Königlich, strategisch, taktisch: Schach fordert logisches, vorausschauendes Denken und zählt seit Jahren zu den Lebensschulen für Jung und Alt. Umso erstaunlicher also, wenn ausgerechnet ein Großmeister, in diesem Fall Ilya Smirin, seine sexistischen Entgleisungen wenig später als ein Zeichen momentaner Verwirrung verkaufen will. Die These des belorussisch-israelischen Spielers: Schach sei vielleicht nichts für Frauen. Dies gab er ausgerechnet bei seinem ersten Auftritt als Co-Kommentator des Women’s Grand Prix, der prestigeträchtigsten Turnierserie für Frauen, zu verstehen.
Eine Teilschuld daran trägt der Weltverband FIDE („Fédération internationale des échecs“), der diesem Mann überhaupt erst Zugriff zum Mikrofon verschaffte. Dass Smirin nämlich gleich bei der ersten Gelegenheit lospolterte und vor laufender Kamera zugab, seine Vorurteile bereits in Privatgesprächen erläutert zu haben, dürfte ihn in den Schach-Kreisen schon länger als „Frauenversteher“ enttarnt haben. Der traurige Beweis: Smirin ist ein langjähriger Teamgefährte des FIDE-Generalsekretärs.
Genauso übel wie die These war dann auch die Argumentation, als er auf eine Zuschauer-Frage reagierte, die wissen wollte, ob Zhu Jiner die Großmeister-Norm schaffen könnte (wozu es 200 Elo-Punkte mehr braucht, weshalb der Frauen-Titel unter dem der Open angesiedelt ist): „Sie ist eine weibliche Großmeisterin. Warum will sie wie männliche Großmeister sein?“ Zum Vergleich: Von mehr als 1.600 Großmeistern sind nur 39 weiblich. Smirin sah gar die Männerwelt benachteiligt, der die Teilnahme an Frauen-Turnieren untersagt sei.
Leidtragende Figur war an diesem September-Tag die Luxemburger Co-Moderatorin Fiona Steil-Antoni, die souverän mit der Lage umging – und international großen Respekt für das Entwaffnen Smirins erntete. So erinnerte sie den 55-Jährigen an eine seiner früheren Bemerkungen: Vizeweltmeisterin Alexandra Gorjatschkina habe „gespielt wie ein Mann“. Eine wirkliche Antwort auf Steil-Antonis Frage („Und was hat das damit zu tun, wie ein Mann zu spielen? Können nur Männer gut spielen?“) konnte Smirin nicht liefern.
Ausgerechnet jemandem, der unterschwellig kognitive Fähigkeiten der besten Spielerinnen infrage stellt, eine derartige Bühne zu geben, ist eigentlich auch nur der Beweis dafür, dass der Weltverband FIDE nichts aus Fehlern lernt. Erst im vergangenen Herbst wurde der neue Sponsor und Partner für Frauen-Turniere vorgestellt: eine Firma, die für Brustimplantate wirbt. Schachmatt.
Zum Glück waren der internationale Aufschrei und die Entrüstung nach den neuerlichen Eskapaden groß. Smirin verschwand von der Bildfläche. Dass sich die genannten Fettnäpfchen allesamt im „Jahr der Frau im Schach“ zugetragen haben, zeigt, dass es zwar den Willen gibt, etwas Gutes zu tun, die Umsetzung allerdings nicht so leicht zu handhaben ist. Das Schubladendenken in der von Männern dominierten Sportart ist noch präsent.
Hoffnung kommt daher von nationaler Seite. Die Mädchen machen inzwischen ein Viertel der Luxemburger Jugendlizenzen (U10 und U12) aus.
Dürfen die das denn, Schach spielen? Spass beiseite. Wir hatten mal eine Mitschülerin mit der wir uns jeden Donnerstag, anstatt in St Joseph zu "verdursten", im Schach gemessen haben. Wir Machos hatten in der Stunde (8-9) keine Chance gegen die, und bitter, wir mussten dann die Zeche zahlen.
Bei Konter a Mitt hatte sie aber keine Chance! :-)