Die Tripartite hat – zumindest informell – begonnen. Premierminister Xavier Bettel hat am Donnerstag die Sozialpartner zu ersten bilateralen Vorbereitungsgesprächen getroffen. Treffen, die bis zur großen Dreierrunde fortgeführt werden sollen. Sowohl von Gewerkschaftsseite als auch von Patronatsseite will keiner, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, nur über den Index reden. Und doch wird der Ausgleichsmechanismus auch dieses Mal die Verhandlungen in der Dreierrunde dominieren – auch weil zwischen Tripartite-Abkommen, dem Gesetz bezüglich der 12-Monate-Regelung und der wirtschaftlichen Realität entscheidende Diskrepanzen herrschen.
Auf der einen Seite haben wir die UEL, für deren Präsident Michel Reckinger die Sachlage klar ist: Es gibt ein Tripartite-Abkommen, das eine Verschiebung der Juli-Indextranche auf 2023 und alle weiteren auf 2024 vorsieht. Das ist nicht ganz falsch – aber eben auch nicht ganz richtig. Denn im Tripartite-Abkommen wird festgehalten, dass jede weitere Indextranche, die – und das ist das entscheidende Detail – im Jahr 2023 ausgelöst werden würde, für weitere zwölf Monate verschoben würde. Im Wortlaut: „Le Gouvernement décide de décaler à avril 2023 la tranche indiciaire qui, selon les dernières prévisions du Statec, devrait tomber au mois d’août 2022. Il décide en outre de décaler de 12 mois toute tranche indiciaire supplémentaire potentielle en 2023, ceci dans le but de garantir davantage de prévisibilité aux entreprises.“
Was aber mit einer laut Statec möglichen dritten Indextranche im Jahr 2022 passieren soll, darüber schweigt das Abkommen, das Ende März zwischen Regierung, UEL, CGFP und LCGB unterzeichnet wurde. Die größten Pessimisten hätten eine solche Inflationstendenz zu Beginn des Jahres nicht vorhersehen können. Die Prognosen des Statec, die der damaligen Tripartite zugrunde lagen, mussten seitdem bereits mehrfach angepasst werden.
Doch selbst wenn die nächste Indextranche laut Tripartite-Abkommen nach 2023 erst 2024 ausgezahlt werden sollte: Das vom Parlament im Juni verabschiedete Gesetz deckt sich nicht eins zu eins mit der im Abkommen vereinbarten Regelung. Der entsprechende Passus im Gesetz hat nämlich gleich mehrere Änderungen durchlaufen. Letzten Endes wurde nach langen Diskussionen in der Tripartite-Kommission nur der Passus gesetzlich festgehalten, der die im Juni 2022 ausgelöste Indextranche auf April 2023 verschiebt.
Die im Tripartite-Abkommen festgehaltenen Verschiebungen weiterer Indextranchen finden im Gesetz keine Erwähnung. Sie würden demnach regulär ausbezahlt werden, sollte der Gesetzgeber nicht vorher wieder aktiv werden.
Und somit wird auch die Patronatsseite nicht am Status quo festhalten wollen. Das wiederum öffnet den Gewerkschaften unter kräftiger Mithilfe von Transportminister François Bausch die Türen, um eine für Arbeitnehmer günstigere Indexregelung zu finden als im letzten Tripartite-Abkommen. Bausch hat nämlich vorgeschlagen, an einer Verschiebung der Indextranchen festzuhalten – hat aber gleichzeitig auch die Auszahlung einer weiteren Indextranche in diesem Jahr ins Spiel gebracht und gewährt so den Gewerkschaften noch vor Beginn der Tripartite einen enormen Spielraum für die kommenden Verhandlungen. Ein Szenario, das der UEL wiederum nicht schmecken dürfte. Und somit steht fest: Um eine Diskussion um den Index kommt auch die kommende Tripartite nicht umhin.
Kann ein Kostenvoranschlag an den Index gebunden sein?
Meinem bescheidenen Verständnis nach führt das den Index prinzipiell ad absurdum.
Die Regierung muss nur verstehen, dass das Mass jetzt voll ist. Die Drohungen seitens des Patronats betreffend Arbeitsplätze sind leere Drohungen.