte man nur nicht vergessen, dass Frankreich nicht nur Filmemacher und Schauspieler, sondern eben halt auch Filmemacherinnen und Schauspielerinnen hat: Auf dem Coverbild sah man den Pathé-Präsident Jérôme Seydoux, umgeben von Pio Marmaï, Guillaume Canet, Vincent Cassel, François Civil, Pierre Niney und Dany Boon. Keine Frau, keine Diversität, lautete berechtigterweise das Urteil. Die französische Schauspielerin Audrey Diwan kommentierte das Titelbild zynisch mit einem „Si on vous gêne, n’hésitez pas à le dire“.

Dies ist umso unverständlicher, da einige der besten oder spannendsten frankofonen Filme der letzten Zeit von Frauen und mit Frauen in der Hauptrolle gedreht wurden – man denke an „Revoir Paris“ von Alice Winocour, mit Virginie Efira in der Hauptrolle, an „Les enfants des autres“ von Rebecca Zlotowski, mit derselben Virginie Efira in einer wahnsinnig berührenden Hauptrolle, „Un beau matin“ von Mia Hansen-Løve oder auch „Saint-Omer“ von Alice Diop – Letztere erhielt den diesjährigen Silbernen Löwen auf der Mostra in Venedig und wird Frankreichs Beitrag im Rennen um den besten internationalen Film bei den Oscars sein.

Problematischer wird all dies auch noch, wenn man bedenkt, dass die von Kritikern viel geschätzten Filme von Zlotowski und Hansen-Løve nicht im Wettbewerb bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes liefen, wo der Anteil an frankofonen Streifen meist relativ hoch ist. Dafür gab es dort allerdings einige bestenfalls mittelmäßige französischsprachige Filme von Männern, die sich dort gut aufgehoben fühlten. Das französische zeitgenössische Kino hat eine ungemeine Anzahl an enorm talentierten Regisseurinnen, in der Öffentlichkeit wird aber an Schauspielern und Regisseuren, die teilweise auf dem absteigenden Ast sind, festgehalten. Dass man so an einem verstaubten Bild des französischen Films festhält, ist schon fast auf eine pathologische Art chauvinistisch.

Da scheint sogar Hollywood mittlerweile progressiver zu sein: Mit „The Woman King“ schlägt sich ein (fast) ausschließlich von und mit schwarzen Frauen gedrehter Film hervorragend im US-amerikanischen Box Office. Das ist an sich lobenswert, schaut man sich den Streifen allerdings an, zeigt sich schnell, dass inhaltlich hier alles andere als progressiv erzählt wird: Das Machwerk kopiert sterile, männliche, virile, nationalistische Motive, alles wirkt so, als hätte man in Filmen wie „Gladiator“ oder „Braveheart“ die Männer einfach durch Frauen ersetzt; ja, es gibt sogar einen matriarchalen „Star Wars“-Moment – Stichwort „Lucie, I am your mother“.

Anstatt ein patriarchales Narrativ zu dekonstruieren oder aufzulösen, wird dies hier einfach blind weitergeführt. Hollywood will ja wohl nicht riskieren, das männliche Publikum zu sehr vor den Kopf zu stoßen – schließlich muss der arme Mann hier ja schon mit ansehen, wie seine Geschlechtsvertreter von wilden afrikanischen Frauen mit klischeehaft-rassistischem afrikanischem Akzent niedergemetzelt werden.